Oft wird im Fußball der Quervergleich zur Schule gezogen. Wie unsichere Schuljungen kann sich eine Defensive verhalten, gerne erteilen erfahrene Akteure den jungen, aufstrebenden eine Lektion. Die Champions League mit Schule zu vergleichen, dafür braucht es aber durchaus einiges an Fantasie.
Spielerisch sollte man vielleicht nicht allzu viele Worte verlieren über das Duell zwischen Manchester City und Paris Saint-Germain. So wenige wie möglich, wenn wir ehrlich sind. Somit bleibt uns nur die Fantasie, um diese Partie im Etihad Stadium irgendwie einzuordnen. Der knappe Sieg, das Ende einer Viertelfinale-Paarung, die auf nur wenig Gegenliebe in Europa stößt, hatte etwas von der Verleihung des Jahresabschlusszeugnisses.
Es gibt den Schüler, der mit Vorzeigenoten in das nächste Jahr geht. Es gibt den, der es irgendwie geschafft und den, der bis zur letzten Sekunde gehofft hat, dann von den Noten aber doch mitgeteilt bekommt: Für dich heißt es Extrarunde. Wenige Tage vor der Zeugnisverleihung spielten City und PSG 2:2. Noch alles offen, wenige Tage später sind die Noten verteilt.
City vermeldet Rekordpublikum
Für PSG geht es zurück in die schon bekannte Klasse. Nächster Anlauf, vielleicht lernen die Franzosen nun, ihre Chancen und Potenziale zu nutzen. Für City geht es in die nächsthöhere Klasse und das auf vielen Ebenen. Erstmals stehen die Citizens in einem Halbfinale der Champions League, erstmals haben sie ein Top-Team Europas in der K.o.-Runde eliminiert.
Seit 2011 spielen die Engländer mit um den Pott mit den großen Ohren, zweimal scheiterten sie in der Gruppenphase, zweimal klar am FC Barcelona. Nun besiegten sie mit PSG kein Team der allerhöchsten, dennoch wohl eines der gehobenen Klasse.
Zudem vermeldete man ein Rekordpublikum, City hat auch neben dem Platz einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht. Nicht in diesem Viertelfinale, sondern in den letzten Monaten und Jahren. Mit Manuel Pellegrini ist wichtige Konstanz eingekehrt, der Kader wird nicht mehr jeden Sommer runderneuert. Ein Grundgerüst steht, Schlüsselspieler haben sich eingelebt und wurden vor der Saison gezielt ergänzt.
Neues Jahr, neuer Lehrer
Somit ist City weg vom Status des aus dem Boden gestampften Champions-League-Anwärters. Mit einem ausgestellten Zeugnis, egal wie dieses nach dem Halbfinale endgültig ausfällt, geht es in die nächste Jahrgangsstufe. Dort trifft man auf einen neuen Lehrer, neue Konkurrenten und neue Herausforderungen.
Der neue Lehrer wird viele Dinge anpacken müssen. Dinge, die auch gegen Paris einmal mehr deutlich wurden. City ist kein Spitzenschüler. Aber es wartet einer der besten Übungsleiter, der sich dieser Aufgabe definitiv annehmen wird. Wandelte man in gewissen Zügen bisher mit PSG auf einem Weg, trennten sich die Wege beider an diesem Abend im Etihad Stadium.
Für die Franzosen ist es noch nicht so weit. Auch hier wurde mit viel Geld ein Traditionsklub in neue Sphären gehoben, auch hier ist durchaus eine Fanbasis da, auch hier wird man noch schief angesehen. Und doch ist nun ein Unterschied zu erkennen. Das Halbfinale der Champions League ist ein Qualitätssiegel, die Verpflichtung von Pep Guardiola für City ein weiteres.
"Bravo, Manchester City"
PSG wird gebremst. Vielleicht vom Kader, der sich im Viertelfinale dank Ausfällen und Sperren nicht voll entfalten konnte. Vielleicht vom Trainer, der, wie auf der anderen Seite, gewissen Probleme seit langer Zeit nicht behoben bekommt. Vielleicht auch von der Liga, die wenig Anreize bietet, die Konkurrenz ist schwach, die Stimmung und die Spannung nicht so hoch wie in den Ligen, in denen sich die internationalen Top-Teams tummeln.
Laurent Blanc hatte in diesem Jahr einen Zlatan Ibrahimovic in Topform, einen Top-Neuzugang in Angel di Maria und einen bärenstarken Thiago Silva in der Defensive. Gereicht hat es nicht, um mit ManCity einen überdurchschnittlichen Gegner in zwei Versuchen auszuschalten. Im Etihad keinen Treffer zu erzielen ist angesichts der Defensive der Citizens ein Armutszeugnis für die eigenen Ambitionen.
Zum vierten Mal in Folge ist Schluss im Viertelfinale der Königsklasse. Das ist nicht das Niveau des FC Bayern München, des FC Barcelona oder von Real Madrid. Und letztlich sitzt der eigene Trainer vor dem Logo der UEFA auf einer Pressekonferenz und muss sagen: "Bravo, Manchester City."
Blanc übernimmt Verantwortung
"Wir müssen vor allem das erste Spiel bedauern. Ich denke die Spieler haben alles gegeben aber uns wurden in diesen zwei Spielen technisch die Grenzen aufgezeigt. City war effektiver in seinem Spiel. Defensiv waren wir nicht schlecht aber wir wussten nichts mit dem Ball anzufangen, wenn wir ihn hatten", so das Fazit Blancs.
Wer unter die besten Teams der Welt will, braucht eine Idee, ein Grundkonzept dafür, mit eben diesem Ball etwas anzufangen. Wer die Lücken der Skyblues nicht bespielen kann, hat im Halbfinale des besten Wettbewerbs der Welt nichts verloren. Das weiß auch Blanc: "Ich übernehme die Verantwortlichkeit für dieses Ausscheiden."
Das klingt auf der anderen Seite ganz anders. Beim ehemaligen Weggefährten ist die Brust direkt breiter geworden nach dem Einzug ins historische Halbfinale. "Wir haben unseren Stil von Beginn bis Ende durchgezogen. Wir haben von Beginn weg gedacht und gespielt wie einer der Großen", so Manuel Pellegrini.
Mit Erfolg kommt Akzeptanz
Der Argentinier muss für nichts die Verantwortung übernehmen. Er hat aus den Citizens eine der Top-4-Mannschaften Europas gemacht. Das will nicht jeder hören, haftet dem Team doch immer noch der schlechte Ruf des Scheich-Klubs an, und doch hat City dieses Teil seiner Entwicklung hinter sich gelassen.
Mit Erfolg kommt die Akzeptanz und diese wird in den nächsten Tagen und Wochen schneller ansteigen als je zuvor. "Es ist ein großartiger Erfolg für den Klub", schlussfolgerte der Coach, der um die enorme Potenz dieses Erfolgs weiß: "Wir haben gut gegen PSG gespielt. Und wir haben das Selbstvertrauen, gegen jeden möglichen Gegner genauso gut zu spielen."
Manchester City - Paris St.-Germain: Daten zum Spiel