"Das war nahe an der Perfektion"

Bayer feierte gegen Lazio Rom einen souveränen 3:0-Erfolg
© getty

Bayer Leverkusen hat sich mehr als souverän für die Champions League qualifiziert. Beim 3:0 im Rückspiel gegen Lazio Rom ließ die Werkself keinen Zweifel an einem Sieg, weil das Team perfekt eingestellt war. Einen einzigen Wermutstropfen gab es dann aber doch.

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Als Rudi Völler vor dem Spiel vor die Sky-Kamera trat, wurde Bayers sportlicher Leiter zunächst nicht nach den Chancen zum Erreichen der Champions-League-Gruppenphase oder der Einschätzung zu Leverkusens Gegner Lazio gefragt. Auch wollte niemand etwas über die taktische Marschroute vor dem bisher wichtigsten Spiel der noch zugegeben jungen Saison erfahren. Nein, viel mehr wollten alle wissen, was denn nun dran sei an dem Gerücht um Heung-Min Son.

Am Morgen hatten diverse Medien gemeldet, dass der Südkoreaner auf dem Weg nach London sei, um sich dort bereits dem Medizin-Check zu unterziehen und bald einen Vertrag bei Tottenham Hotspur unterschreiben werde. 30 Millionen Euro solle Bayer für den 23-Jährigen erhalten. "Bei Son gibt es eine Anfrage und Gespräche, daraus machen wir kein Geheimnis. Aber es ist noch nichts definitiv. Son hätte wegen eines Infektes heute sowieso nicht gespielt. Noch ist er bei uns. Wir versuchen eine Einigung zu finden, aber nach unseren Bedingungen", sagte Völler. Mehr wollte er sich zunächst nicht entlocken lassen.

Es waren also alles andere als gute Voraussetzungen für Bayer, um die Geschichte nach dem 0:1 im Hinspiel noch zu drehen. Nicht selten lässt sich eine Mannschaft von solchen Dingen beeinflussen. Zwar sprühten Kapitän Lars Bender, Trainer Roger Schmidt und weitere Beteiligte in den Tagen zuvor vor Zuversicht. Gleichzeitig war man sich gegen die defensiv cleveren und auswärts noch stärkeren Römer der Schwere der Aufgabe bewusst. Doch kam das Son-Theater in der Vorbereitung auf das Spiel zur Unzeit.

Wahnsinnig gute Performance

Was die Werkself aber in den 90 Minuten in der ausverkauften BayArena auf dem Platz zeigte, war eine Performance, die man so nicht zwingend erwarten konnte. "Der Druck war riesig, aber die Mannschaft hat es sensationell gemacht", lobte Völler in den höchsten Tönen.

Hatte man anfangs noch bedenken, die etwas behäbigen Innenverteidiger Jonathan Tah und Kyriakos Papadopoulos könnten mit dem schnellen Keita Balde erhebliche Probleme bekommen, wurde man eines Besseren belehrt. Beide lieferten eine überragende und fehlerfreie Leistung ab.

Einzig in den ersten Minuten wirkte Tah etwas konfus, so dass Bernd Leno eingreifen musste. In den folgenden 90 Minuten aber konnte sich der Keeper auf seine Vorderleute verlassen. Papadopoulos gewann fast 92 Prozent seiner Zweikämpfe, auch Tah wirkte in seinem zweiten Europapokal-Spiel so abgeklärt, als habe er schon jahrelang in der Königsklasse gespielt.

Vor allem überzeugte Bayer mit seinem extremen Pressing, womit die Römer gar nicht klar kamen. Deren Trainer Stefano Pioli schickte sein Team mit einer Dreierkette aufs Feld, um mehr Präsenz im Mittelfeld zu haben. Doch die Verteidigung wurde von Stefan Kießling, Karim Bellarabi und Admir Mehmedi so geschickt angelaufen, dass eine klare Spieleröffnung nicht zustande kam. Die Werkself verteidigte sehr hoch, Tah und Papadopoulos waren an der Mittellinie zu finden, Leno war der einzige Bayer-Akteur in der eigenen Hälfte - dadurch wurde das Spiel sehr eng gemacht, was Bayer zugute kam.

Allerdings ließ Lazio zunächst wenige Chancen zu, da im Spiel gegen den Ball aus der Dreier- meist eine Fünferkette wurde. Dennoch blieb Leverkusen geduldig und versuchte sein Glück durch Standards und Distanzschüsse. Vor allem aber: Dieses Mal hatte man das Glück des Tüchtigen. Der Führungstreffer fiel genau in der Phase, als Lazio besser ins Spiel kam und Bayer nicht mehr so flächendeckend presste.

Treffer fielen zum richtigen Zeitpunkt

Begünstigt wurde die Bayer-Führung durch das schlafmützige Verhalten von Stefan de Vrij, der Kießling im Strafraum laufen ließ. Etwas glücklich sprang der Ball vor die Füße von Hakan Calhanoglu, der zum wichtigen 1:0 traf (40.). Einen bessere Zeitpunkt hätte es auch für das 2:0 nicht geben können. Kaum war man nach der Pause auf dem Feld, patzte diesmal Mauricio bei den Laziali, Mehmedi sagte Danke und jagte die Kugel trocken unters Dach (48.).

"Es ist einfach fantastisch, ein unbeschreibliches Gefühl. Wir haben uns viel vorgenommen - und auch realisiert", sagte der Torschütze.

Damit war Bayer zu diesem Zeitpunkt weiter. Nun hätte man eigentlich mit einem italienischen Sturmlauf rechnen müssen - doch Fehlanzeige. Souverän und völlig abgeklärt agierte die Schmidt-Elf. Auch die Systemumstellung von Lazio auf zwei Stürmer brachte kaum Schwung in die Offensivbemühungen der Gäste.

Die Gelb-Rote Karte von Maurico in der 68. Minute spielte der Werkself anschließend natürlich weiter in die Karten. Gegen zehn Mann hatte Leverkusen leichtes Spiel - Bellarabi setzte in der 88. Minute den Schlusspunkt. Nach einem Befreiungsschlag war es abermals Kießling, der sich im Luftduell durchsetzten konnte, der eingewechselte Julian Brandt freie Bahn hatte und uneigennützig auf Bellarabi ablegte, der nur noch einschieben musste.

Völler völlig aus dem Häuschen

Dieses Tor war ein Spiegelbild der Bayer-Leistung an diesem Abend. Kießling tat sich als enorm harter Arbeiter in der vordersten Front als wichtigster Spieler hervor, Brandt und Bellarabi zeigten den Teamgeist, den es braucht, um solche Spiele zu gewinnen. Leverkusen steht absolut verdient unter den besten 32 Teams Europas.

"Wie wir nach dem 2:0 gespielt haben, das war nahe an der Perfektion. Wir haben das Spiel vom eigenen Tor ferngehalten und immer weiter nach vorne gespielt. Nach Ballverlusten haben wir super Pressing gespielt. Das sind Dinge, die wir beherrschen. Das zeigt, dass wir auch international gegen hochkarätige Gegner bestehen können", zeigte sich Völler anschließend begeistert.

Son trübt ein wenig die Stimmung

Das Team wurde von Trainer Schmidt taktisch und mental vor der Partie perfekt eingestellt, Lazio wusste sich zu keiner Zeit zu helfen.

Es hätte ein perfekter Abend sein können. Wäre da nicht die Sache mit Son. Nach dem Spiel wurden die Beteiligten bei dieser Sache deutlicher. Schmidt sagte dem ZDF: "Er hat sich dazu entschieden, nicht mehr für Bayer zu spielen. Das müssen wir akzeptieren."

Auch Völler sprach nun offener: "Wenn die Bedingungen stimmen, werden wir uns einigen. Son ist ein super Junge und ein super Spieler, der im Moment nicht so richtig gut beraten wird. Er hat sich dazu entschlossen etwas zu machen, das nicht so schön war für uns. Das war nicht ideal, man hätte das besser machen können. Die Mannschaft hat das ausgeblendet."

Und wie sie es ausgeblendet hat. Leverkusen startet nun in der Königsklasse und wartet dort auf die Auslosung (heute, 17.45 Uhr im LIVETICKER). Möglich, dass Bayer mit den neuen Millionen noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv wird. Nicht nur ein defensiver Mittelfeldspieler soll kommen, jetzt könnte auch noch ein Offensivspieler zur Werkself stoßen. Wobei nach der Vorstellung gegen Lazio eigentlich kein großer Bedarf zu bestehen scheint.

Bayer Leverkusen - Lazio Rom: Die Statistik zum Spiel