Wahnsinn in Lissabon! Der FC Bayern hat dank eines furiosen 8:2-Triumphes über den FC Barcelona das Halbfinale der Champions League erreicht und trifft dort auf den Sieger der Partie Manchester City gegen Olympique Lyon (Samstag, 21 Uhr live auf DAZN). Hier geht es zu den Highlights des Spiels.
"Am Ende sind die Tore wie im Rausch gefallen. Das ist etwas ganz Besonderes, so richtig klar wird einem das wahrscheinlich erst in ein paar Tagen", sagte Leon Goretzka nach dem Abpfiff bei Sky: "Wir waren von der ersten Sekunde an sehr griffig in den Zweikämpfen. Das Pressing war schon brutal."
Auf die Frage, ob er Mitleid mit Lionel Messi habe, antwortete der Nationalspieler: "Wehgetan hat mir das nicht, es hat mir schon ein bisschen Spaß gemacht."
Ähnlich euphorisch gab sich Joshua Kimmich: "8:2 gegen Barca! Das muss man sich einmal vorstellen! Man hat in jeder Sekunde gemerkt, dass wir das Spiel gewinnen wollen. Wir haben immer weiter aufs nächste Tor gespielt." Trainer Hansi Flick lobte den Ehrgeiz seiner Mannschaft: "Was wir hier heute gesehen haben, war schon außergewöhnlich."
Beim Gegner machte sich große Enttäuschung breit. "Wir sind auf Grund gelaufen, es ist schrecklich, eine Schande", tobte Gerard Pique im spanischen Fernsehen. "Dieser Klub benötigt Veränderungen. Ich spreche nicht nur vom Trainer und von Spielern. Ich wäre der Erste, der gehen würde, wenn es den Klub weiterbringen würde." Präsident Josep Bartomeu stimmte dem Abwehrchef zu und kündigte "wichtige Entscheidungen" an.
Eine davon könnte die Entlassung von Quique Setien sein, der sich nach dem Spiel nicht zu seiner Zukunft äußern wollte. "Es ist nicht der richtige Moment, um darüber zu sprechen. Heute geht es nicht um mich, heute geht es um den Klub."
Hier geht es zu den Stimmen des Spiels.
FC Barcelona - FC Bayern: Die Analyse
Bayern-Coach Flick setzte auf die gleiche Elf, die Chelsea in der Woche zuvor mit 4:1 aus dem Wettbewerb geworfen hatte. Coman blieb also ebenso wie Coutinho zunächst auf der Bank, während Perisic seine Chance von Anfang an erhielt.
Auf der Gegenseite sah sich Barca-Trainer Setien zu einer Systemumstellung gezwungen. Die beim 3:1 im Achtelfinale gegen Neapel noch gesperrten Busquets und Vidal verdrängten Rakitic und Griezmann aus der Startelf, wodurch die Katalanen in einem 4-4-2 mit Messi und Suarez als einzige echte Offensivkräfte agierten.
Bedeutete auch: Barcas Außenverteidiger Semedo (rechts) und Alba (links) positionierten sich im Spiel mit dem Ball noch höher als ohnehin schon, um die südamerikanische Doppelspitze zu unterstützen. Das wiederum schuf Platz für Bayerns Außenstürmer - gerade bei schnellen Gegenzügen wie in der 4. Minute, als Perisic über die linke Seite völlig blank war, den Ball in die Mitte brachte und der dort nicht ausreichend unter Druck gesetzte Müller nach schönem Doppelpass mit Lewandowski zur frühen Führung traf.
Diese sollte aber keine 180 Sekunden lange halten, da die Flick'sche Abwehrkette ob des hohen Pressings der Münchner ebenfalls weit aufgerückt stand und ein perfekt getimter Ball von Lenglet in den Lauf von Alba genügte, um sie auszuhebeln. Der Spanier legte flach in die Mitte, wo Bayerns Abwehrchef Alaba zwar vor dem einschussbereiten Suarez am Ball war, diesen aber mit einem verunglückten Klärungsversuch ins eigene Netz beförderte.
Bayern presst sich in einen Rausch - Barcas Defensive desolat
Eine Szene, die sinnbildlich für die wilde, von taktischem Geplänkel gänzlich befreite Anfangsphase im Estadio da Luz stand. Im Gegensatz zu Barca gelang es den Bayern im Laufe des ersten Durchgangs aber, Kontrolle ins Chaos zu bringen. Insbesondere das Anlaufen der Barca-Verteidiger im Verbund funktionierte teilweise herausragend.
Zwischen der 21. und 31. Minute presste sich die Flick-Elf dann geradezu in einen Rausch. Perisic (21.), Gnabry (27.) und Müller (31.) trafen infolge mehrerer starker, sofort weiterverarbeiteter Balleroberungen im letzten Drittel - und sorgten so schon vor der Pause für klare Verhältnisse. Daran änderte auch das zwischenzeitliche 2:4 nichts, das Suarez mit einer starken Einzelleistung besorgte (57.).
Die Bayern blieben ihrer Linie treu - und hatten in Person von Davies noch einen genialen Moment in petto, den man auf der Gegenseite eher noch dem überwiegend blassen Messi zugetraut hätte. Der Kanadier tanzte Semedo an der Grundlinie aus, lief furchtlos in den Sechzehner und bediente den in den Fünfer gestürmten Kimmich, der aus kurzer Distanz nur noch einschieben musste (63.).
Nach jenem fünften Bayern-Treffer waren auch Barcas Offensivbemühungen dahin. Mit dem teils desolaten Abwehrverhalten der Mannschaft von Setien wäre ein Weiterkommen aber ohnehin nicht möglich gewesen. Der eingewechselte Coutinho gab seinen ehemaligen und (zumindest vorübergehend) zukünftigen Kollegen den Rest. Erst assistierte der Brasilianer Lewandowski (83.), dann schnürte er einen Doppelpack (85., 89.). Die historische Demütigung für Barca war perfekt.
FC Barcelona - FC Bayern: Die Aufstellungen
FC Barcelona: Ter Stegen - Semedo, Pique, Lenglet, Alba - Roberto (46. Griezmann), Busquets (70. Fati), De Jong, Vidal - Messi, Suarez
FC Bayern: Neuer - Kimmich, Boateng (76. Süle), Alaba, Davies (84. Hernandez) - Goretzka (84. Tolisso), Thiago - Gnabry (75. Coutinho), Müller, Perisic (67. Coman) - Lewandowski
FC Barcelona - FC Bayern: Die Daten des Spiels
Tore: 0:1 Müller (4.), 1:1 Alaba (Eigentor, 7.), 1:2 Perisic (21.), 1:3 Gnabry (27.), 1:4 Müller (31.), 2:4 Suarez (57.), 2:5 Kimmich (63.), 2:6 Lewandowski (83.), 2:7 Coutinho (85.), 2:8 Coutinho (89.)
- Der FC Bayern absolvierte sein 250. Spiel in der Champions League - nur Barcelona (257) und Real Madrid (267) haben mehr.
- Mit seinem 113. Einsatz in der CL ist Müller nun alleiniger deutscher Rekordspieler in der Königsklasse - er lässt seinen ehemaligen Teamkollegen Lahm hinter sich.
- Die Katalanen liefen mit der ältesten Startelf ihrer CL-Historie auf - die elf Akteure waren im Schnitt 29 Jahre und 329 Tage alt.
Der Star des Spiels: Thomas Müller (FC Bayern)
Steuerte im fünften Duell mit den Katalanen seine Tore fünf und sechs bei. Insgesamt ein hervorragender Auftritt des Ur-Bayer, der immer wieder Kommandos gab, seine Mitspieler in Szene setzte und auch eifrig zurückarbeitete. Ebenfalls stark: Perisic und Gnabry, die neben ihren Treffern an vielen weiteren guten Aktionen beteiligt waren.
Der Flop des Spiels: Sergi Roberto (FC Barcelona)
Teil der ganz schwachen rechten Seite Barcelonas. Ließ sich beim 0:1 mit einem einfachen Ball überspielen, beim 1:2 verlor er die Kugel im Zweikampf mit Gnabry. Musste zur Halbzeit dementsprechend für Griezmann weichen. Ebenfalls schwach: Semedo und Pique - und ohnehin die gesamte Barca-Hintermannschaft.
Der Schiedsrichter: Damir Skomina (Slowenien)
Hätte Messi für dessen Foul an Davies in der 11. Minute auch mit Gelb verwarnen können. Unstrittig: Die Gelbe Karte für Boateng nach dessen Foul an Suarez kurz vor der Pause (42.). Unter dem Strich eine ordentliche Vorstellung des Slowenen.