Es war an einem Sommertag 2003, als Marco Terrazzino nur noch zum Weinen zu Mute war. Tränen des Schmerzes und der Enttäuschung.
Der damals Zwölfjährige spielte mit dem VfL Neckarau um die badische Jugend-Meisterschaft, doch plötzlich fing Terrazzino an zu schluchzen.
"Ihm tat auf einmal der Bauch richtig weh. Ich habe ihm den Bauch massiert, ihn getröstet und aufgebaut, aber nichts half - und dann hat er eben reagiert wie jedes andere Kind auch", erinnert sich sein Entdecker und damaliger Jugendtrainer Peter Groß im Gespräch mit SPOX.
Groß erzählt davon, dass sein Team ohne den besten Stürmer am Ende den Titel verpasste. Dass Terrazzino am Boden zerstört war, weil er seinen Mitspielern nicht helfen konnte. Dass die Anekdote am besten beschreibt, was für ein Mensch Terrazzino ist.
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17-Jähriger vor dem Durchbruch
"Marco ist einfach ein ganz liebes Kerlchen", sagt Groß. Ein ganz liebes Kerlchen, das mittlerweile aus dem Mannheimer Stadtteil Neckarau ins 50 Kilometer entfernte Hoffenheim gewechselt ist - und fünfeinhalb Jahre nach der verlorenen Baden-Meisterschaft vor dem Durchbruch in der Bundesliga steht. Im blutjungen Alter von 17 Jahren.
Nach einer von Verletzungen geprägten Vorrunde kam Terrazzino seit der Rückrunde in fünf Partien zum Einsatz. Jeweils nur nach Einwechslungen, doch die Spielzeiten steigen kontinuierlich. Beim 2:2 gegen Hannover am vergangenen Spieltag wurde er bereits nach 16 Minuten gebracht.
"Mit meiner Leistung gegen Hannover bin ich nicht zufrieden. Ich habe zu viele Bälle verloren", sagt Terrazzino. Seine Erklärung gegenüber SPOX: "Das alles ist für einen 17-Jährigen unglaublich aufregend. Wenn Trainer Ralf Rangnick zu mir kommt und signalisiert, dass ich eingewechselt werden soll, bin ich immer sehr, sehr nervös."
Entdecker: "Marco bringt alles mit"
Dennoch blitzte in einigen Aktionen durch, warum Rangnick derart große Stücke auf Terrazzino hält. In der Stürmer-Hierarchie konkurriert er mit Boubacar Sanogo um Rang drei hinter Demba Ba und Chinedu Obasi. 5-Millionen-Euro-Zugang Wellington hat Terrazzino als erste Option von der Bank schon verdrängt.
"Marco bringt alles mit, was einen guten Angreifer ausmacht. Es ist Wahnsinn, was er im Strafraum alles anstellen kann", sagt Groß, der Terrazzino mit zehn Jahren entdeckt und fünfeinhalb Jahre trainiert hatte, bevor sein Schützling 2007 nach Hoffenheim ging.
Die nächste 1899-Generation steht bereit
Gleich in seiner ersten Saison erreichte Terrazzino mit den B-Junioren der TSG das Finale um die deutsche Meisterschaft und erzielte zwei Tore beim 6:4-Erfolg über Dortmund. "Der Titel zeigt, was bei Hoffenheims Jugend heranwächst", sagt Terrazzino.
Jonas Strifler, Manuel Gulde, Boris Vukcevic, Fabian Broghammer, Kevin Conrad oder Pascal Groß, der Sohn von Peter Groß: Das ist nur eine Auswahl an Spielern unter 20 Jahren, die bereits in diverse DFB-Juniorennationalmannschaften berufen wurden. Das Vorzeige-Talent heißt jedoch Terrazzino.
Nach Vedad Ibisevics Kreuzbandriss etwa sagte Ba, dass er Terrazzino zutrauen würde, die entstandene Lücke zu füllen. In einem Atemzug nannte er ihn mit Bojan Krkic von Barcelona und Marseilles Hatem Ben Arfa.
Deutschland oder Italien?
"Ich fühle mich geehrt, wenn eine Persönlichkeit wie Demba Ba so etwas sagt, aber das ist natürlich hoch gegriffen, Vedad ist eine ganz andere Nummer. Ich versuche einfach, mich weiterzuentwickeln und dann sehen wir weiter, zu was es reicht", sagt Terrazzino, der sich noch nicht entschieden hat, für welches Land er zukünftig auflaufen wird. Als Deutsch-Italiener ist er für beide Nationalteams berechtigt.
Seine Tendenz zeigt zwar Richtung Squadra ("Deutschland bin ich nicht abgeneigt, aber ich fühle mich italienisch"), vergangene Woche feierte Terrazzino aber sein Debüt für die deutsche U 18 im Freundschaftsspiel gegen Frankreich (3:4). "Für die endgültige Entscheidung will ich mir Zeit lassen", sagt er.
Geduld, mahnt Groß, sei auch der Schlüssel für eine erfolgreiche Karriere. Nicht nur bei der Wahl des Nationaltrikots. "Denn wenn Marco einen Schwachpunkt hat, dann ist es seine Fitness." Sein Körper sei noch nicht ausgewachsen und demnach anfällig für Verletzungen.
Groß: "Man muss darauf achten, dass ein Zug nicht zu schnell fährt, sonst entgleist er." Oder er bekommt Bauchschmerzen.
Marco Terrazzino im Steckbrief