Ausbildung kostet viel Geld
Nahezu alle Akteure der U-Mannschaften wurden in einem deutschen Verein und vom deutschen Verband mit seinen insgesamt 350 Stützpunkten gesichtet und ausgebildet. Das kostet Geld, viel Geld. Und jede Menge Arbeit.
500.000 Arbeitsstunden leisten die ca. 1000 Trainer an den DFB-Stützpunkten pro Jahr - nur gegen eine Aufwandsentschädigung. Insgesamt steckt der DFB rund 8,5 Millionen Euro per anno in seine Stützpunktarbeit, die ja nur die Basis aller weiteren Aufwendungen ist.
Für die Vereine gilt ähnliches. Allerdings sind die Beweggründe andere. Natürlich bildet man vorrangig aus, um Spieler an den Profibereich heranzuführen. Aber es brüstet sich jeder Verein auch mit seinen Nationalspielern, vor allem mit seinen deutschen. Die sind gleich bedeutend mit Renommee und locken die ganz großen Sponsoren an.
100 Mio. Euro Gesamtausgaben
"Für einen Spieler, der im Internat untergebracht ist, gibt 1860 rund 15.000 Euro aus. Allerdings ohne Unterbringungskosten und Verpflegung", sagt Ernst Tanner, einer der Pioniere der Nachwuchsförderung in Deutschland und 14 Jahre lang Leiter des Jugendleistungszentrums bei den Löwen, das vom DFB mit drei Sternen ausgezeichnet wurde.
Insgesamt belaufen sich die Ausgaben der Löwen für den Jugendbereich auf etwa drei Millionen Euro. Bei 36 Profi-Klubs der 1. und 2. Liga sind das rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Die Ausbildungsentschädigungen, die später bei Transfers erzielt werden, decken diese Summe nur annähernd ab.
Spieler steigern Marktwert
Nur ein verschwindend geringer Teil schafft später auch den Sprung in die deutsche Nationalmannschaft und zu besseren Werbeverträgen für Spieler und Verein. Also kann ab sofort der zweite Bildungsweg eingeschlagen werden: Der Wechsel zu einem anderen Verband. "Das kommt den Spielern zu Gute, die ja alle im Grunde Ich-AGs sind und sie damit ihren Marktwert steigern können", sagt Kuntz im Gespräch mit SPOX.
"Sportlich glaube ich nicht an den großen Verlust für den DFB - und für den Verein steigert der Spieler so immerhin seinen Marktwert. Für den Klub bedeutet es aber auch immer ein lachendes und ein weinendes Auge. Sie haben dann einen Spieler, der mehr internationale Erfahrung sammeln kann, auf der anderen Seite aber auch höher belastet ist, ein höheres Verletzungsrisiko hat, oder nicht voll zur Verfügung steht, weil er vorher ein größeres Turnier gespielt hat."
Neue logistische Herausforderungen
Allerdings kämen dann auf die Vereine neue logistische Herausforderungen zu. Jermaine Jones etwa muss von Schalke 04 ab sofort für Länderspiele mit den USA abgestellt werden. Größere Reisestrapazen durch verschiedene Zeit- und Klimazonen und dementsprechend längere Abstellzeiten sind die Folge. "Das kann schon zum Problem werden, zumal es die Klubs gar nicht gerne sehen, wenn ihre Spieler länger unterwegs sind", so Cullmann.
Im Prinzip ist es nur eine Frage der Zeit, bis der erste Spieler nicht mehr nur von Klub zu Klub, sondern auch von Verband zu Verband transferiert wird. Gegen entsprechende Bezahlung natürlich. Die Folge wird auch sein, dass viele Nationaltrainer - unter vorgehaltener Hand - angehalten werden, Spieler so früh wie möglich "festzumachen".
Also ist zu erwarten, dass in Zukunft in weniger bedeutenden Qualifikationsspielen Spieler noch für ein paar Minuten zum Einsatz kommen, die sonst keine Sekunde gespielt hätten. Für jedes Problem gibt es schließlich eine Lösung.
Die FIFA hat sich seit dem womöglich folgenschweren Beschluss in der Sache nicht mehr zu Wort gemeldet. Vielleicht hat man in der Schweiz bereits bemerkt, dass der Beschluss von Nassau nicht der glücklichste war.