SPOX: Torsten Frings und Michael Ballack sind Spieler, die salopp gesagt auch mal einen Gegner umgehauen haben, um ein Zeichen zu setzen. Ist diese Mannschaft jetzt zu lieb?
Friedrich: Wir haben mittlerweile ein anderes Anforderungsprofil. Wir sind taktisch anders geschult, der Trainer will unnütze Fouls nicht mehr sehen. Uns wurde gezeigt, dass ein Großteil der Tore durch Standardsituationen nach unnützen Foulspielen entsteht. Natürlich ist es wichtig, ab und zu auch mal ein Zeichen zu setzen. Aber Standardsituationen entscheiden immer mehr Spiele - da sollte man dumme Foulspiele schon vermeiden.
SPOX: Die Mannschaft scheint sehr unbekümmert. Wie unbekümmert sind Sie noch?
Friedrich: Ich versuche, die wunderschöne Zeit zu genießen. Nicht jeder hat das Privileg, ein Turnier zu spielen. Nehmen Sie Sebastian Deisler, der nur ein Turnier spielen konnte, obwohl er mit das größte Potenzial hatte. Man gewinnt neue Eindrücke und ich bin sehr dankbar, dass ich das erleben darf. Deswegen mache ich mir auch keinen negativen Druck.
SPOX: Sie halten immer noch den Rekord für die meisten Länderspiele ohne Tor...
Friedrich: Das ist doch auch schon was. Ich kann darüber nur schmunzeln. Aber immerhin eine Statistik, die ich anführe. Und ein Eigentor hab ich auch schon. In der Bundesliga habe ich schon einige Tore erzielt, nur hier soll es irgendwie nicht klappen. Für mich ist wichtig, dass wir gewinnen. Dann bin ich glücklich.
SPOX: Woher nehmen Sie Ihre Gelassenheit?
Friedrich: Ich habe jetzt 70 Länderspiele und gehe in mein viertes Turnier. Das lernt man abzuwägen. Eigentlich ist es schon Wahnsinn, dass ich immer noch nicht getroffen habe. Aber ich kann es jetzt nicht ändern. Doch vielleicht habe ich ja das Glück und schieße in einem entscheidenden WM-Spiel ein Tor.
SPOX: Was hängt Ihnen eigentlich vom Abstieg mit Hertha BSC noch in den Kleidern?
Friedrich: Das Thema ist für mich noch nicht ganz abgeschlossen, es bleibt immer etwas im Kopf hängen. Aber ich denke schon, dass ich einen Schnitt machen konnte. Vom ersten Tag an bei der Nationalmannschaft herrschte eine andere Atmosphäre - wobei hier natürlich auch immer eine Art Aufbruchstimmung herrscht mit so einem großen Turnier vor der Brust. Man freut sich auf die Aufgaben. Jetzt habe ich etwas Neues vor Augen, die WM. Vergangenes kann man nicht mehr ändern, deshalb ist das für mich jetzt abgehakt.
SPOX: Inwiefern ist ein gutes Turnier für Sie persönlich bedeutsam für einen guten, neuen Vertrag?
Friedrich: Gerade nach so einer Saison, in der man abgestiegen ist, wäre es Balsam auf die Wunden, die man in dem Jahr mitgenommen hat. Ich bin sehr optimistisch und glaube, dass wir richtig weit kommen werden.
SPOX: Was macht Sie da so sicher?
Friedrich: Die Gesamtatmosphäre. Man muss nicht immer die besten Einzelspieler haben, sondern muss taktisch gut geschult sein und einen Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft haben. Und was noch dazu kommt: Die Spieler aus München nehmen den Schub aus der Saison mit und sind in ihrer Persönlichkeit gewachsen. Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger haben einen großen Schritt gemacht seit 2006. Das bringt uns enorm weiter.
SPOX: Sie hatten davon gesprochen, in der Seele verletzt worden zu sein in dieser Saison. Was war das verletzende?
Friedrich: Wenn man auf der Mitgliederversammlung ausgepfiffen wird, ist es nur menschlich, dass man auch gekränkt ist. Ich bin seit acht Jahren in Berlin, habe die zweitmeisten Bundesligaspiele für Berlin gemacht - da finde ich das nicht gerechtfertigt. Ich hätte mir ein anderes Jahr und andere Reaktionen gewünscht. Aber da muss man durch. Ich finde es okay, wenn man für seine Leistung kritisiert wird. Es gab vor allem in der Hinrunde einige Spiele, da konnte ich mein Leistungsvermögen nicht abrufen. Aber es waren Dinge dabei, die subjektiv waren und das muss nicht unbedingt sein.
SPOX: Hat der Bundestrainer mit Ihnen mal darüber gesprochen?
Friedrich: Mit ihm und Oliver Bierhoff hatte ich immer Kontakt und wir haben auch über die Situation gesprochen. Die Leute aus der Nationalmannschaft stehen dann auch zu einem. In solchen Situationen merkt man, auf wen man sich verlassen kann und auf wen nicht.
SPOX: Können Sie schon sagen, ob Sie nach Wolfsburg oder zum HSV wechseln?
Friedrich: Das steht noch nicht fest. Es sind alle Optionen offen. Auch, dass ich weiter bei Hertha spiele. Ich habe schon sehr viele Berichte gelesen, nach denen ich schon in Wolfsburg oder Hamburg unterschrieben hätte. Das sind die üblichen Spekulationen. Stand ist, dass ich keine Einigung mit irgendeinem Verein habe. Natürlich laufen Gespräche, aber es steht bisher nichts fest.
SPOX: Haben Sie noch Kontakt zu ihrem Ex-Mitspieler und neuen HSV-Sportchef Bastian Reinhardt?
Friedrich: Wir haben zwar in Bielefeld zusammengespielt, aber ich habe keinen Kontakt zu ihm.
SPOX: Die ungeklärte Lage ist für Sie auch keine Belastung? Immerhin wohnen Sie seit vielen Jahren schon in Berlin und müssten einiges aufgeben.
Friedrich: Nehmen wir mal an, ich würde Hertha verlassen - was natürlich eine Option ist - dann würde mir das sehr schwer fallen. Meine Freundin und ich fühlen uns unglaublich wohl in Berlin, wir lieben die Stadt. Bis auf das letzte Jahr haben wir eine sehr schöne Zeit erlebt. Nochmals: Ich weiß selbst nicht, wie es für mich weitergeht. Eine Tür wird geschlossen, eine andere geht auf. Vielleicht bleibe ich auch bei Hertha. Es ist alles möglich.