KOMMENTARJoachim Löws Auslese bei der Nominierung des endgültigen EM-Kaders überrascht personell kaum. Die genauere Betrachtung lässt aber erahnen: Der Bundestrainer tüftelt schon an der Neuanordnung seiner Angriffsreihe. Ein Kommentar von Stefan Rommel.
Als die deutsche Nationalmannschaft am Montagabend zur Übungseinheit auf den Trainingsplatz in Tourrettes schritt, waren Marc-Andre ter Stegen, Sven Bender, Julian Draxler und Cacau bereits auf dem Weg zum Flughafen nach Nizza.
Joachim Löw hat mit der Streichung der Vier weit vor dem Ablauf der eigentlichen Meldefrist am Dienstag um 12 Uhr in zweierlei Hinsicht eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen.
Er hat einem zu erwartenden Hase-und-Igel-Spiel mit den Medien am Dienstag die Luft rausgelassen.
Löw reagiert konsequent auf Stürmermangel
Vor zwei Jahren belagerten etliche Journalisten das Mannschaftshotel in Südtirol und bei jeder kleinen Regung hinter den Mauern wurde wild spekuliert, wer denn nun der eine Heimfahrer sein könnte. Diese Sache hat sich mit einer handelsüblichen SMS am Montag um 17.31 Uhr aus der Welt schaffen lassen.
Wobei das wohl nur ein positiver Nebeneffekt gewesen sein dürfte. Das eigentlich Spannende an Löws Auswahl ist die Tatsache, dass er im Vergleich zum letzten großen Turnier die Zahl seiner gelernten Stürmer von vier auf nur noch zwei reduziert hat.
Cacau stand spätestens nach Löws unaufgefordert vorgetragenem Plan mit Reus als falscher Neun bedenklich auf der Kippe.
Jetzt hat der Bundestrainer konsequent darauf reagiert, dass hinter Klose und Gomez in Deutschland keine Stürmer nachkommen und orientiert sich als Variation stattdessen am fluiden System ohne echten Mittelstürmer.
Barcelona als Vorbild
Der Quervergleich mit dem FC Barcelona ist an sich unzulässig, in dieser speziellen Causa aber darf Barcas Stil für die DFB-Auswahl als Präzedenzfall herhalten.
Damit kann Löw gegen bestimmte Gegner oder in bestimmten Spielsituationen auch dem Überangebot an starken Spielern im offensiven Mittelfeld eher gerecht werden und seine gewaltigen Waffen in der Elf unterbringen.
Ein durchaus mutiger Schritt vom Bundestrainer bei einer Fußballnation, die sich traditionell auch immer über ihre gefürchteten Mittelstürmer definiert hat. Aber gemessen an den aktuellen Gegebenheiten absolut nachvollziehbar.
Cacau im Steckbrief