Mit dem spanischen System zum WM-Titel: Auch Franz Beckenbauer sieht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft inzwischen reif für eine Taktik ohne echten Stürmer.
"Es stellt sich jetzt die Frage: Braucht die Nationalelf noch einen klassischen Mittelstürmer, der vor dem Tor auf Flanken wartet? Ich glaube: Bei der Besetzung, die Jogi Löw zur Verfügung steht, bietet sich die Variante ohne 'Brecher' vorne an", schrieb der Ehrenpräsident von Bayern München nach dem 2:1 der DFB-Auswahl gegen Frankreich in seiner Bild-Kolumne.
Das Mittelfeld habe "unglaublich viel Qualität. Gegen Frankreich haben Reus und Götze noch gefehlt. Dazu kommen Müller, Khedira, Kroos, Schürrle und natürlich Özil. Bei diesen vielen quirligen und technisch hochklassigen Mittelfeldspielern macht es Sinn, flexibel zu attackieren. Mal stößt Özil in die Spitze, dann ein anderer. Spanien und der FC Barcelona machen es uns vor", meinte Beckenbauer und erwartet bis zur WM 2014 in Brasilien eine "spannende Diskussion" über das Thema: "Mittelstürmer oder nicht?"
In Paris hatte es Löw nach der Auswechslung von Torjäger Mario Gomez ab der 57. Minute ohne klassischen Angreifer probiert - und mit seinem Experiment Erfolg gehabt. "Ich wollte Mesut Özil und Toni Kroos im Zentrum haben, um da noch mehr Übergewicht zu erzielen, um die Bälle besser zu halten und mit Podolski, Schürrle oder Müller besser in die Spitze zu kommen. Damit kamen die Franzosen nicht so zurecht, weil sie die Zuordnung in der Innenverteidigung verloren haben. Wir haben dann die Angriffe auch fast immer vor das Tor gebracht", hatte der Bundestrainer nach der Partie analysiert.
"Özil zur Weltklasse gereift"
Schon beim 0:0 gegen die Niederlande im November vergangenen Jahres hatte Löw keinen echten Stürmer aufgeboten und Mario Götze in die Spitze gestellt, da Gomez und der derzeit auch verletzte Torjäger Miroslav Klose gefehlt hatten. Welt- und Europameister Spanien hatte bei der EURO 2012 einige Male Cesc Fàbregas als "falsche Neun" aufgeboten. Löw schwebt diese taktische Variante angesichts seiner spielstarken Mittelfeldreihe um Özil, der für Beckenbauer zu einem "Weltklasse-Spieler gereift ist", ebenfalls schon länger vor.
Auf seinen FC Bayern ließe sich das System aber nicht übertragen, glaubt der Kaiser: "Da sieht das anders aus als in der Nationalmannschaft. Hier wird das Flügelspiel bevorzugt. Wenn Franck Ribery über links durchstürmt, muss er in der Mitte einen Knipser haben wie Mario Mandzukic oder Mario Gomez."
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