Ein Hauch von Feng Shui

Geburtstagskind Miroslav Klose am Montag mit den Pataxo-Indianern
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft hat kurz nach ihrer Ankunft im Campo Bahia den Rhythmus gefunden. Die Rahmenbedingungen passen, jetzt soll es auch auf dem Platz positive Entwicklungen geben. Die offenen Punkte sind klar.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Botschaft war klar. "Feliz por esta aqui" und "Obrigado Bahia" stand auf den T-Shirts, die Spieler, Trainer und die restlichen Mitarbeiter des DFB am Montag während des Trainings und auch später bei der Pressekonferenz trugen.

Der DFB bedankte sich öffentlich für die Arbeit des Bundesstaates Bahia und die Möglichkeit, an dieser Stelle ins Campo Bahia einziehen zu können. Viel wurde spekuliert über den Zustand des Basislagers der Nationalmannschaft während der WM in Brasilien.

Und nach wie vor kann man die Frage diskutieren, ob es nötig war, hier eine neue Luxus-Anlage hinzustellen und einen Trainingsplatz ins Naturschutzgebiet zu bauen. Aber nach den ersten beiden Tagen muss man auch feststellen, dass die Bedingungen den Wünschen entsprechen.

Zwar gibt es in den Bungalows, die sich die Spieler in kleinen Wohngemeinschaften teilen, laut Teammanager Oliver Bierhoff noch "das ein oder andere kleine Problemchen", aber die beschränken sich auf Kleinigkeiten wie nicht funktionierende Steckdosen.

Kein unumstrittenes Projekt

Vor der Ankunft in der vorübergehenden Heimat hat Bierhoff die Mannschaft nochmal auf die anderen Bedingungen in Brasilien eingestellt. Die Unterschiede zwischen Mitteleuropa und Südamerika waren schon seit geraumer Zeit ein großes Thema der DFB-Verantwortlichen.

Das Campo Bahia war schließlich kein unumstrittenes Projekt und die Debatte über die Rundum-Verwöhnung der Nationalmannschaft beherrschte schon nach dem EM-Aus 2012 die Agenda.

Bierhoff und Generalsekretär Helmut Sandrock war es ein Anliegen, auf die gute Zusammenarbeit mit dem Bundesstaat Bahia und den Menschen in der Region hinzuweisen.

Neue Reize überall

Rund 36 Stunden nach der Ankunft im Campo Bahia hatte Bierhoff schon eine "besondere Atmosphäre" und "positive Energie" ausgemacht. Ein Hauch von Feng Shui in Brasilien.

Schon die Fahrt vom beschaulichen Flughafen in Porto Seguro auf einer Küstenstraße mit malerischem Ausblick, aber auch mit unzähligen Geschwindigkeitshügeln und die anschließende Überfahrt nach Santo Andre mit der berüchtigten Fähre, habe bei der Mannschaft "ganz neue Reize" gesetzt.

Ebenso die Begegnung mit den ansässigen Pataxo-Indianern, die ihrer gewöhnlichen Tracht und ihren klassischen Insignien Rassel, Pfeil und Bogen extra ein paar schwarz-rot-goldene Elemente untergemischt hatten, habe den Blick des Teams für Brasilien erweitert.

Die Pataxo sind deshalb besonders, weil am Küstenabschnitt Coroa Vermelha, wo sie in einem Reservat wohnen, im Jahr 1500 die ersten portugiesischen Siedler ihre Messe abhielten. Nach dem Training tanzten die Pataxo, die übrigens voll in die brasilianische Gesellschaft integriert sind und auch der modernen Technik offen gegenüberstehen, mit den Nationalspielern auf dem Platz. Davor und danach schossen sie mit ihren Smartphones noch ein paar Selfies.

Personelle Probleme bleiben

"Die Mannschaft lässt sich auf das Land ein und nimmt den Rhythmus auf", sagte Bierhoff, der hofft, dass man dieses Gefühl auch auf den Platz bringen könne. Schließlich seien im Umfeld "die wichtigsten Dinge abgehakt. Jetzt wollen wir uns auf Fußball konzentrieren."

Der Fokus liegt klar auf dem ersten Spiel gegen Portugal am 16. Juni. Bis dahin werden die Spieler wenig Zeit haben, die eindrucksvolle Landschaft zu begutachten, die bei dem einen oder anderen schon für Urlaubsgefühle sorgen könnte. Die positive Grundstimmung im Lager soll sich endlich auf das Sportliche übertragen.

Die personellen Probleme, mit denen das deutsche Team seit Beginn der Vorbereitung zu kämpfen hat, haben sich auch beim Überseeflug nicht verflüchtigt. Torhüter Manuel Neuer macht zwar Fortschritte, aber noch immer gibt es hinter der Fitness von Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose und Sami Khedira dicke Fragezeichen. Aufstellung und taktische Ausrichtung sind aufgrund der unklaren Personalfrage offen wie selten vor einem Turnier.

Ballbesitz als Schlüssel

Immerhin ist die Kommunikation der Spieler auf und neben dem Platz besser als bei vorangegangenen Turnieren, stellte Assistenztrainer Hansi Flick fest. "Es ist wichtig, dass sich die Spieler gegenseitig coachen", sagte Flick.

Bei den Temperaturen, die in den drei deutschen Spielorten herrschen, gilt es jeden überflüssigen Weg zu vermeiden. "Es ist wichtig, in Ballbesitz zu sein und nicht dem Ball hinterherzulaufen", sagte Flick.

In den nächsten Tagen müsse jeder Einzelne ein Feeling für den Tagesablauf entwickeln und sich auf die Anstoßzeiten um 13 Uhr und 16 Uhr einstellen, um dann auch bereit zu sein, über die Grenze hinauszugehen. Auch die Trainingszeiten werden darauf ausgerichtet.

Eine Woche hat die Nationalmannschaft Zeit, sich endgültig auf die neuen Bedingungen einzustellen. Wenn die Baustellen in der Mannschaft ebenso gut geschlossen werden, wie die Probleme rund ums Campo Bahia, könnte es trotz aller Bedenken eine erfolgreiche WM werden.

Alle Infos zur Nationalmannschaft

Artikel und Videos zum Thema