Der Teamgeist als Plus

Von SPOX
Elf Freunde müsst ihr sein - oder so...
© getty

Vor dem letzten Test gegen Armenien stellen Mannschaft und Trainer den besonderen Zusammenhalt innerhalb der Truppe heraus. Angesichts der Sorgen um den Gesundheitszustand einzelner Spieler sorgt das für Optimismus vor dem Abflug nach Brasilien.

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Zur gewohnten Folklore rund um ein Großereignis gehört seit einigen Jahren eine gewisse Orakel-Manie. Zumeist dürfen possierlicher Tiere den Ausgang von Fußballspielen voraussagen, der Krake Paul hat es vor vier Jahren zu weltweiter Berühmtheit geschafft.

Elefantendame Nelly aus dem Tierpark in Hodenhagen ist gewissermaßen noch ein No Name im großen Orakel-Business. Dabei hat Nelly eine unglaubliche Statistik, von 33 getippten Ergebnissen seien bis heute nur drei falsch gewesen.

Da dürfte es unter Orakel-Fans für großes Aufsehen sorgen, dass Nelly für die erste Partie der deutschen Mannschaft am 16. Juni gegen Portugal eine Niederlage voraussagt.

"Schlucksee" war gestern

Eine Niederlage zum Auftakt einer Weltmeisterschaft setzte es für eine deutsche Mannschaft zuletzt 1982. Das 1:2 gegen Algerien bedeutete schon beinahe das Aus. Ein indiskutabler Spielplan, der die Schande von Gijon erst ermöglichte, rettete die deutsche Mannschaft vor dem Ausscheiden in der Vorrunde.

Die Gegner 32 Jahre später sind von einem anderen Kaliber als Algerien, Chile und Österreich damals. Wenngleich die deutsche Mannschaft damals spielerisch allemal der Mittelklasse angehörte, war das Team bei seiner Tour durch Spanien doch körperlich topfit.

Lediglich Kapitän Karl-Heinz Rummenigge bereitete Sorgen, der Münchener ging angeschlagen ins Turnier. Trotzdem wollte Trainer Jupp Derwall auf seinen besten Angreifer nicht verzichten.

Das Trainingslager am Schluchsee im Schwarzwald ist längst ebenso legendär wie die Grüppchenbildung innerhalb der "Mannschaft". Die Lager aus Münchener und Kölner Spieler konkurrierten selbst am Mittagstisch, nur bei den nächtlichen Poker- und Saufrunden entstand so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Nicht umsonst firmiert das Trainingscamp bis heute als "Tage am Schlucksee".

"Ganz hervorragender Teamgeist"

Joachim Löw hat seine Auserwählten nicht in seiner Heimat im Schwarzwald zusammengezogen, sondern in Südtirol. Und trotz einiger Rückschläge in so ziemlich allen Bereichen hat der Bundestrainer in den letzten Tagen immer wieder eine Sache als besonders positiv herausgestellt: Der Teamgeist sei so gut wie lange nicht mehr. "Ganz hervorragend", nennt Löw ihn.

Die Gewichtung der grundsätzlichen Bausteine auf dem Weg in ein Endturnier hat sich beim DFB-Team ein wenig verschoben. Deutschland war traditionell immer eine der Mannschaften, die sich auf ihre körperlichen Stärken verlassen konnte. Wenn auch einige Mannschaften mit spielerischen, taktischen oder zwischenmenschlichen Defiziten ins Rennen geschickt wurden - fit waren sie alle.

Nur Neuer kann nicht

Vor dem Auftakt der WM in Brasilien in der kommenden Woche und vor dem letzten Testspiel der deutschen Mannschaft heute Abend gegen Armenien (20.45 Uhr im LIVE-TICKER) hat Löw immer noch große Sorgen, was den Fitnesszustand einiger wichtiger Spieler anbelangt.

Immerhin sollen die angeschlagenen Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger gegen die Osteuropäer spielen, auch ein Einsatz von Miroslav Klose ist geplant und Sami Khedira soll sechs Monate nach seinem Kreuzbandriss weiter Spielpraxis sammeln. Dagegen wird Manuel Neuer auch gegen Armenien fehlen und so ohne jeden Test mit Wettspielcharakter am Samstag in den Flieger nach Salvador steigt.

Der Optimismus bleibt, dass dann pünktlich zum ersten Spiel alle bei einhundert Prozent ihrer Leistungsfähigkeit sind. "Wer ihren Charakter kennt, weiß, dass sie nach Verletzungen noch stärker zurückkommen", sagt Klose.

"Manuel ist Torhüter, er braucht das Läuferische nicht so sehr, deshalb wird er nicht viel verlieren. Und Philipp tut es vielleicht sogar gut, einmal ein paar Tage weniger zu machen. Deshalb mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Wir werden so fit ins Turnier gehen, wie wir uns das vorstellen."

Bessere Ausgangslage als vor zwei Jahren

Klose selbst hat die letzte Partie gegen Kamerun verpasst, die intensiven Einheiten in Südtirol machten Klose müde und einen Einsatz wenig ratsam. "Ich gehe aber davon aus, dass ich beim Turnier bei 100 Prozent bin. Es geht mir sehr gut, ich bin auf einem sehr guten Weg. Die Fitnesstrainer kennen mich gut und wissen genau, was ich brauche. Alles läuft in den richtigen Bahnen."

Neben den Fortschritten gesundheitlicher Art ist die Erweckung eines neuen Geists innerhalb der Mannschaft sicherlich die positivste Nachricht der letzten zwei Wochen. Vor, während und sogar lange nach dem letzten Großereignis vor zwei Jahren in Polen und der Ukraine titulierten nicht nur Betreuer aus dem engen Zirkel der Mannschaft die Stimmung als "sensationell schlecht".

Bayern und Dortmunder Spieler fanden nicht zusammen, die Münchener Platzhirsche verteidigten ihre Pfründe gegen die aufstrebende BVB-Fraktion, die den Bayern zudem sowohl die Meisterschaft als auch den DFB-Pokal vor der Nase weggeschnappt hatte.

Jetzt ist die Gemengelage eine andere, beide Gruppen begegnen sich auf Augenhöhe. Dem Mannschaftsrat mit Klose, Lahm, Schweinsteiger und Per Mertesacker kam eine noch bedeutendere Rolle zu und ganz offenbar wurde die heikle Aufgabe bisher sehr gut gelöst. "Wir haben uns in diesem Bereich unglaublich gut entwickelt, das stimmt mich sehr positiv", sagt Mertesacker.

Ob ältester Spieler (Klose, 36) oder jüngster (Matthias Ginter, 20), ob meiste Länderspiele (Klose, 131) oder die wenigsten (Erik Durm, 1) - es ist ein Wir-Gefühl entstanden, dass die Mannschaft auf gewisse Weise auch tragen kann. "Die Mannschaft ist in den letzten Tagen zu einer Einheit geworden", sagt Löw.

Mit wenigstens diesem einen beruhigenden Gefühl geht Löw in das letzte Testspiel, das ja immer auch auf die Stimmung unter den Fans anfärbt. Da geht es darum, noch einmal Selbstvertrauen zu tanken und mit einer positiven Grundstimmung den Weg nach Brasilien anzutreten. Und vielleicht überlegt es sich Elefantendame Nelly bis zum Spiel gegen Portugal ja nochmal anders.

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