Joachim Löw schlenderte entspannt mit Sonnenbrille und modischem Schal ins Hilton Hotel am Münchner Tucherpark und gönnte sich im Foyer erst einmal einen Espresso - doch die "Mission EM-Titel" begann am Montag mit mehr Problemen, als dem Bundestrainer lieb sein kann.
Bevor die deutschen Weltmeister am Freitag (21.00 Uhr im LIVETICKER) beim "Rendezvous in Paris" gegen EM-Gastgeber Frankreich einen Vorgeschmack auf die Endrunde in sieben Monaten erhalten, ist Löw mal wieder zum Umplanen gezwungen.
In Karim Bellarabi sagte bereits am Sonntag der erste Spieler verletzungsbedingt ab, weitere Stars wie der für Paris fest eingeplante Münchner Jerome Boateng, Christoph Kramer oder Max Kruse sind nicht restlos fit. Kramer wird deshalb auch erst am Dienstag anreisen. Den Weltmeistern Mesut Özil und Toni Kroos gönnt Löw für das Treffen mit den Franzosen und vier Tage später in Hannover (20.45 Uhr im LIVETICKER) gegen die Niederlande eine schöpferische Pause. Zudem fehlen die verletzten Marco Reus und Mario Götze.
Duell mit Frankreich mehr als ein Freundschaftsspiel
Dabei soll das Duell mit der Equipe Tricolore doch mehr sein als ein Freundschaftsspiel. Löw will erfahren, "was uns dort im kommenden Sommer erwartet. Wir spielen im Stade de France, hier wird der Europameister ermittelt. Für uns alle ist es auch eine gute Gelegenheit, die Atmosphäre in diesem Stadion schon einmal zu erleben." Die Rückkehr ist dann spätestens für 10. Juli 2016 geplant - den Tag des EM-Endspiels.
Einen kleinen Vorgeschmack auf die EM erhielten die DFB-Stars bereits ab Montag in München bei diversen Marketingmaßnahmen, die mit Blick auf das Turnier in Frankreich abgewickelt wurden. Zudem war am Montagabend in Berlin die Vorstellung des neuen weißen EM-Trikots geplant. Das künftige Auswärtsdress der DFB-Elf wird dann am Donnerstag in Paris präsentiert und soll tags drauf seine Premiere feiern.
Wer sich das neue Trikot überstreift, ist noch ungewiss. Weil der eine oder andere Arrivierte fehlt, kann und will Löw aber auf jeden Fall experimentieren. Vor allem der Sturm steht nach Löws jüngstem Hilferuf ("wir sind nicht mehr tödlich") im Fokus - und damit Rückkehrer Mario Gomez sowie Neuling Leroy Sane. Während der erst 19 Jahre alte Schalker Sane forsch betonte, er wolle sich "zeigen", hielt Gomez im kicker ein Plädoyer für den klassischen Strafraumstürmer. "Spieler, die den tödlichen Pass spielen können, hat Deutschland genügend. Aber ich finde, in manchen der letzten Spiele hätte ein Stürmer gut getan", sagte der 30-Jährige, der erstmals seit September 2014 wieder dabei ist.
Gomez "hat sich die Chance verdient"
Vor den Augen des angeschlagenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, der trotz der WM-Affäre mit nach Paris reisen möchte, wird sich Gomez - im neuen EM-Trikot - beweisen dürfen. "Er hat sich die Chance verdient, seine Qualitäten auch bei uns unter Beweis zu stellen und zu zeigen, dass er eine Option in unserer Offensive ist", sagte Löw.
Der Bundestrainer kündigte überdies an, dass er "unabhängig von den Gegnern zu der einen oder anderen Veränderung bereit" sei: "Nun beginnt die Phase der Vorbereitung auf die EM, deswegen werden wir jede Gelegenheit nutzen, einige Varianten zu testen." Während gegen Frankreich wohl noch die derzeit vermeintlich beste Elf um Kapitän Bastian Schweinsteiger zum Einsatz kommen wird, dürfte vor allem das Duell mit der nicht für die EM qualifizierten Elftal mit Bayern-Star Arjen Robben zum Testlauf werden.
So wird Stammtorhüter Manuel Neuer nach dem ersten Spiel abreisen und einem der drei Kronprinzen im Kader um Neuling Kevin Trapp Platz machen. Im Stade de France möchte der Weltmeister aber unbedingt dabei sein. "Es ist eine Partie, die so bei der EM kommen könnte und Endspiel-Charakter haben könnte", sagte er.
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