"Wir fühlen uns brüskiert. Für den gesamten Fußball ist das eine sehr unschöne Geschichte", sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (59) dem Fachmagazin kicker.
Die (vor)eilige Personalentscheidung der mächtigen "Landesfürsten" für den CDU-Politiker und DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel (54) als Präsidentschaftskandidat sei ein "sehr unerfreulicher Akt" gewesen. Nur gibt es jetzt kein Zurück mehr.
Die 21 Landesverbände vereinen beim DFB-Bundestag, der laut DFB-Interimspräsident Rainer Koch (der bayerische Landesfürst) "baldmöglichst" einberufen werden soll, zwei Drittel der Stimmen.
Es reicht für die Wahl des Nachfolgers von Wolfgang Niersbach (64) aber die einfache Mehrheit. Zwar kann der Profifußball jetzt auch noch einen (Gegen-)Kandidaten aufstellen - dieser hätte wohl aber schon verloren, bevor der erste Stimmzettel ausgefüllt ist.
"Habe selten so eine Einigkeit erlebt"
"Die Landesverbände haben das demokratische Recht, sich festzulegen. Wir nehmen das zur Kenntnis", sagte Harald Strutz (64), Vizepräsident des Ligaverbandes und im DFB-Präsidium, dem SID: "Auf der anderen Seite war es eigentlich geplant, erst einmal in die Diskussion zu gehen und dann einen Vorschlag zu machen."
Wohlgemerkt ein gemeinsamer Vorschlag des gesamten Präsidiums. Nun steht allein der Wille der Landesverbände in allen Zeitungen, lange bevor erste Lösungsansätze für den Skandal um die WM 2006 präsentiert wurden.
"Die Vorgehensweise, das Vorpreschen der Landesverbände ist unangemessen und merkwürdig", sagte Bayer Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade (62) dem Express: "Ich weiß nicht, ob es richtig ist, auf Teufel komm' raus eine Personalie durchzudrücken, die nicht das Vertrauen und die Rückendeckung des gesamten Fußballs hat." In der Bundesliga scheinen sich die Bosse einig.
"Ich habe in dieser Woche mit vielen Vereinschefs der Liga gesprochen und selten so eine Einigkeit erlebt", sagte Watzke, der zwar noch "nicht mit den Säbeln rasseln" wolle, aber doch darauf hinwies, dass "am Ende des Tages die Musik letztendlich in der Bundesliga" spiele.
"Man sollte die Möglichkeiten des Profifußballs nicht unterschätzen. Wenn man meint, man müsste uns vor vollendete Tatsachen stellen, muss man sich im Klaren sein, dass der größte Wert des DFB, die Nationalmannschaft, von Spielern gebildet wird, die wir bezahlen", warnte der BVB-Boss: "Das sollte man auch einmal berücksichtigen."
Konsequenzen der WM-Affäre im Mittelpunkt
Koch (56) und Grindel hatten sich nach der Entscheidung am Dienstag diplomatisch gegeben, der "Vorschlag" sei kein Alleingang gewesen. "Es muss jetzt darum gehen, mit dem Ligaverband zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen", sagte Grindel.
"Im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Arbeit müssen die Konsequenzen aus der Affäre um das WM-OK 2006 stehen. Diese notwendige Arbeit in der Sache sollte nicht von einer Diskussion über Personen überlagert werden."
Genau das ist aber passiert. Zumal Grindel für viele nicht der perfekte Kandidat ist. Der CDU-Bundestagsabgeordnete ist erst seit 2013 im DFB aktiv, als Schatzmeister dabei in der zweiten Reihe. Eigenartig anmutende Entscheidungen wie seine Enthaltung bei der Abstimmung über ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung im Jahr 2014 nähren weitere Zweifel.
Niersbach, der im Zuge des Skandal um das Sommermärchen keine andere Möglichkeit als seinen Rücktritt gesehen hatte, verstand es in den vergangenen Jahre, zwischen Profis und Amateuren zu moderieren.
Grindel wird das von vielen Profi-Vertretern bislang noch nicht zugetraut. Allerdings fehlt auch die Alternative. Reinhard Rauball (68), der zweite DFB-Interimspräsident, hatte mit Blick auf seine "Lebensplanung" abgewunken, ansonsten wurde kein Name ins Gespräch gebracht. Geredet wird nur über Grindel.
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