Es hätte sein Abend werden können. Tor zum 2:0 gemacht, ein eigentlich regulärer Treffer noch weggepfiffen und Lob von allen Seiten für seine mannschaftsdienliche Spielweise. Doch am Ende hießen die entscheidenden Stürmer Harry Kane und Jamie Vardy - und spielten beim Gegner.
Trotzdem finde er den Aufstieg Vardys "geil", wie der verhinderte Held Mario Gomez hinterher erzählte. "Solche Geschichten schreibt nur der Fußball." Seine eigene Geschichte war etwas schwieriger in den letzten Jahren. Nach seinem Abschied vom VfB Stuttgart hat es etwas gedauert, bis er sein Glück gefunden hat. In der Türkei bei Besiktas scheint ihm das jetzt gelungen, in 26 Ligaspielen hat er 19 Tore erzielt.
"Ich fühle mich gut und habe wieder Spaß am Fußball, das war sicherlich eine Zeit lang nicht mehr so", sagte ein zufrieden und ausgeglichen wirkender Gomez in Berlin.
Wie bei den jungen Wilden
Beim FC Bayern hat Gomez zwar viele Tore geschossen, aber vor allem am Ende seiner Zeit viel Gegenwind bekommen. Er hat gespürt, dass die Zahl der Treffer allein bei seinen Vorgesetzten nicht für Zufriedenheit gesorgt hat.
"Bei Bayern musste ich mein Spiel ein bisschen umstellen, weil wir sehr offensiv gespielt haben und ich eigentlich nur am Sechzehner rumgestanden bin", erklärte Gomez. "Dadurch habe ich meine Stärken verloren: in die Tiefe gehen, auf die Verteidiger drauf gehen. All das, was ich jahrelang in Stuttgart gemacht habe."
Er habe jetzt wieder die Power wie zu früheren Zeiten und sein Kopfballtor sei eine Erinnerung an alte Stuttgarter Zeiten gewesen, als Gomez und der Vorlagengeber Sami Khedira zu den "jungen Wilden" gehörten.
Tore sind nicht mehr alles
Seine Zeit in Florenz war von vielen Verletzungen überschattet, in der Nationalmannschaft wurde er von den eigenen Fans ausgepfiffen. Die fehlende körperliche Stabilität kostete ihn auch die WM 2014. "Deswegen hege ich auch keinen Groll auf den Trainer, weil ich weiß, dass ich in keiner guten Verfassung war", sagte Gomez. "Wir haben einen guten Kontakt und ich weiß, was er von mir erwartet."
Mit dem Alter hat sich auch die Wahrnehmung seiner eigenen Leistung verändert. "Jetzt bin ich davon weggekommen, immer nur die Tore zu zählen. Ich versuche, mit meiner Fitness der Mannschaft zu helfen und die Wege zu gehen, die ich für ein gutes Spiel machen muss", sagte Gomez.
Nur die Siege fehlen
Die ständigen Verletzungsprobleme scheint er hinter sich gelassen zu haben. "Es ist schön, dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat", sagte Gomez. Jetzt wolle er jeden Moment genießen. "Wer weiß, ob ich noch drei, vier oder sieben Jahre vor mir habe."
Nach Miro Kloses Rücktritt ist er der letzte verbliebene Stoßstürmer in Löws Kader. Seine Chancen auf ein EM-Ticket sind gut. Aktuell fehle nur noch eins: "Wir müssen schauen, dass wir die Spiele gewinnen, dann bin ich sehr zufrieden."
Mario Gomez im Steckbrief