Es waren Bilder, die um die Welt gingen.
Bilder mit Symbolcharakter. Bilder mit der Helden-Aura eines Gladiators im alten Rom.
Dabei ging es gar nicht unbedingt um seine spielerische Leistung, doch als Bastian Schweinsteiger im WM-Finale 2014 von den Argentiniern immer und immer wieder auf die Knochen bekam, bis er schließlich nach einem Ellbogen-Check mit blutender Wunde im Gesicht kurz vor der Auswechslung stand, war ein Held geboren.
Kevin Großkreutz stand bereits zur Einwechslung bereit, Schweinsteiger winkte ab und schleppte sich zurück auf den Platz. "Das gehört dazu, da muss man sich einfach reinhauen", sagte er später. "So ein Spiel absolviert man nicht so oft im Leben. Es war ein Kampf, aber es musste sein. Die Beine sind natürlich im Arsch, aber es hat sich rentiert."
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Reaktion aufs Finale Dahoam
Diesen Titel, das wurde immer deutlicher, würde er sich nicht nehmen lassen. Nach dem tragischen Finale Dahoam, als ausgerechnet Schweinsteiger den entscheidenden Elfmeter gegen den FC Chelsea vergab, hatte er schon 2013 mit dem Champions-League-Titel jene zentnerschwere Last des fehlenden internationalen Titels auf Vereinsebene von sich genommen. Eine weitere Chance auf den WM-Titel würde es für ihn womöglich nicht mehr geben.
Es passte wie in ein Hollywood-Drehbuch, dass Schweinsteiger im Endspiel aufgrund des Ausfalls von Sami Khedira und der Verletzung von Christoph Kramer noch mehr Verantwortung im Zentrum übernehmen und das Spiel stabilisieren musste. Als es endlich vollbracht und der Titel perfekt war, sprudelte es aus ihm heraus: "Ich kann mich daran erinnern, als wir nach dem dritten Platz bei der Heim-WM auf der Fanmeile in Berlin waren und die Fans applaudierten. Jetzt haben sie alles zurückbekommen. Das ist das Schönste, dass wir die Leute endlich richtig happy gemacht haben und auch noch den letzten Schritt gegangen sind."
Bastian Schweinsteiger war vollends auf dem Fußballer-Olymp angekommen. Jener "letzte Schritt" allerdings - er war eine passendere Metapher, als er es im Sinn hatte.
Pep: "Mach, was du willst"
Schweinsteiger hatte den Gipfel erreicht und der Zahn der Zeit kam mit eiserner Unnachgiebigkeit näher. Der WM-Held hatte zunehmend Probleme, unter Pep Guardiola bei seinem FC Bayern eine Rolle zu finden. Guardiola schob Schweinsteiger im Zentrum vor und zurück, den Platz als Organisator direkt vor der Viererkette aber durfte er nur selten einnehmen.
Fanliebling, absolute Identifikationsfigur, öffentlich der nahezu unantastbare "Fußballgott" - all das traf noch immer zu. Doch das Spiel der Münchner entwickelte sich weg von Schweinsteiger und so zeichnete sich im Sommer 2015 das lange Zeit Undenkbare ab: Bastian Schweinsteiger würde den FC Bayern nach über 17 Jahren verlassen.
"Nach der wunderschönen Zeit in München bleibt der FC Bayern immer in meinem Herzen. Es wird weiterhin ein enger Draht bestehen, weil ich mit Bayern Geschichte schreiben durfte", erklärte er damals der Bild. Guardiola griff, wie man es von ihm gewohnt ist, tief in die Superlativ-Schublade: "Es war eine große, große Ehre, sein Trainer zu sein. Ich habe gesagt: 'Mach was du willst. Entscheide, wie du glücklich bist.'"
Es waren nette Worte, welche die harten Fakten nur sehr löchrig übermalten: Sportlich war Schweinsteiger verzichtbar geworden. Guardiola, der im Gegensatz zu Vorgänger Jupp Heynckes nicht auf die defensive Stabilität einer Doppelsechs baute, hatte seine Gründe, warum er Schweinsteiger ohne größeren Kampf ziehen ließ.
Der Kaiser hat Recht
Für den Fußball-Ruhestand in Form eines Wechsels etwa in die USA war Schweinsteiger noch längst nicht bereit. Stattdessen ging er zu dem Klub, den er schon als Kind bewundert hatte und zu dem Trainer, der ihn in München zu einem der besten Mittelfeldspieler der Welt geformt hatte. Manchester United und Louis van Gaal lockten.
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Besser gesagt: Van Gaal lockte und musste, das gab er später öffentlich zu, viel interne Überzeugungsarbeit leisten, um die finanziellen Mittel für die Verpflichtung des Weltmeisters zu erhalten. "Ich fühle mich bereit für diese neue und aufregende Herausforderung in der stärksten Liga der Welt", erklärte Schweinsteiger nach dem Wechsel im klubeigenen TV-Kanal, während Franz Beckenbauer davor warnte, dass sich der Bayern-Held in England sein Standing erst wieder im Alltag erarbeiten müsse.
Der Kaiser hatte Recht.