"Im Halbfinale sind wir noch nicht, es darf niemand denken, dass das ein Selbstläufer wird", warnte Löw seine bislang so gelehrige Studiengruppe vor dem Duell gegen den Afrikameister in Sotschi, "es stört mich ein bisschen, dass alle nur noch davon reden, spielen wir in Sotschi oder Kasan."
Bei einer 0:2-Niederlage etwa ginge es zurück nach Frankfurt. Um als Gruppensieger an der Schwarzmeerküste bleiben zu können, muss im Fernduell mit Chile (gegen Australien) ein höherer Erfolg her, als Zweiter müsste Löws Perspektivteam zurück nach Kasan. "Die Reisen sind nicht ganz so ohne", sagte Löw, der sich in seinem 150. Länderspiel (99 Siege) vor einem "Konflikt" sieht.
Lässt er, wie vor der Mini-WM angekündigt, nun auch die bislang wenig getesteten Kräfte ran? Oder vertraut er weiter seinem Gerüst in der Hoffnung, erstmals den Confed Cup zu gewinnen? "Ich darf nicht zu viel verändern", sagte er, das wäre für die junge Mannschaft nicht gut. "Wir müssen den Spagat schaffen für Kamerun - in der Hoffnung, noch die nächsten zwei Spiele zu machen", ergänzte Löw, der von der Testphase in den Wettkampfmodus umgeschaltet hat. Deshalb wird es nur "drei, vier oder fünf Wechsel" geben.
Löw nennt Kameruns Stärken
Die Aufgabe, glaubt er, wird ähnlich knifflig wie zuletzt gegen Chile (1:1). "Es wird definitiv das laufintensivste, körperlich anstrengendste Spiel", sagte er. Keine Mannschaft "liebt es so sehr" wie Kamerun, "eins gegen eins zu spielen und den Gegner in Zweikämpfe zu verwickeln. Das ist ihre Lieblingsbeschäftigung", ergänzte er und schwärmte von der "seltenen Mischung" aus Ausdauerfähigkeit und Schnelligkeit beim Gegner.
Als Gegenmittel schlug Leon Goretzka vor, "den Ball schnell laufen zu lassen". So, begründete er, käme Kamerun gar nicht in die Zweikämpfe. Löw meinte: "Wir brauchen gute Offensivkräfte, um uns befreien zu können, und wir müssen Konter vermeiden." Deshalb scheint es möglich, dass er Timo Werner im Angriff eine Chance gibt.
Noch offen ist der Einsatz von Emre Can, der im Training umknickte. Löw kündigte an, dass Antonio Rüdiger wieder in die Startelf rücken werde, der mit Schnelligkeit und körperbetonter Spielweise helfen soll, "Paroli zu bieten". Außerdem könnte Marvin Plattenhardt als Ersatz für Jonas Hector auflaufen. Im Tor dürfte sich Löw auf Marc-André ter Stegen als Stammkeeper für den weiteren Turnierverlauf festlegen.
Draxler selbstbewusst
Kamerun hat beim Confed Cup bisher wenig Angst und Schrecken verbreitet. Nach dem 0:2 zum Auftakt gegen Chile mühten sich die "Unzähmbaren Löwen" gegen Australien zu einem 1:1. "Körperlich und läuferisch sind sie sehr stark, aber ich glaube: Laufen können wir auch als Deutsche sehr gut, und fußballerisch sind wir sicherlich besser", sagte Kapitän Julian Draxler.
Verloren hat die DFB-Elf bislang keines ihrer drei Duelle mit Kamerun, die letzte Niederlage gegen eine Mannschaft aus Afrika gab es bei der WM 1982 gegen Algerien (1:2). Sollte der erhoffte deutliche Sieg gelingen, hätte das aus Sicht von Goretzka gleich mehrere Vorteile: Keine weitere Reise, ein zusätzlicher freier Tag, weil das Halbfinale dann am Donnerstag stattfände, und: "Es es ist auch nicht das Verkehrteste der Welt, wenn man beim Essen aufs Meer guckt."
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Deutschland: ter Stegen - Kimmich, Mustafi, Rüdiger, Plattenhardt - Brandt, Goretzka, Rudy, Draxler - Werner, Wagner. - Trainer: Löw
Kamerun: Ondoa - Mabouka, Ngadeu Ngadjui, Teikeu, Fai - Zambo Anguissa, Siani, Djoum - Bassogog, Aboubakar, Moukandjo. - Trainer: Broos
Schiedsrichter: Wilmar Roldan (Kolumbien)