Unnütz, unausgegoren, unsinnig: Wenn es nach den (zahlreichen) Kritikern der Nations League geht, hätte sich die Spitze des DFB die Kosten für die erste Dienstreise des neuen Jahres sparen können.
Dennoch werden Präsident Reinhard Grindel, Generalsekretär Friedrich Curtius, Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff am Mittwoch in Lausanne vor Ort sein, wenn die Auslosung des umstrittenen Projekts der UEFA ab 12 Uhr über die Bühne geht.
Und das hat seinen guten Grund. Denn auch wenn die deutsche Öffentlichkeit noch nicht viel mit dem komplizierten Konstrukt anfangen kann, ist der DFB mit Blick auf seine Bewerbung um die Ausrichtung der EM 2024 gut beraten, mit seiner Spitze Flagge zeigen. Schließlich wird die Endrunde bereits im September vergeben. Es kann sicher nicht schaden, wenn die Topleute ein wenig Werbung in eigener Sachen betreiben.
Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich, dass es offiziell vonseiten des Verbandes keine Kritik an der Nations League gibt. Die kleinen Fußballländer, für die der neue Wettbewerb eine Hintertür zur EM-Teilnahme öffnet, sollen vor der Entscheidung über den EM-Gastgeber nicht ins Lager des Konkurrenten Türkei getrieben werden.
Bierhoff weiter "zwiegespalten"
Deshalb äußert sich auch Bierhoff, der dem Wettbewerb zunächst kaum etwas abgewinnen konnte, mittlerweile moderater. "Ich bin da immer ein bisschen zwiegespalten", sagte der Europameister von 1996 zuletzt beim Neujahrsempfang der DFL: "Auf der einen Seite müssen wir schauen, dass wir es mit den Wettbewerben nicht übertreiben. Aber auf der anderen Seite werden das interessante Spiele. Die Fans wird das freuen, die Partien bekommen eine höhere Bedeutung."
Das sehen die Bosse in der Bundesliga etwas anders. Die großen Klubs befürchten eine noch höhere Belastung ihrer Spieler. Nach Ansicht von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge von Rekordmeister Bayern München "braucht keiner" die Nations League. Ebenso deutlich wurde Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund: "Wir haben schon genug Wettbewerbe."
Ex-DFB-Präsident Niersbach stimmte gegen die Nations League
Die UEFA erwartet sich rund zwei Milliarden Euro aus der Zentralvermarktung des Wettbewerbs, der die Länderspiele außerhalb der WM- und EM-Qualifikation ersetzen soll.
Die frühere DFB-Spitze um Ex-Präsident Wolfgang Niersbach hatte im Jahr 2014 gegen die Einführung gestimmt - obwohl die Nations League ein Lieblingskind des damaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini war.
Anreiz nur für kleinere Fußballnationen gegeben
Der Modus ist knifflig. Es gibt vier Ligen (A bis D), die jeweils in vier Gruppen unterteilt sind. In der "Liga A", in der Deutschland spielt, gibt es vier Dreiergruppen. Nach den Doppelspieltagen im September, Oktober und November ermitteln die vier Gruppensieger der "Liga A" bei einem Finalturnier im Juni 2019 den Sieger der Nations League.
Deutschland ist in Topf 1 gesetzt. Eine Gruppe mit Frankreich und den Niederlanden ist genauso möglich wie eine mit der Schweiz und Island.
Der Anreiz der Nations League besteht allerdings eher für die kleinen Nationen, da 4 der 24 Tickets für die EM-Endrunde 2020 über den neuen Wettbewerb vergeben werden. Die 16 Gruppensieger aller Ligen von A bis D ziehen in die Play-offs (Modus wie beim Finalturnier) im März 2020 ein.
Sollten sich die Gruppensieger bereits über die normale Quali ihren EM-Start gesichert haben, rücken die Nächstplatzierten nach. Jede Liga - auch die Liga D mit den ganz kleinen Nationen - wird am Ende also einen EM-Teilnehmer generieren.
Zudem will die UEFA die Nations League dadurch aufwerten, dass die Setzlisten für künftige Quali-Auslosungen (EM und WM) auf dem Abschneiden in dem neuen Wettbewerb basieren soll. Deutliche Verbesserungen oder Verschlechterungen in der Setzliste wird es durch die Auf- und Abstiegsregelung geben. Die vier Gruppenletzten steigen ab, die vier Gruppensieger steigen auf.
Doch damit nicht genug. Bei der UEFA gibt es Planspiele einer weltweiten Nations League - quasi als Ersatz für den Confed Cup.