"Ist es kein Rassismus, wenn ein deutscher Politiker auf Facebook schreibt: 'Die deutsche Fußball-Nationalelf: 25 Deutsche und zwei Ziegenficker?' So etwas muss man als Rassismus benennen", sagte Gündogan in einem Interview mit derWAZ über die verbalen Entgleisungen eines SPD-Politikers im Vorfeld der WM in Russland.
Allerdings stellte Gündogan klar: "Trotzdem bedeutet das nicht, dass alle Menschen in Deutschland Rassisten sind - überhaupt nicht. Ich habe mein Leben lang fast ausschließlich gute Erfahrungen in Deutschland gemacht. Das will ich hier ganz klar sagen. Aber es gibt Leute, die das entstandene Foto für sich politisch genutzt haben. Und in diesem Zusammenhang wurde dann auch teilweise die Grenze zum Rassismus überschritten."
Gündogan: Bierhoff stand immer hinter mir
Nach der Weltmeisterschaft wurden auch die DFB-Verantwortlichen um Präsident Reinhard Grindel, Teammanager Oliver Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw massiv für ihr Krisenmanagement in der Erdogan-Affäre kritisiert. Auch Gündogan findet, "dass man mit der Situation besser hätte umgehen können". Gleichzeitig stellte der gebürtige Gelsenkirchener klar, dass es innerhalb der Mannschaft deshalb aber keine Probleme gegeben habe.
"Im Trainingslager sind Mesut und ich zu Oliver Bierhoff gegangen. Ihn schätze ich sehr, und er stand immer hinter mir. Wir haben ihm gesagt, dass wir jederzeit gesprächsbereit sind, sollte es Fragen oder Redebedarf innerhalb der Mannschaft oder bei den Betreuern geben. Wir haben angeboten, uns mit jedem, der das im Team will, über die Thematik insgesamt zu unterhalten. Oliver Bierhoff hat dieses Angebot in einer Mannschaftssitzung auch vorgetragen", so Gündogan.
Es habe dann beim Essen vereinzelte Fragen von Spielern zu diesem Thema gegeben, meinte der Mittelfeldspieler von Manchester City weiter: "Und wir haben darüber gesprochen. Innerhalb der Mannschaft, glaube ich deshalb, hätte man nicht mehr machen können. Dass sich nicht jeder von den Spielern und Funktionären öffentlich vor uns gestellt hat, kann ich verstehen. Jeder hatte auch Angst, etwas Falsches zu sagen. Ich habe das nie verlangt. Dass wir beide mit zur WM gefahren sind, zeigt mir aber, dass die Mannschaft hinter uns stand. Der Mannschaftsrat hätte das sonst sicher angesprochen."
Gündogan: Özil? "Ich hätte es anders gemacht"
Im Gegensatz zu Özil stand für Gündogan ein Rücktritt aus dem DFB-Team nie zur Debatte. "Mir ist es wichtig, mit 27 Jahren nicht aufgrund einer schwierigen Phase, die ich persönlich durchlaufen habe, alles hinzuwerfen. Die WM war leider ein großer Misserfolg. Doch es geht für mich nicht allein um Wiedergutmachung: Ich bin nach wie vor stolz, für Deutschland aufzulaufen. Ich weiß auch, was ich dem DFB in meiner Karriere zu verdanken habe", erklärte Gündogan.
Özils Entscheidung finde er "sportlich gesehen sehr schade", meinte Gündogan: "Er hat sehr viel für den deutschen Fußball getan. Es ist ein Verlust für die Mannschaft. Mesut hat auch sehr viel für mich persönlich getan. Er war einer der Gründe, warum ich für Deutschland spielen wollte. Er hat den Weg für mich geebnet."
Und weiter: "Man muss jedoch auch sagen, dass es Mesuts Entscheidung war, so zu gehen - mit allen Konsequenzen. Ich hätte es anders gemacht - weil ich von der Persönlichkeit anders bin. Ich wollte mich damals auch sofort zu dem Thema äußern und das nicht auf mir sitzen lassen. Deshalb war es auch meine Idee, den Austausch mit unserem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu suchen."