Löw hat sich dabei emotional und mit intensiver Gesellschaftskritik zu Wort gemeldet. Der Bundestrainer rief sichtlich angefasst zur Mäßigung im Kapitalismusdenken und zu mehr Empathie auf. "Die Welt hat ein kollektives Burn-out erlebt. Die Erde scheint sich ein bisschen zu wehren gegen den Menschen, der immer denkt, dass er alles kann und alles weiß."
In den vergangenen Jahren hätten weltweit "Machtgier, Profit und Rekorde" im Vordergrund gestanden. "Das Tempo, das wir vorgegeben haben, war nicht mehr zu toppen", betonte Löw. Verheerende Brände in Australien oder Ebola in Afrika "haben uns nur am Rande berührt. Jetzt haben wir etwas, was die ganze Menschheit betrifft, und merken, was wirklich zählt: Freunde, Familie und Respekt füreinander." Die Corona-Pandemie habe die Welt "fest im Griff, und nichts ist mehr, wie es vorher war".
Präsident Keller zitierte zum Auftakt der gemeinsamen Videoschalte den Klassiker "Über den Wolken" von Reinhard Mey: "Was uns gestern noch wichtig und richtig erschien, ist heute nichtig und klein." Keller rief zur Solidarität in der Gesellschaft auf und passt die Planung des Verbandes von Tag zu Tag an.
"Im DFB haben wir Notstand", sagte Verbandsdirektor Bierhoff, "wir haben alle nach Hause geschickt und überlegen, welche Reisen man machen muss. Die meisten Mitarbeiter sind im Home Office."
DFB: Die Pressekonferenz mit Joachim Löw, Oliver Bierhoff und Fritz Keller im Liveticker zum Nachlesen
15.54 Uhr: Löw weiter: "Ich hatte die letzten Wochen vor der großen Krise Kontakt mit den Spielern, vor allem mit Sane und Süle, aber auch anderen Spielern, weil Länderspiele anstanden. Aber in den nächsten Wochen werde ich weiter mit ihnen Kontakt stehen, fragen, wie sie sich fühlen."
15.51 Uhr: Auf die Fragen von Kerry Hau, Nationalmannschaftsreporter für SPOX und Goal, hinsichtlich der psychologische Komponente sagt Löw: "Der psychologische Aspekt und die Betreuung unserer Spieler war für uns immer schon eine ganz wichtige Angelegenheit. Ein Sportpsychologe geht auf individuelle Probleme ein. Wir haben immer gesagt, dass wir tolerant miteinander umgehen. Das war immer wichtig und wird auch in Zukunft wichtiger sein. Wir haben in unserem Stab gute Leute, um unsere Spieler auf Situationen des Spitzensports und des Lebens vorzubereiten."
15.47 Uhr: Löw über Vor- und Nachteile der EM-Verschiebung: "Ich kann es nicht bewerten. Natürlich haben wir im letzten Jahr einen Umbruch eingeleitet. Wir haben schon auch mit sehr vielen Veränderungen zu tun gehabt. Manche Spieler brauchen aber noch, ein, zwei, drei Jahre, deshalb könnte das ganz gut sein. Das Einspielen hat nicht immer reibungslos geklappt. Wir hätten noch ein paar Spiele gehabt. Wir hätten diese auch sinnvoll genutzt. Unsere jungen Spieler werden sich noch entwickeln, sie stehen noch nicht am obersten Level. So gesehen haben wir sicherlich im nächsten Jahr noch mehr Zeit. Wir haben den Vorteil, dass verletzte Spieler wie Niklas Süle oder Leroy Sane wieder zurückkommen können. Ich war positiv auf die EM eingestimmt, habe in der Mannschaft viel Ehrgeiz und Hunger gespürt. Ich habe eine Freude auf die EM gespürt und ein unsichtbares Band, das uns zusammenhält. Wir müssen das Beste daraus machen, damit alle gesund aus der Krise kommen. Wir müssen den richtigen Schub aufnehmen. Es gibt so viele Unwägbarkeiten."
15.45 Uhr: Gehaltsverzicht auch bei Löw und Bierhoff und Kurzarbeit beim DFB? "Die genannten Herren sind schon auf uns zugekommen und haben das angeboten. In der Not müssen wir auch beim DFB Kurzarbeit anmelden", sagt Keller.
15.38 Uhr: Thema Solidarität innerhalb des Fußballs: "Wir müssen überlegen, wie wir Hilfemaßnahmen schnüren. Es heißt, wir müssen mit dem, was übrig bleibt, den Job von vielen Hauptamtlichen und die Strukturen erhalten", sagt Keller. Bierhoff dazu: "Es ist ein komplexes Thema. Es heißt: ein gemeinsames Ziel haben. Dazu ist notwendig, Mittel und Wege finden, damit die mit wirklichen Problemen auch wieder Fuß fassen können." Die wirtschaftliche Lage einiger Vereine und Klubs "ist teilweise dramatisch", so Bierhoff. Keller ergänzt: "Es sind nicht nur kleine Vereine, sondern auch Bundesliga-Vereine gefährdet. Wir als DFB haben gut daran getan, Rücklagen aufzubauen. Wir wissen aber nicht, wie unsere Einnahmen aussehen in Zukunft. Wir können aber auf ein kleines Polster setzen." Das bestätigt auch Bierhoff: "Wir haben für solche Fälle vorgesorgt und sind abgesichert. Wir müssen aber abspecken und einsparen. Das große Projekt Zukunft mit der DFL wird man überarbeiten müssen. Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen."
15.33 Uhr: Löw über eine Mannschaftssitzung des DFB-Teams: "Im Moment ist das nicht geplant. Ich denke, dass jeder Einzelne auch paar andere Gedanken und Sorgen hat. Alle trainieren individuell. In den nächsten Wochen werde ich Kontakt zu allen Spielern im erweiterten Kader aufnehmen. Im Juni sollen die Länderspiele dann nachgeholt werden, es sind Termine anberaumt." Ohne Zuschauer? "Wenn sie stattfinden, kann es sein, dass sie ohne Zuschauer sind. Dann können die Leute zuhause Fußball gucken. Manchmal muss man auch ungewöhnliche Wege gehen", sagt Keller.
15.31 Uhr: Löw sagt, er ist mit den Handlungen der Politik sehr zufrieden: "Es bewegt sich vieles in die richtige Richtung. Die Vorgaben sind sehr, sehr wichtig. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass alle achtsam miteinander umgehen. Man ist bestrebt, älteren Leute einfach auch zu helfen. Es wird mehr kommuniziert - das finde ich erfreulich. Die Menschen unserer Gesellschaft gehen in diesen Tagen sehr aufmerksam miteinander um."
15.29 Uhr: Wie kam es zur Spende des DFB-Teams in Höhe von 2,5 Millionen Euro? Bierhoff dazu: "Gerade in der Krise, ist es wichtig zu kommunizieren. Wir wollten Kontakt zu den Spielern haben. Ich habe den Wunsch, etwas zu tun, genau gesehen. Es gab Einigkeit, dass wir ein Zeichen setzen wollen. Wir haben Kraft, etwas zu sagen und wirtschaftlich auch etwas zu bewegen." Als beteiligte Spieler nennt Bierhoff Manuel Neuer, Marc-Andre ter Stegen, Toni Kroos, Josua Kimmich und Ilkay Gündogan, Neuer habe dann Kontakt zu den anderen Spielern aufgenommen.
15.27 Uhr: Wie wirkt sich aktuelle Situation auf die Protagonisten aus? "Die sozialen Kontakte sind eingeschränkt. Ich gehe so wenig wie möglich nach draußen, nur zum Spazieren oder Fahrradfahren", sagt Löw. Bierhoff fügt an: "Wir haben im Notstand alle Leute nach Hause geschickt. Ich überlege, welche Reise ich noch machen muss und führe acht bis zehn Stunden Telefon- und Videokonferenzen."
15.25 Uhr: Die Fragerunde für die Journalisten ist eröffnet. Wie könnte die aktuelle Situation den Fußball verändern? Löw: "Jeder Einzelne muss beweisen, dass wir uns wandeln können und auch anders können. Wir müssen in Zukunft noch respektvoller miteinander umgehen. Welche Auswirkungen das auf den Fußball hat, kann ich nicht sagen. Es ist gut, dass alles mal etwas entschleunigt wird. Wann wird die Liga starten, wann wird der Fußball wieder beginnen? Das wird man sehen, man muss von Tag zu Tag schauen. Das hat uns alles ein bisschen überfahren."
15.20 Uhr: Zu guter letzt äußert sich Löw: "Vor einigen Tagen haben wir uns noch auf die Endphase der Saison, auf die Entscheidungen und wir beim DFB auf die Länderspiele gegen die Top-Nationen Spanien und Italien gefreut. Und wir waren voller Ehrgeiz und großtmöglicher Motivation, diese EM vorzubereiten. Es hätte ein Fest werden sollen, mit einer deutschen Nationalmannschaft, die alles versucht hätte, die Fans in Deutschland zu begeistern. Nun hat die Corona-Krise das Land fest im Griff. Aus meiner Sicht ist die Entscheidung, die EM ausfallen zu lassen, völlig richtig und alternativlös. Die letzten Tage haben mich sehr beschäftigt und nachdenklich gestimmt. Der Mensch denkt immer, dass er alles weiß und alles kann. Die Welt hat ein kollektives Burnout erlebt, aber die Erde stemmt sich gegen das Tempo. Das war nicht mehr zu toppen. Macht, Gier und Profit standen im Vordergrund. Umweltkatastrophen wie in Australien haben uns nur am Rande berührt. Wir müssen jetzt auf wichtige Dinge schauen. Wir sind in einer Zeit, wo wir feststellen, dass Nachdenken und tiefes Nachdenken über Aktionismus stehen. Jetzt haben wir etwas erlebt, was alle betrifft, die gesamte Menschheit und stellen fest, was wirklich zählt. Familie, Freunde und Menschen. Darauf müssen wir nun in erster Linie schauen. Es ist wichtig, dass wir Menschen aufeinander schauen, hilfsbereit sind und uns an die Regeln halten, die vorgegeben sind. Das steht im Moment über dem Fußball. Wir müssen helfen, wo auch immer es geht."
15.15 Uhr: Jetzt Bierhoff: "Wir alle kennen die Situation und sind schockiert und alarmiert. Der Sport muss jetzt in den Hintergrund treten muss." Bierhoff sagt, seine ganze Direktion sei im Homeoffice. "Ich hatte Kontakt mit Spielern und den Betreuern und wir haben sofort beschlossen, dass wir eine Soforthilfe von 2,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen wollen. Für mich waren die letzten Wochen bewegt und mit viel Unsicherheit geprägt. Wir hatten unsere Planungen stündlich verändert. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt war klar, dass wir in den Hintergrund treten müssen. Ab einem gewissen Punkt war es für mich alternativlos, dass die Europameisterschaft verschoben werden muss." Dies sei für die Nationalmannschaft "kein großes Problem". Bierhoff schließt wie folgt: "Die Frage ist, wie geht es jetzt weiter? Wie können wir als Land diese Situation meistern?"
15.10 Uhr: Keller legt los: "Was uns gestern noch wichtig und richtig erschien, ist heute nichtig und klein. Jetzt sind Solidarität und Verzicht im Sinne der gefährdeten Menschen angesagt. Wir hatten gestern eine Videokonferenz mit 55 Ländern, in der einstimmig beschlossen wurde, dass die EM um ein Jahr verschoben wird. Es gibt für die nationalen Ligen Raum. Ich habe in sehr besorgte und entsetzte Gesichter meiner Kollegen aus Italien und Spanien geblickt. Dort kollabiert ein System, der Fußball tritt absolut in den Hintergrund. Wir müssen möglichst lange unser Gesundheitssystem schonen. Wir müssen jetzt alle solidarisch sein und uns an Regeln halten. Wir müssen Zeit gewinnen. Wir haben innerhalb kürzester Zeit 80.000 Spiele abgesagt. Für 2500 Spieler und Spielerinnen bedeutet das, die Füße still zu halten. Damit haben wir einen großen Beitrag geleistet, um die Infektionskette zu unterbinden. Wir müssen aber auch noch vorne und in Szenarien denken. Alles, was wir heute planen, kann morgen schon überholt sein. Wir wollen die Zukunft nutzen, um Lösungen zu erarbeiten. Wichtig ist, dass wir die Struktur von 25.000 Vereinen erhalten. Immerhin arbeiten hier 250.000 Vollzeitkräfte. Wir haben heute beschlossen, die Regional- und Landesverbände strukturell und finanziell zu unterstützen. Es geht jetzt nicht um Ideologien oder Vereinsfarben, auch nicht um Schuldzuweisungen. Der Verzicht ist die beste Maßnahme."
15.04 Uhr: Es geht los, Präsident Keller hat auf dem Podium Platz genommen. Löw und Bierhoff sind zugeschaltet. 20 sozusagen akkreditierte Redaktionen sind eingeladen, um sich an der PK zu beteiligen.
Vor Beginn: Solidarische haben sich die deutschen Nationalspieler bereits gezeigt und via Instagram mitgeteilt, 2,5 Millionen Euro an gemeinnützige Zwecke zu spenden. Weitere Einzelheiten dazu gibt es hier.
Vor Beginn: Herzlich willkommen zur Pressekonferenz des DFB. Joachim Löw, Oliver Bierhoff und Fritz Keller werde sich ab 15 Uhr den Fragen der Journalisten und Medienvertreter stellen.
DFB-Team: Die kommenden Spiele
Datum | Gegner | Wettbewerb |
abgesagt | Spanien | Freundschaftsspiel |
abgesagt | Italien | Freundschaftsspiel |
31.05.2020 | Schweiz | Nations League |
03.09.2020 | Spanien | Nations League |
06.09.2020 | Schweiz | Nations League |