Joachim Löw vor DFB-Abschied: "Ich hätte darauf gewettet, dass Jogi in der Türkei endet"

Roland Eitel war langjähriger PR-Berater von Joachim Löw.
© imago images / Sportfoto Rudel

Beim Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Liechtenstein wird Joachim Löw offiziell verabschiedet. Roland Eitel, langjähriger PR-Berater des Weltmeistertrainers von 2014, blickt im Gespräch mit SPOX und Goal auf dessen Zeit beim DFB zurück - und verteidigt ihn.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die allgemeine Kritik, Löw habe einige Jahre zu spät sein Amt als Bundestrainer niedergelegt, müsse "differenziert" betrachtet werden.

"Beim DFB sind in den vergangenen Jahren einige Dinge schief gelaufen, an denen Jogi Löw gar keinen Anteil hatte. Da war ja teilweise mehr Unruhe als bei Schalke 04", sagt Eitel, der dem Coach bis nach der WM 2014 beruflich zur Seite stand. "Dass dann auch mal ein Turnier daneben gehen kann wie die WM 2018 in Russland, das kann passieren. Es ist schade, dass Jogi so viele Dinge angehängt werden, mit denen er wenig bis nichts zu tun hatte - sei es der Wirbel um Mesut Özil, der Ärger im Präsidium oder die Wahl von Trainingslagern oder Hotels."

Löw sei ein "Fußball-Lehrer", der sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger und ehemaligen Vorgesetzten Jürgen Klinsmann "nie berufen" gesehen habe, "große politische Dinge im Verband" zu bewegen. "Wenn Oliver Bierhoff sagt, wir nennen die Nationalmannschaft jetzt "Die Mannschaft" oder gehen ins Trainingslager nach Watutinki, wehrt sich Jogi nicht, sondern lässt ihn machen. Jogi kann schlecht Nein sagen. Wenn Sie ihn auf der Straße treffen und nach einem Interview fragen, kann er schlecht Nein sagen. Oder nach ein paar Fotos, wie 2018 an der Strandpromenade von Sotschi. Aber ist das überhaupt eine Schwäche?"

Damals hatte Löw sich an einer Laterne lehnend von einem Fotografen ablichten lassen - und erntete daraufhin in der Presse und in den Sozialen Medien viel Hohn und Spott.

"Nein" sagen konnte Löw offenbar auch nicht nach dem Höhepunkt WM-Triumph 2014. "Er ist ein sehr loyaler Mensch. Hatte der DFB damals, im Juli 2014 überhaupt Alternativen? Er konnte ja auch nicht einfach einen Trainer aus der Bundesliga oder aus dem Ausland aus seinem Vertrag kaufen."

Eitel: "Jogi fühlt sich in vielen Ländern wohl"

Abgesehen davon habe Löw es trotz aller Unruhen im Verband und von außen immer wieder geschafft, die Mannschaft zusammenzuhalten. "Hansi Flick hat vor kurzem gesagt, dass Jogi den Druck immer auf sich genommen hat. Das trifft es ziemlich gut. Es ist ein riesiger Verdienst von Jogi, den Druck nie auf andere abzuladen. Diese Unaufgeregtheit zeichnet ihn aus und ist eine Fähigkeit, die viele Trainer nicht haben", sagt Eitel und fügt an: "Deshalb hat es auch in schwierigen Phasen keinen Bruch zwischen ihm und der Mannschaft gegeben."

Beim Duell mit Liechtenstein in Wolfsburg soll Löw nach 17 Jahren beim DFB offiziell verabschiedet werden. "Nicht die allergrößte internationale Bühne", findet auch sein früherer PR-Berater. Aber das werde Löw nicht tangieren. Der 61-Jährige sei ganz sicher "völlig" mit sich und seiner Zeit beim DFB "im Reinen".

Wie es für Löw nun weitergeht? Nach eigenen Angaben will sich der ehemalige Angreifer Zeit für sich nehmen. Ein Karriereende ist aber nicht vom Tisch.

"Ich hätte früher viel Geld darauf gewettet, dass Jogi mal in der Türkei Nationaltrainer wird. Jogi hatte immer einen guten Draht zur Türkei, seine eine Saison als Trainer von Fenerbahce war klasse. Er hat eine besondere Beziehung zu dem Land", sagt Eitel.

"Gut vorstellbar" sei aber auch ein Engagement bei einer anderen Nationalmannschaft. "Jogi fühlt sich in vielen Ländern wohl. Wichtig sind gute Voraussetzungen. Er hätte auch da seinen Spaß und würde cool bleiben, ganz bestimmt."

Artikel und Videos zum Thema