"Benchmarks gesetzt": Bundestrainer Julian Nagelsmann ernennt neues Kapitäns-Trio - klare Nummer 1 im DFB-Tor

Julian Nagelsmann verkündete seinen WM-Plan in der EM-Wohlfühloase gut erholt und voller Tatendrang. Mit dem neuen Kapitän Joshua Kimmich und Marc-Andre ter Stegen als Nummer eins im Tor soll die deutsche Fußball-Nationalmannschaft 2026 in Nordamerika zum fünften Stern stürmen - das waren die wichtigsten, allerdings auch erwartbaren Entscheidungen des Bundestrainers 647 Tage vor dem Start der nächsten Titel-Mission. Nagelsmann kommunizierte sie bei seiner "Regierungserklärung" in Herzogenaurach angriffslustig - und hatte auch ein paar kleine Überraschungen parat.

In seiner weißen Trainingsjacke mit auffälligem Stehkragen, die er später ablegte, begann er aber mit den Personalien, mit denen die Fußball-Nation gerechnet hatte. "Josh war einer der drei Kapitäne bei der EM, daher ist es logisch, dass er Kandidat Nummer eins war und ist für die Nachfolge von Ilkay Gündogan", sagte Nagelsmann über seinen neuen Boss Kimmich und schwärmte: "Er ist ein Vorbild für die gesamte Gruppe, der immer Vollgas gibt, immer trainieren will, manchmal zu viel, der immer voran geht und bei der EM als Rechtsverteidiger eine Benchmark gesetzt hat." Deshalb werde Kimmich diese Position auch behalten.

Der Profi von Bayern München ist die Spitze eines neuen Dreigestirns mit den Vertretern Antonio Rüdiger und Kai Havertz. Darüber hinaus berief Nagelsmann Jonathan Tah, Pascal Groß, Niclas Füllkrug und ter Stegen in den neuen Mannschaftsrat. "Das ist ein guter Mix an Spielern, die einen guten Draht haben zu ihren Mitspielern", sagte Nagelsmann. Die neue Führungsriege sei "sehr glücklich" über ihre Berufung, "sie sind alle ganz heiß, ihre Rollen gut auszufüllen".

Auch und vor allem ter Stegen, "die klare Nummer eins, verdientermaßen", wie der Bundestrainer betonte: "Er hat über mehrere Jahre hinaus seine Leistung gebracht."

59 Tage nach dem dramatischen EM-Aus im Viertelfinale gegen Spanien präsentierte sich Nagelsmann im Raum "Halftime" bei Partner adidas gewohnt positiv. Er habe "gewisse Lehren" aus der EURO gezogen, sagte er nach einer "inhaltlichen Analyse" vor dem Neustart in der Nations League gegen Ungarn am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) in Düsseldorf. "Wir haben schon den Anspruch, dass es mehr wird, das ist unser Antrieb: Das Kindliche, ich spiele 'Mensch ärgere Dich nicht' um zu gewinnen."

Das große Titel-Ziel hatte Nagelsmann schon nach der bitteren Niederlage gegen den späteren Europameister ausgegeben. "Dass man zwei Jahre warten muss, dass man Weltmeister wird, tut weh", sagte er damals. 2026 wird er als erster Bundestrainer seit Joachim Löw 2014 ohne einen einzigen Weltmeister in ein Turnier gehen - außerdem mit einer neuen Achse und Hierarchie.

An deren Spitze steht nach den Rücktritten von Kapitän Gündogan sowie der Rio-Weltmeister Manuel Neuer, Thomas Müller und Toni Kroos nun Kimmich - wer sonst? Der 29-Jährige hat die meisten Länderspiele aller verfügbaren Profis absolviert (91), führte die DFB-Auswahl schon sieben Mal als Kapitän aufs Feld und war bisher wie Müller Stellvertreter.

Nicht nur Sami Khedira sieht in Kimmich den "idealen Nachfolger" für Gündogan. Der Bayern-Profi ist seit acht Jahren Stammkraft - wenn auch auf wechselnden Positionen. Erst bei der EM spielte er sich rechts hinten fest. Hinter ihm legt der "ewige" Ersatzmann ter Stegen das Kronprinzen-Etikett endlich ab und rückt nach zwölf Jahren in Neuers riesigem Schatten zum Stammtorhüter auf. Sein 41. Länderspiel gegen Ungarn wird sein erstes als gesetzte Nummer eins.

Nach dem Start in die Nationenliga am Samstag kommt es drei Tage darauf in Amsterdam zum Duell mit den Niederlanden. Nagelsmann berief für den Doppelpack 20 EM-Fahrer in seinen 23er-Kader, in dem Rüdiger (Schonung) und Leroy Sane (nach Verletzung) fehlen. Der Stuttgarter Angelo Stiller ist der einzige Neuling.

Dass ihm das erfahrene Quartett um Gündogan fehlen wird, nannte Nagelsmann übrigens "sehr, sehr schade". Er sprach von "vier bedeutenden Spielern, die eine große Historie beim DFB und eine tragende Rolle bei der EM gespielt haben". Die Tür zur DFB-Elf, betonte er, sei für keinen der Stars "zu".

© getty

DFB-Team: Die Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann vor dem Auftakt in der Nations League gegen Ungarn und die Niederlande im Liveticker zum Nachlesen

Nagelsmann über den Dank an die Fans: "Wir wollen, wenn es möglich ist, den Fans ein bisschen was bieten. Am Sonntag wird es eine öffentliche Einheit geben, zu der wir die Fans herzlich einladen. Da wollen wir uns für die gute Unterstützung während der EM bedanken."

Nagelsmann über Paul Wanner: "Ich kenne ihn gut aus der Zeit beim FC Bayern. Er hat eine gute Entwicklung genommen. Er macht das seht gut. Ein Spieler mit sehr großem Potenzial. Er ist beim DFB in der Zukunft eingeplant. Wann er zur A-Nationalmannschaft stößt, liegt ein Stück weit auch an ihm. Ich habe ihm damals bei den Bayern gesagt, was ich von ihm verlange. Frank macht es in Heidenheim mit diesen Spielern weltklasse. Paul wird das sehr gut tun. Möglicherweise wird er dann einen weiteren Anruf von mir erhalten."

Nagelsmann über den Testfaktor: "Natürlich werden in den Spielen auch Spieler zum Einsatz kommen, die während der EM nicht oder zu wenig gespielt haben. Aber die drei Punkte stehen über allem. Aufgrund der nicht gefestigten Rollen ist die Chance für die Spieler größer."

Nagelsmann über sein Fazit nach einem Jahr: "Ich glaube, dass das Pflänzchen schon eine Hecke ist, aber noch recht zart ist. Wir wollen die Sandburg nicht schon wieder einreißen. Wir werden sicherlich auch mal ein Spiel verlieren und den Gegner nicht aus dem Stadion schießen. Aber wir haben es geschafft, die Leute zurück zur Nationalmannschaft zu holen. Das wollen wir auch weiterhin tun. Es wäre schön, wenn jemand, der nicht jedes Mal die Bundesliga anschaut, die Nationalmannschaft weiter verfolgt und stolz ist, uns spielen zu sehen."

Naglesmann über den Zustand des Landes: "Ich glaube damals in der PK habe ich gesagt, wie ich es mir wünschen würde in diesem Land. Das war viel und emotional. Die gleiche Meinung habe ich auch nach wie vor. Ich werde nicht jedes Mal eine Rede zur Nation zu halten. Das sollen die machen, die den Leuten etwas zu sagen haben."

Nagelsmann über die neue Rolle von Kimmich: "Ich hab es vorhin schon einmal kurz angeschnitten. Er ist tatsächlich zunächst einmal rechts hinten eingeplant. Aber das kann sich ändern. Generell bleibt er hinten rechts, weil er das während der EM sehr gut gemacht hat und wir ihn dort gut brauche können."

Nagelsmann über die Kroos-Nachfolge: "Pascal Groß ist sicherlich jemand, der das gut machen kann. Mit Angelo Stiller und Aleksadar Pavlovic gibt es auch Spieler mit einem ähnlichen Profil. Ich habe aber nicht den Anspruch, dass jemand Toni Kroos 1:1 ersetzt. Auch er hatte Dinge, die er nicht so gut könnte. Man muss nicht genau das Gleiche machen wie Toni. Wir wollen keinen in eine Schablone pressen. Jeder soll das machen, was er gut kann."

© getty

Nagelsmann über Angelo Stiller: "Die Nachfolge von Toni Kroos sind große Fußstapfen. Das will ich ihm zu Beginn noch nicht aufbürden. Aktuell gibt es wenig Bewertungen aus der aktuellen Saison, weil noch nicht viel gespielt wurde. Darum bleibt der EM-Kader größtenteils zusammen. Im Oktober kann es Veränderungen geben, falls der ein oder andere in guter Form ist. Angelo hat es im Stuttgarter Spiel sehr gut gemacht. Er war letztes Jahr schon sehr nah dran. Deshalb hat er es verdient, sich mal zu zeigen. Außerdem dürfen wir nur noch 20 statt 23 Spieler nominieren."

Nagelsmann über neue Vorgehensweisen: "In diesem Lehrgang werden wir Dinge eher verfestigen als viel Neues ausprobieren. Auch weil viele Spieler gerade ein wenig überfordert sind in den ersten Wochen bei ihren Vereinen. Wir wollen vielleicht ein wenig variabler werden in der Spieleröffnung. Aber wir wollen es nicht verkomplizieren. Wo wir besser werden wollen ist das schnellere, geradlinigere Spiel nach vorne. Auch bei Standards wollen wir einen draufpacken. Das werden wichtige Punkte werden."

Nagelsmann über die Mannschaftseinteilung: "Wir haben es im Vergleich zur EM ein wenig umgestellt. Es gibt immer noch eine Rolle, diese ist aber nicht mehr einem Spieler zugeteilt. Es wird die Rolle geben, dass ein Spieler für ein Spiel eine gewisse Position stamm spielt und andere Spieler als Auswechselspieler eingeplant sind. Dann wird es auch die Rolle geben, dass man in beiden Spielen überhaupt nicht zum Einsatz kommt. Aber wir wollen natürlich schon einen Stamm haben und nicht so viel experimentieren. Jeder weiß, dass es nicht mehr die extrem vorgefertigten Rollen gibt, sondern das Ganze offener ist. Das hat uns während der EM geholfen und muss auch so bleiben. Das Profil der Rolle bleibt das gleiche, auch wenn die Spieler sich abwechseln werden.

Nagelsmann über die Gefühle nach dem EM-Aus: "So ein Event wie die Heim-EM triggert extrem. Spiele sind dafür da, um sie zu gewinnen. Profifußballern unterstellt man oft, dass sie keine Lust hätten, gegen kleine Teams zu spielen. Man will immer gewinnen. Das ist der Schlüssel. Wir müssen ein gewisses Selbstverständnis da rein bringen. Die Nations League hat keinen Einfluss auf die WM-Quali. Wegen dem Handspiel gegen Spanien: Da hatte ich gar keinen so großen Frust. Ich finde das müßig, darüber zu diskutieren. Wir hätten das auch unabhängig davon gewinnen können oder müssen. Unterm Strich haben wir eine gute EM gespielt, es war aber nur das Viertelfinale. Da müssen wir und verbessern. Wenn ich ein Spiel spiele, dann darf es nicht egal sein, ob wir gewinnen oder verlieren. Sonst kann ich auch auf der Couch sitzen bleiben."

Nagelsmann über Kimmich: "Ich habe keinen engeren Draht zu ihm als zu anderen. ich habe gelesen, dass ich Weihnachten mit ihm verbracht hätte. Das stimmt nicht. Er ist aber sehr offen und direkt. Auch auf dem Platz macht er hier und da Klamauk. Das meint man gar nicht von ihm. Dieser Mix macht es aus. Andererseits gehört auch die sportliche Bewertung dazu, die ich als sehr gut befinde."

Nagelsmann über die Torwart-Frage: "Marc-André (ter Stegen) ist die neue Nummer eins. Er ist schon mehrere Jahre Kapitän in Barcelona und dort die klare Nummer eins. Das ist er auch bei uns. Dahinter möchte ich den Konkurrenzkampf nicht künstlich aufheizen. Oliver Baumann hat in der vergangenen Saison sehr gut gespielt und auch während der EM einen guten Eindruck hinterlassen. Auch Alexander Nübel hat letztes Jahr in Stuttgart gute Leistungen gezeigt. Der Kampf dahinter ist, auch mit Kevin Trapp und Bernd Leno, offen. Wichtig ist, dass die Nummer eins feststeht."

© getty

Nagelsmann über die Kimmich-Wahl: "Das Wichtige ist, dass wir ihn auswählen. Das ist auf Verbandsebene immer ein wenig schwierig. Es ist wichtig, dass wir als Trainer bestimmen. Er ist derjenige, der die Mannschaft auf dem Platz und gegenüber dem Trainerteam vertritt. Wir haben versucht Spieler auszuwählen, die einen gute Draht zu allen anderen Spielern haben. Es darf aber jeder kommen, der kein Kapitän ist. Das ist nicht so wie bei den Schiedsrichtern. Josh war schon während der EM einer der Kapitäne. Er ist einer, der immer Vollgas gibt, nie müde wird und voran geht. Er hat bei der EM auf seiner Position auch Benchmarks gesetzt. Er ist stolz dieses Amt zu bekleiden. Und das auch zurecht."

Nagelsmann über den neuen DFB-Kapitän: "Die neuen Kapitäne sind Joshua Kimmich auf eins, Antonio Rüdiger auf zwei und Kai Havertz auf drei. Ich glaube, dass wir, was dieses Amt betrifft, einen guten Mix haben. Ich glaube, wir haben das gut ausgewählt. Sie sind heiß, ihre Rollen anzunehmen."

Nagelsmann über die DFB-Rücktritte: "Vier bedeutende Spieler sind zurückgetreten, die alle eine große Historie beim DFB haben und eine tragendeRolle bei der EM hatten. Man merkt als Trainer nach einer EM aber recht schnell, dass es in dem Alter passieren kann. Man merkt auch, wie gewisse Spieler denken. Wir haben ihnen den nötigen Raum gegeben nachzudenken. Das hat man auch bei den Statements gemerkt, dass sie sich überlegt hatte, was das richtige ist. Ich hatte mit Ihnen aber sehr gute Gespräche. Zunächst mit Thomas (Müller), dann mit Manuel (Neuer) und Ilkay (Gündogan). Es ist den Spielern nicht leichtgefallen. Das ist sehr transparent und emotional abgelaufen. Ich akzeptiere und verstehe die Entscheidung. Aber die Tür hier ist nie zu. Wenn die drei herausragende Leistungen bei ihren Klubs zeigen, dann können sie immer zurück."

Vor Beginn: Ah, da ist er. Jetzt kann es losgehen.

Vor Beginn: Es verzögert sich wohl noch um wenige Minuten. Nagelsmann lässt noch auf sich warten.

Vor Beginn: Mit Spannung wird vor allem die Klärung der Kapitäns-Frage erwartet. Ilkay Gündogan beendete als bisheriger Spielführer erst vor kurzem seine Karriere im DFB-Team. Als Favorit für seine Nachfolge gilt Joshua Kimmich.

Vor Beginn: Um 14.30 Uhr wird sich der Bundestrainer den Fragen der Journalisten stellen.

Vor Beginn: Hallo und herzlich Willkommen zum Liveticker der Pressekonferenz des DFB-Teams mit Julian Nagelsmann vor den Spielen in der Nations League gegen Ungarn und die Niederlande.

© getty

DFB-Team: Die Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann vor den Spielen gegen Ungarn und die Niederlande im Liveticker - Die Infos zur Nations League

• Viertelfinale: 20. bis 25. März 2025
• Halbfinale: 4. und 5. Juni 2025
• Spiel um Platz 3: 8. Juni 2025
• Finale: 8. Juni 2025

DFB-Team in der Nations League: Spielplan, Termine, Zeitplan, Matches