Vor 7467 Zuschauern im Estadio Algarve brachte Andre Schürrle das DFB-Team nach einer knappen halben Stunde in Führung (28.). Zuvor war Kapitän Bastian Schweinsteiger mit einem an Jonas Hector verursachten Elfmeter an Gibraltars Schlussmann Jordan Perez gescheitert.
Der noch in der ersten Hälfte für den angeschlagenen Mario Götze eingewechselte Max Kruse (47.) und Ilkay Gündogan (51.) sorgten mit einem Doppelschlag nach Wiederanpfiff für die Entscheidung - und eröffneten das Scheibenschießen. Karim Bellarabi (57.), noch zwei Mal Schürrle zum Hattrick (65./71.) und erneut Kruse (81.) schossen den 7:0-Kantersieg heraus.
Nach dem Schützenfest zieht die DFB-Elf wieder an Schottland vorbei und belegt mit nunmehr 13 Zählern den zweiten Platz in der Gruppe A. An der Spitze thront nach wie vor Polen, das gegen Georgien ebenfalls einen torreichen Sieg feierte.
Die Reaktionen:
Joachim Löw (Bundestrainer): "Mit der ersten Halbzeit waren wir alle nicht zufrieden, vor allem mit der Chancenverwertung. Da machen wir uns das Leben selbst schwer. Das war an der Grenze zur Arroganz. In der zweiten Halbzeit waren wir dann konsequenter und konzentrierter. Ich bin in der Pause etwas deutlicher geworden. Dass wir uns selbst zu wenig belohnen und fahrlässig mit den Möglichkeiten umgehen, war ja zuletzt schon ein Thema."
David Wilson (Nationaltrainer Gibraltar): "Das war unsere beste Leistung in den bisherigen sechs Qualifikationsspielen. Wir hatten auch das Gefühl, dass wir heute ein Tor machen können, es hat leider nicht geklappt. Aber es ist unglaublich, wie viele Torchancen wir hatten. Wir haben dem Weltmeister Probleme bereitet, das ist ein großer Schritt für uns."
Der Spielfim:
Vor dem Anpfiff: Gibraltar-Coach David Wilson muss auf Abwehr-Routinier Wiseman verzichten. Auch Artell und Bardon starten im Vergleich zum 1:6 gegen Schottland nicht. Das Trio wird ersetzt von Garcia, Gosling und Kyle Casciaro.
Jogi Löw tauscht das DFB-Team nach der 1:2-Pleite gegen die USA ebenfalls auf drei Positionen durch. Im Tor erhält Weidenfeller den Vorzug vor Zieler, für mehr offensive Durchschlagskraft ersetzt der Bundestrainer Mustafi und Rüdiger mit Bellarabi und Boateng.
5.: Was ist denn hier los? Die erste ganz dicke Chance gehört den Gastgebern. Walker schaltet nach einem Ballverlust der Deutschen im Mittelfeld schnell um und packt aus gut 25 Metern den Hammer aus. Hauchzart dreht sich das Geschoss am Pfosten vorbei!
9.: Garcia geht links im Sechzehner ungestüm gegen Hector in den Zweikampf - Schiri Pisani zögert keine Sekunde und zeigt auf den Punkt! Schweinsteiger tritt an, scheitert mit seinem lässigen Versuch aufs rechte Eck aber an Keeper Perez. Ganz schwach geschossen...
28., 0:1, Schürrle: Götze spitzelt den Ball in die Spitze, Casciaro kommt als letzter Mann zwar vor Schürrle an den Ball, legt sich die Kugel aber zu weit vor und verliert das Leder. Der Wolfsburger ist links vollkommen blank und schiebt am recht eigenwillig positionierten Torwart zur Führung ein.
31.: Das darfst du niemandem erzählen! Fürchterliches Missverständnis in der deutschen Innenverteidigung zwischen Boateng und Hector. Gosling kommt aus sieben Metern frei vor dem Tor zum Abschluss, schafft es aber tatsächlich, Weidenfeller anzuschießen. Das muss das der Ausgleich sein!
36.: Götze hat bei der Vorbereitung zur Führung einen Schlag abbekommen, für den Münchner geht's nicht weiter. Kruse kommt für ihn in die Partie.
44.: Unfassbar, was für eine Doppelchance! Erst profitiert Özil von einem Schnitzer von Garcia, scheitert frei vor Perez aber mit einem unglaublich lustlosen Abschluss. Doch es geht sofort weiter: Nach einer ganz starken Kombination über Özil und Kruse will Herrmann aus wenigen Metern einschieben - doch Perez packt einen unmenschlichen Reflex aus und rettet!
47., 0:2, Kruse: Der Joker sticht! Nach einer weiten Flanke von Boateng ist Özil am langen Pfosten vollkommen blank und legt den Ball direkt in die Mitte. Schweinsteiger rutscht ins Leere, doch Kruse drückt ihn rein.
51., 0:3, Gündogan: Kurioses Ding! Kruse will aus dem Zentrum auf Herrmann durchstecken, doch Gündogan - der die Kugel eigentlich durchlassen will - nimmt des Leder unfreiwillig mit und steht plötzlich alleine vor Perez. Der Noch-Dortmunder bleibt cool und schiebt rechts unten ein.
55.: Schweinsteiger verliert die Kugel als letzter Mann an Lee Casciaro - doch auch er schafft es, blank vor Weidenfeller am BVB-Keeper zu scheitern. Der Schlussmann leitet das Leder über den Querbalken!
57., 0:4, Bellarabi: Perez will eine Ecke verhindern, legt den Ball aber rechts Özil vor die Füße. Pass in die Mitte, Abschluss Bellarabi ins lange Eck - das geht zu einfach! Erstes Tor im National-Dress für den Leverkusener!
65., 0:5, Schürrle: Der Nächste, bitte! Gündogan geht mit einem feinen Solo links in den Strafraum, Perez kann den Abschluss nur nach vorne abwehren - und Schürrle staubt ab.
71., 0:6, Schürrle: Der Wolfsburger schnürt den Hattrick! Klasse Steilpass von Podolski, den Özil vor Perez nach rechts legt - und den Schürrle nur noch einschieben muss.
81., 0:7, Kruse: Wahnsinns-Kombination der Deutschen! Nach mehreren hohen Bällen zieht Kruse aus 14 Metern volley ab - und tunnelt Perez!
Fazit: Dank einer Leistungssteigerung in Durchgang zwei gibt's noch einen Kantersieg für das DFB-Team, das aber vor allem in der Form der ersten Hälfte gegen jeden anderen Gruppengegner Probleme bekommen könnte.
Der Star des Spiels: Andre Schürrle tat sich in der oft zu verspielten Offensive als Finisher hervor. Erzielte die Führung, machte bis zur 71. Minute einen Hattrick komplett und lieferte sogar noch einen Assist. Sieben Abschlüsse waren DFB-Höchstwert, zwei drittel gewonnene Zweikämpfe für einen Angreifer mehr als ansehnlich.
Der Flop des Spiels: Jean Carlos Garcia war wie seine Nebenmänner in der Abwehr mit den Kombinationen der Deutschen heillos überfordert. Bot auf seiner rechten Abwehrseite riesige Lücken und sah gegen Bellarabi meist nur die Rücklichter. Insgesamt mit nur gut einem Viertel gewonnener Zweikämpfe und einigen gefährlichen Ballverlusten mehr als am Limit gegen den Weltmeister.
Der Schiedsrichter: Clayton Pisani (Malta) leitete sich persönlich wenig Fehler und ließ vor der deutschen Führung gut den Vorteil laufen. Wurde jedoch mehrfach von seinen Assistenten bei Abseitsentscheidungen im Stich gelassen.
Das fiel auf:
- Mit Hector und Boateng schickte Bundestrainer Löw genau zwei Verteidiger auf den Platz, die restlichen Positionen im 3-5-2 besetzten nur gelernte Mittelfeldspieler. Die Folgen - neben der logischen Dominanz gegen die Auswahl an Halbprofis - waren zunächst aber nicht nur positiv. Während sich die DFB-Kicker um Gibraltars Strafraum teilweise auf den Füßen standen, ließen die Weltmeister in der Defensivarbeit große Lücken und erlaubten den Gästen mehrfach gefährliche Vorstöße.
- Generell überraschten die couragierten Gibraltarer die eine Halbzeit lang enorm lustlosen DFB-Kicker mit aggressiven Pressing, einer besseren Zweikampfquote und frechem Umschaltspiel. Vor dem Tor agierten die Gastgeber allerdings fast schon panisch und verballerten beste Möglichkeiten. Gegen jeden anderen Gruppengegner wäre dieses Defensivverhalten nicht gut gegangen.
- Auf den Flügel war Gibraltar vor allem über die deutsche linke Seite enorm anfällig und bot große Lücken an. Die fleißig die Seiten wechselnden Herrmann und Bellarabi nutzten das immer wieder aus, wobei vor allem der gegen die USA so starke Gladbacher diesmal keine großen Akzente setzen konnte.
- Mit Max Kruse im Sturmzentrum und einem etwas zurückgezogenen Schweinsteiger, der fast einen Innenverteidiger gab, stabilisierten sich die Weltmeister im zweiten Durchgang und präsentierten sich nach dem Pausentee kombinationssicherer, nicht mehr so verspielt und zielstrebiger.
Gibaltar - Deutschland: Daten zum Spiel