DFB-Team mit zwei Gesichtern gegen die Schweiz: Gefundenes Fressen für die Boateng-Hummels-Fraktion

Die deutsche Defensive überzeugte gegen die Schweiz nicht.
© imago images / Horstmüller

Viertes Spiel, drittes Unentschieden: Die deutsche Nationalmannschaft kommt in der Nations League nach wie vor nicht auf Touren. Beim 3:3 gegen die Schweiz (die Highlights im Video) erweist sich die Defensive auch in einem anderen System als großes Sorgenkind. Joachim Löw blickt trotzdem zuversichtlich in die Zukunft.

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Dass Manuel Neuer als Schlussmann das ein oder andere Kommando gibt, ist nicht außergewöhnlich. So viele wie am Dienstagabend in Köln waren aber zumindest unter Geisterspielbedingungen nur selten von ihm zu hören.

"Zu tief, zu tief", hallte es vor allem in der Schlussphase mehrere Male durch das Kölner Stadion. "Rückt raus, Männer!"

Neuer war spürbar unzufrieden mit der Positionierung seiner Vorderleute, wenn die Gäste aus der Schweiz wieder einmal das deutsche Mittelfeld überbrückt hatten und ins letzte Drittel eingedrungen waren. Ein Blick auf die Anzeigetafel nach dem Schlusspfiff verriet, warum. Mit 3:3 trennte sich die DFB-Elf von dem kleinen Nachbarn, der an diesem Dienstagabend gar nicht so klein erschien.

DFB-Defensive löchrig wie ein Schweizer Käse

Hauptgrund dafür war die löchrig wie ein Schweizer Käse daherkommende deutsche Defensive, die Bundestrainer Joachim Löw vor dem Spiel zwar mit der Rückkehr zur Viererkette taktisch umjustiert hatte, wie aber schon in den Partien zuvor zu nachlässig agierte und teilweise eklatante Stellungsfehler beging.

Insbesondere die bei allen drei Gegentoren direkt involvierten Innenverteidiger Matthias Ginter und Antonio Rüdiger hatten sichtlich Probleme, sich untereinander, aber auch mit ihren Nebenleuten Lukas Klostermann (rechts) und Robin Gosens sowie dem später eingewechselten Marcel Halstenberg (links) abzustimmen.

Hinzu kam, dass die aus den Jubilaren Toni Kroos (100. Länderspiel) und Joshua Kimmich (50. Länderspiel) bestehende Doppelsechs in einigen Situationen wenig dafür tat, den Raum vor der Abwehr ausreichend genug abzusichern, wodurch selbst ungefährlich erscheinende Angriffsversuche der Schweizer bisweilen unangenehm wurden.

Trotz Abwehrproblemen: Löw sieht "wirklich Potenzial"

"Wir waren defensiv nicht immer gut geordnet", bilanzierte Löw. "Da müssen wir in der Kommunikation besser werden." Auch Kroos attestierte der Mannschaft, "defensiv nicht gut" agiert zu haben. "Beim ersten und dritten Gegentor haben wir sehr mitgeholfen", sagte der Profi von Real Madrid über den Doppelpack des früheren Bundesliga-Profis Mario Gavranovic (5., 56.) und ignorierte dabei, dass er das zwischenzeitliche 2:0 der Schweiz durch Remo Freuler (26.) mit einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung überhaupt erst ermöglicht hatte.

Weder der Routinier noch der Bundestrainer wollten aber zu sehr mit der Mannschaft ins Gericht gehen. Man habe sich schließlich bewusst für eine riskante Mann-gegen-Mann-Spielweise entschieden und abgesehen davon viel zu wenige Trainingseinheiten zusammen absolviert. "Wir befinden uns in einem Prozess. Und zu einem Prozess gehören auch Fehler", sagte Löw und verwies auf das seiner Meinung nach Positive: die Moral, sich nach drei Rückständen zurück gekämpft zu haben, sowie die Offensivleistung insgesamt.

Die Treffer durch Timo Werner (28.), Kai Havertz (55.) und Serge Gnabry (60.) seien teils "sehr ansehnlich" herausgespielt worden. "Diese Mannschaft hat wirklich Potenzial, sie strahlt Energie aus", lobte Löw. "Und man sieht auch, dass sie Fortschritte machen möchte."

DFB-Team: Schweinsteiger fordert "Wortführer"

Eine Ansicht, die Ex-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger teilt. "Wir haben durch die Systemumstellung einen Offensivspieler mehr auf dem Platz gehabt, es war mehr Spielfreude da als zuletzt", resümierte der Weltmeister von 2014 in seiner Rolle als ARD-Experte.

Was am Ende aber auch bei ihm hängen blieb, war das schwache Abwehrverhalten, das einen alles andere als zur europäischen Elite zählenden Kontrahenten zum Toreschießen einlud. Es war die sechste Partie in Folge ohne weiße Weste. Eine Partie, die als gefundenes Fressen für diejenigen durchgehen dürfte, die sich die ausgebooteten Jerome Boateng und Mats Hummels zurück ins Team wünschen.

Schweinsteiger selbst hatte Boateng übrigens schon im Rahmen des 2:1-Auswärtssiegs in der Ukraine ins Gespräch gebracht. Und nach dem Duell mit der Schweiz verdeutlichte er: "Wir haben in den letzten drei Länderspielen sieben Gegentore bekommen, davon sechs in diesem Stadion. Daran muss man arbeiten, um eine Chance bei der Europameisterschaft zu haben. Mir fehlt hinten ein Wortführer, einer, der dirigiert und das Heft in die Hand nimmt." Einer außer Neuer.

DFB-Team: Die nächsten Länderspiel-Termine

DatumGegnerWettbewerbOrt
11. November 2020TschechienTestspielLeipzig
14. November 2020UkraineNations LeagueLeipzig
17. November 2020SpanienNations LeagueSevilla
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