"Wir sollten keine Menschen sein"

Thomas Müller lieferte gegen England eines seiner schwächeren Länderspiele ab
© getty

Thomas Müller ist beim FC Bayern seit Wochen in überragender Form, in der Nationalmannschaft erlaubte er sich beim 2:3 gegen England mal ein etwas schwächeres Spiel. Der Angreifer sprach in der Mixed Zone sehr ehrlich über Motivationsprobleme als Grund für die Niederlage.

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Frage: Herr Müller, warum hat die Mannschaft eine 2:0-Führung gegen England in der Schlussphase noch aus der Hand gegeben?

Thomas Müller: Wir sind das ganze Spiel über nicht aus dem Testspielbetrieb rausgekommen, waren zu passiv und haben als Mannschaft nicht das abgeliefert, was wir leisten sollten. Man muss von uns verlangen, dass wir auch in dieser Partie an die 100 Prozent kommen, aber das haben wir nicht geschafft, vor allem als es um die unangenehmen Defensivaufgaben ging. Das geht vorne los und da nehme ich mich selbst auch nicht aus. Es gab Szenen, in denen man das Gefühl hatte, man macht einen Schritt weniger anstatt den Gegner aggressiv anzulaufen. Das ist aus meiner Sicht die Erklärung, warum es am Ende nicht gereicht hat. Ausreden gibt's da nicht.

Frage: Welche Erklärung haben Sie, dass Sie aus dem Testspielmodus nicht rausgekommen sind?

Müller: Man ist auch nur ein Mensch und weiß, dass es ein Testspiel ist. Solange es gut geht, ist alles in Ordnung. Dass es nicht so sein sollte, habe ich schon betont.

Frage: Welchen Einfluss hatte die etwas komische Atmosphäre im Stadion?

Müller: Es war schon still, aber habe mich nicht mit der Atmosphäre beschäftigt. Ich kann auch nicht sagen, wie das Spiel auf der Tribüne anzuschauen war.

Frage: Erst in der zweiten Hälfte hat die Partie Fahrt aufgenommen. Warum konnte die Mannschaft England in der Schlussphase nicht mehr stoppen?

Müller: Die Engländer haben zwar in der EM-Quali wenig Tore kassiert und verteidigen als Mannschaft kompakt, aber ich sehe ihre Stärken eher in der Offensive. Die ist mit technisch guten und schnellen Spieler sehr gut besetzt.

Frage: England stellte im Aufbauspiel weit vorne zu. Hatten Sie diese Ausrichtung erwartet?

Müller: Wir hatten nicht erwartet, dass sie sich am eigenen Sechzehner verschanzen. Was England gespielt hat, würde ich gemäßigtes Pressing nennen. Wir haben von Beginn an versucht, flach von hinten rauszuspielen, das ist uns über große Teile gut gelungen, auch wenn es ein bisschen lang gedauert hat, bis wir dann wirklich den Weg nach vorne gefunden haben. Die Räume für England sind entstanden, weil die Offensivspieler vorne draufgehen wollten und die hinten nicht so genau wussten, ob sie auch mit draufgehen sollten.

Frage: Kann es sein, dass die Mannschaft auch in einem gewissen Weltmeistermodus hängt und eine Sättigung eingetreten ist?

Müller: Sobald man auf dem Platz steht, ist der Sportsgeist in einem da. So abgestumpft sind wir dann doch noch nicht. Am wichtigsten im Hinblick auf die EM wird sein, dass wir in der Vorbereitung gut arbeiten. Da kann man als Mannschaft inhaltlich und konzeptionell arbeiten und da wird der Grundstein gelegt.

Frage: Um mal etwas Positives anzusprechen...

Müller: ... Es war nicht alles schlecht, wir waren 2:0 vorne gegen England, das wirklich ein gutes Team ist. Durch das 2:3 stehen wir mit der Niederlage etwas blöd da und müssen nun Fragen beantworten.

Frage: Ich wollte eigentlich auf Mario Gomez hinaus.

Müller: Er hat ein super Tor gemacht und grundsätzlich gut gearbeitet. Das sehe ich auch positiv.

Frage: Was wird die wichtigste Aufgabe in der Vorbereitung auf das Spiel am Dienstag in München gegen Italien?

Müller: Wir müssen versuchen, aus dem Testspielmodus rauszukommen und gieriger auf den Sieg sein. Wir dürfen es nicht so über uns ergehen lassen und schauen, was passiert. Nach dem 2:0 haben wir vielleicht noch einen Gang zurückgeschaltet und gedacht, darauf können wir uns jetzt ausruhen. Das ist irgendwo menschlich, aber wir sollten keine Menschen sein.

Deutschland - England: Daten zum Spiel