Die deutsche Nationalmannschaft hat vor dem EM-Auftakt am 15. Juni Selbstvertrauen getankt. Im letzten Testspiel behauptete sich die Elf von Joachim Löw mit 7:1 (5:0) gegen Lettland (die Partie im LIVETICKER zum Nachlesen). Bei Robin Gosens war die Freude über seinen ersten Länderspiel-Treffer besonders groß.
"Da ist mir einer abgegangen. Ein geiles Gefühl", sagte der Linksverteidiger, der das 1:0 besorgt hatte, in einer virtuellen Medienrunde nach dem Abpfiff.
"Es hat sich gut auf dem Platz angefühlt. Wenn ich ein bisschen zurückdenke, ist es schon länger her, dass ein deutlicher Sieg dabei war", freute sich auch Thomas Müller über den Sieg. Müller selbst hatte eines der sieben Tore erzielt und zwei weitere vorbereitet. Er wusste die Qualität des Gegners aber auch gut einzuordnen. "Frankreich", so der Routiner am RTL-Mikrofon, "ist eine andere Hausnummer als Lettland."
Der Bundestrainer zeigte sich mit dem Auftritt in Düsseldorf ebenfalls zufrieden. "Größtenteils" sei es ein Spiel nach seinem Geschmack gewesen, das Gegentor habe ihn jedoch "geärgert".
"In der ersten Halbzeit hatten wir sehr viel Tempo nach vorne, gute Laufwege und gute Pressingsituationen. In der zweiten Halbzeit ging etwas das Tempo raus, das lag vielleicht an der Trainingswoche. Die Tempointensität muss noch mehr gesteigert werden, dann ist es für nächste Woche in Ordnung", urteilte der Bundestrainer.
Gut möglich, dass dann dieselbe Elf auf dem Rasen stehen wird wie gegen Lettland. "Natürlich war es heute wichtig, dass wir uns ein bisschen einspielen. Aber ob das die Mannschaft ist, die gegen Frankreich spielen wird, weiß ich heute noch nicht. Ein Großteil wird aber spielen", verriet Löw.
Deutschland - Lettland: Die Analyse
Löw setzte gegen den 138. der Weltrangliste erneut auf eine Dreierkette, veränderte sein Team gegenüber dem 1:1 gegen Dänemark in Innsbruck jedoch auf vier Positionen: Rüdiger, Kroos, Gündogan und Havertz rückten für Süle, Klostermann, Neuhaus und Sane in die Startelf.
Hieß auch: Kimmich agierte erstmals seit der WM 2018 wieder auf der Position des rechten (offensiven) Außenverteidigers. Der Profi des FC Bayern musste aber nicht viel nach hinten arbeiten, weil die Gäste ausschließlich damit beschäftigt waren, ihr Tor zu verteidigen. Das funktionierte eine knappe Viertelstunde sogar sehr ordentlich. Danach aber wurde der Druck der Deutschen zu groß, die vor allem über die linke Seite immer wieder Dampf machten.
Folgerichtig war es Gosens, der nach einer mustergültigen Hereingabe des überall zu findenden Havertz den Ball zum 1:0 versenkte (19.). Gündogan mit einem satten Linksschuss (21.), Müller mit seinem ersten Länderspieltor seit März 2018 (27.) sowie ein Eigentor des lettischen Keepers Ozols (39.) und Gnabry nach einer tollen Außenrist-Vorlage von Hummels (45.) sorgten noch vor der Pause für klare Verhältnisse.
Die Letten erwiesen sich für die variabel und mit gutem Positionsspiel agierende Löw-Elf als hervorragender Aufbaugegner, den knapp 1000 Zuschauern in der Düsseldorfer Arena bot sich Einbahnstraßenfußball. Daran änderte sich auch nach dem Seitenwechsel wenig. Die mit Beginn der zweiten Hälfte eingewechselten Werner (50.) und Sane (76.) schraubten den Spielstand in die Höhe. Die Letten kamen durch einen Fernschuss von Saveljevs (75.) zumindest noch zu einem Ehrentreffer.
Für die Deutschen war es der höchste Sieg seit dem 8:0 gegen Estland am 11. Juni 2019. Ein Sieg fürs Selbstvertrauen - den man angesichts der Qualität des Gegners aber auch nicht überbewerten sollte.
Deutschland - Lettland: Die Aufstellungen
Deutschland: Neuer - Ginter, Hummels, Rüdiger (61. Süle) - Kimmich, Kroos, Gündogan (61. Can), Gosens (61. Günter) - T. Müller (76. Musiala) - Havertz (46. Werner), Gnabry (46. Sane)
Lettland: Ozols - Fjodorovs, Cernomordijs, Oss (46. Tarasovs), Jurkovskis - Karklins (61. Krollis), Emsis, J. Ikaunieks (46. Maksimenko), Zjuzins (68. Saveljevs), Ciganiks (68. Jaunzems) - Uldrikis (80. Varslavans)
Deutschland - Lettland: Die Daten des Spiels
Tore: 1:0 Gosens (19.), 2:0 Gündogan (21.), 3:0 Müller (27.), 4:0 Ozols (ET, 39.), 5:0 Gnabry (45.), 6:0 Werner (50.), 6:1 Saveljevs (75.), 7:1 Sane (76.)
- Für Müller war es der 26. verschiedene Gegner, gegen den er im Nationaltrikot traf - nur Michael Ballack, Miroslav Klose (je 35), Jürgen Klinsmann (31) und Lukas Podolski (30) hatten gegen mehr verschiedene Gegner genetzt.
Nach der WM 2018 war Gnabry in 20 Länderspielen an 19 Toren direkt beteiligt (13 Tore, 6 Vorlagen) - klarer Bestwert aller DFB-Spieler (auf Rang 2 folgt Havertz mit 11 Scorerpunkten).
- Erfahrung pur: Mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren und 339 Tagen war es die älteste deutsche Startelf seit über 19 Jahren. Im März 2002 war die Startelf in einem Testspiel gegen die USA 28 Jahre und 355 Tage alt.
Der Star des Spiels: Robin Gosens (Deutschland)
Die stärkste Performance des Profis von Atalanta Bergamo im DFB-Trikot - nicht nur wegen seines ersten Länderspieltreffers. Gosens bot sich immer wieder über die linke Seite an und initiierte so viele Angriffe. Bereitete auch das 3:0 durch Müller mit einer starken Hereingabe in den Rücken der lettischen Abwehr vor.
Der Flop des Spiels: Raivis Andris Jurkovskis (Lettland)
Lettlands Linksverteidiger war mit Kimmich und Co. völlig überfordert. Mit zehn Ballverlusten produzierte Jurkovskis die meisten aufseiten der Gäste. Der Profi des irischen Klubs Dundalk gewann zudem nur 30 Prozent seiner Zweikämpfe.
Der Schiedsrichter: Nikola Dabanovic (Montenegro)
Hatte keinerlei Schwierigkeiten, die Partie zu leiten. Grundsolide Vorstellung.