DFB-Team: Ohne Party keinen Kater

Deutschland ist mit einem 3:0-Sieg in die WM-Quali gestartet
© getty

Das DFB-Team startet mit einem Dreier in Norwegen souverän in die Qualifikation zur WM 2018 in Russland. Der holprige Start nach einem großen Turnier, wie zuletzt nach der WM 2014, bleibt somit aus. Dabei war sich das Team selbst nicht sicher, wie weit es bereits ist. Einzig die Leistung von Mario Götze trübt die Stimmung und entfacht eine alte Diskussion.

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Mehrere Wochen nach der EM war von Joachim Löw nichts zu hören, nichts zu sehen und vergleichsweise wenig zu lesen. Wie gewöhnlich nach großen Turnieren zog sich der Bundestrainer zurück und rekapitulierte das zurückliegende Turnier. Am vergangenen Montag trat Löw schließlich erstmals wieder vor die Presse und stellte seitdem mal wieder seine penetrante Ausdauer unter Beweis.

Als wäre er eine Woche lang mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Gegend marschiert, predigte er in jedem Interview und bei jedem Pressetermin gebetsmühlenartig, was für Gefahren bei einem Quali-Auftakt herrschen.

Das Team sei aufgrund des Bundesligastarts herzlich unsortiert und die eigene Fehleranalyse nach dem Turnier habe der Stab auch noch nicht abgeschlossen. Man bekam das Gefühl nicht los, dass dem Bundestrainer das Spiel gegen Norwegen zeitlich so überhaupt nicht in den Kram passte und er es eigentlich nur irgendwie über die Bühne bringen wollte.

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Denn eine ähnliche Situation wie noch vor zwei Jahren sollte tunlichst vermieden werden. "Dieses Mal möchte ich nicht so eine durchwachsene Quali haben, wie es die letzte vielleicht war. Unsere Erwartungen sind klar an die Mannschaft gerichtet", so Löw vor dem Spiel. Damals folgte auf die rauschende WM-Feier ein verkorkster Start in die EM-Quali mit nur vier Punkten aus den ersten drei Spielen. Jetzt, vor dem WM-Quali-Start, war man sich selbst im eigenen Lager über den aktuellen Leistungsstand nicht wirklich im Klaren. "Wir wussten selbst auch nicht genau, wo wir überhaupt stehen", erklärte Thomas Müller nach dem Spiel.

"Wir haben das gut gemacht"

Bereits nach 15 Minuten wischte das deutsche Team jedoch sämtliche Zweifel weg. Müller selbst sorgte nach einigen Wacklern in der Defensive für die frühe und beruhigende Führung. Als Joshua Kimmich mit seinem ersten Länderspieltor im siebten Spiel kurz vor der Pause nachlegte, sah man zumindest imaginär den Zeigefinger des Bundestrainers abknicken und verschwinden. Bereits zur Pause war das Spiel in trockenen Tüchern. Deutschland schaltete im zweiten Durchgang in den Verwaltungsmodus und schaukelte die drei Punkte souverän nach Hause. Anders als vor zwei Jahren legte das DFB-Team einen blitzsauberen Start in die Quali hin. Einen Kater sucht man nach dem EM-Aus vergebens.

"Wir haben das gut gemacht und sehr souverän gespielt. Norwegen war heute nicht der stärkste Gegner, aber auch weil wir gut gestanden und denn Ball gut laufen gelassen haben", erklärte ein erleichterter Bundestrainer nach dem Spiel. Dass der Sieg für den weiteren Verlauf der Quali durchaus von großer Bedeutung sein kann, zeigt der Blick auf die kommenden Aufgaben.

Zwei Heimspiele bieten Chancen

Dank des Dreiers kann Deutschland die direkte Konkurrenz noch in diesem Jahr auf Distanz bringen. Mit Tschechien und Nordirland reisen im Oktober die restlichen zwei Mannschaften nach Deutschland, die noch einen ernsthaften Anspruch auf die WM haben. Mit zwei Heimspielen und einem Pflichtdreier in San Marino hätte der DFB also noch 2016 die Chance, die vom Bundestrainer geforderte Marschroute zu befolgen und in der Gruppe "von Beginn an" vorne weg zu marschieren.

Natürlich kommt es dem DFB-Team dabei zugute, dass sie in einer der einfachsten Quali-Gruppen überhaupt gelandet sind. Während sich die Spanier mit Italien und die Niederländer mit Frankreich herumschlagen müssen, sprang für Deutschland aus dem gut besetzten Topf zwei "nur" Tschechien heraus. Für den Weltmeister eine durchaus machbare Aufgabe. Zwar erklärt Löw in der Öffentlichkeit stets, dass es ihm wichtig ist, dass sich sein Team am Ende der Quali nicht wieder strecken müsse, doch insgeheim dürfte der Bundestrainer schon drei bis vier Schritte weiter denken.

Löw-Agenda steht

Der perfekte Quali-Start hat für den Bundestrainer vor allem eine solch hohe Bedeutung, da er sich somit mehr den eigentlichen Themen auf seiner Agenda widmen kann. Löw hat die einzelnen Spiele zwar im Blick, doch vielmehr als drei Punkte im Auftaktspiel zählen der Zwei-Jahres-Zyklus und die damit verknüpften Baustellen, die er abarbeiten will. Taktisch sind das vor allem das Umschaltspiel und die Chancenverwertung.

Hinzu kommt die Einbindung neuer und junger Spieler. "Vermehrt" wolle er in den nächsten zwei Jahren auf sie setzen, erklärte Löw nach dem Finnland-Testspiel. Dass mit Julian Brandt, Julian Weigl und Max Meyer nun gleich drei Youngster im Kader standen und letztlich sogar eingewechselt wurden, kann als deutliches Zeichen gewertet werden.

Götze-Leistung trübt Stimmung

Einzig die Leistung von Mario Götze warf einen leichten Schatten auf den gelungenen Auftritt des deutschen Kollektivs. Der Dortmunder hing an vorderster Front komplett in der Luft und war kaum in Aktionen eingebunden. Noch zur Halbzeit hatte er gerade einmal sieben Ballaktionen. Er sei wichtig für die Mannschaft und gehe weite Wege, war unisono aus der Mannschaft zu hören.

Auch Götze selbst winkte ob der aufkommenden Kritik an ihm ab: "Wenn der Gegner tief steht, ist es schwer, an Bälle zu kommen." Dennoch kochten im Anschluss an die Partie wieder die Diskussionen um die falsche und die echte Neun hoch. Das DFB-Team kam häufig über den Flügel und stieß nicht selten bis zur Grundlinie durch. In der Mitte fehlte jedoch zu oft der Abnehmer.

Akut interessieren wird Löw das eher nicht. Er wird das in seine To-Do-Liste aufnehmen und in den kommenden Tagen und Wochen bearbeiten. Doch nun haben sowohl der Coach als auch die Mannschaft zunächst einmal Zeit, sich zu ordnen. Das Spiel, das irgendwie gewonnen werden musste, wurde gewonnen. Die nächste Aufgabe findet erst in rund einem Monat statt. Bis dahin sollte alles etwas geordneter sein. Eines ist jedoch jetzt schon klar. Der Zeigefinger des Bundestrainers wird rechtzeitig wieder nach oben gehen.

Norwegen - Deutschland: Daten zum Spiel