Der Tod oder die Gladiolen. Louis van Gaal benutzt diese holländische Redewendung sehr gerne, fast geht er einem damit schon auf die Nerven. Auch am Dienstag hieß es wieder: der Tod oder die Gladiolen.
Klar geht es im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den FC Schalke 04 für den FC Bayern um viel. Zum einen geht es um den Nachweis, dass die Nahtoderfahrung gegen Borussia Dortmund "nur" ein Ausrutscher war.
Zweitens hätte man mit einem Erfolg gegen Schalke den letzten großen Stolperstein auf dem Weg zum zweiten DFB-Pokalsieg in Folge aus dem Weg geräumt. In keinem Wettbewerb sind die Münchner den Gladiolen so nah.
Van Gaal über das Pokalspiel
"Ich habe noch kein Pokalspiel verloren, oder? Aber die Chance rückt näher, dass man mal verliert", übte sich van Gaal am Dienstag im Wahrscheinlichkeitsrechnen. Die Gefahr: auch der Gegner steht unter Druck. "Ein Klub wie Schalke will sich immer für den europäischen Wettbewerb qualifizieren will und das wird schwer, wenn sie verlieren", erklärte der Coach.
Van Gaal hat das Phänomen eines schwer einzuschätzenden Kontrahenten einst so beschrieben: "Eine Katze in einem engen Raum macht komische Sprünge."
Schalke ist schwer auszurechnen, das Ligagesicht ein anderes als in den Pokalwettbewerben - man kennt das beim FC Bayern. Auch dessen Lage ist prekär: Der DFB-Pokal dient nach dem Aus im Meisterschaftsrennen als Trostpflaster.
Doch scheidet der FCB gegen Königsblau aus, würde sich die "schwierige und gefährliche Situation" (Sportdirektor Christian Nerlinger), in der Bayern in der Liga steckt, verschlimmern. Van Gaal weiß: "Meine Mannschaft muss das gewinnen."
Was passiert, wenn Bayern verliert?
Van Gaal gibt sich da betont gelassen. Ja, er spüre noch das uneingeschränkte Vertrauen des Vorstandes. Das sei ihm auch beim obligatorischen Treffen am Montag zugesichert worden. Alle Nachfragen zum Thema erstickt der Bayern-Trainer im Keim.
Sein Credo: "Ich denke, dass man erst nach der Saison eine Beurteilung abgeben kann. Okay, wir können nicht mehr Meister werden, aber wir können noch viel gewinnen. Ich glaube daran - und die Spieler glauben auch daran."
Van Gaal über Schweinsteiger und Badstuber
In den wenigen Tagen seit dem 1:3 gegen Dortmund ging es für van Gaal vor allem um mentale Aufbauarbeit. In zwei Trainingseinheiten konnte man nicht viel ändern, die Niederlage versuchte der Coach mit Einzelgesprächen aus den Köpfen der Spieler zu bekommen.
Ob Bastian Schweinsteiger dabei besondere Zuwendung bekam, verriet van Gaal nicht. Nach dessen kleinem Waterloo gegen Dortmund hob der Coach jedoch hervor, dass er nach wie vor ein "Weltklassespieler" sei, vor allem in Ballbesitz.
Dass es Schweinsteiger trotz seiner Fehler am Ende auf die Bestmarke von 121 Ballkontakten brachte, rechnete ihm sein Trainer hoch an. "Es ist sehr stark, dass er sich weiter anspielen lässt, ich finde das unglaublich. Er hat sich nicht versteckt und er ist deswegen sehr wichtig für uns", sagte er.
Holger Badstuber wäre ein weiterer Sorgenfall. Auch van Gaal dürfte aufgefallen sein, dass die Defensive der Bayern gegen Inter und Dortmund sicherer stand, als der Nationalspieler von seinen Aufgaben als Innenverteidiger entbunden war.
Ob Badstuber gegen Schalke eine weitere Bewährungschance erhält, ist laut van Gaal abhängig davon, ob er "Breno oder Gustavo im Vergleich mit Badstuber für dieses Spiel als geeigneter ansehe". Mehr verriet der Niederländer nicht.
Van Gaal über das Duell Kraft vs. Neuer
Um Thomas Kraft macht sich van Gaal keine Gedanken. Im hochstilisierten Duell Thomas Kraft gegen Manuel Neuer vertraut der Trainer auf die Coolness des 22-Jährigen.
"Ich glaube nicht, dass ihn die Situation überfordert, weil er sehr ruhig ist. Das ist seine größte Qualität - seine ruhige Ausstrahlung", sagt van Gaal. Bisher habe er seine Sache "ziemlich gut gemacht, aber wir müssen abwarten. Dass er gegen Inter gut war, ist schön, aber er muss das jede Woche wiederholen und das ist nicht so einfach."
Dass er Neuer neulich lobend erwähnt hatte, wollte van Gaal indes nicht als Sinneswandel oder gar als Hinweis auf eine Verpflichtung verstanden wissen. Neuer sei ein guter Torwart und er würde sich prinzipiell immer freuen, wenn ein guter Torwart bei Bayern unterschreiben würde.
Und da Jörg Butt nach der Saison den Posten des Nachwuchskoordinators übernähme, bräuchte man einen weiteren starken Keeper.
"Ich will immer doppelte Besetzung. Ich habe nicht gesagt, dass er kommt, aber wenn er kommt - er ist ein guter Torwart", sagte van Gaal. Dass Kraft weiter auf einen Nummer-eins-Status spekuliert, sei legitim. Er selbst könne jedoch nicht sagen, was passiert.
"Wenn Spieler das nicht akzeptieren können, dann müssen sie gehen. Wer bei Bayern spielt, muss wissen, dass er auch Konkurrenz hat. Mehr als bei einem kleinen Klub, aber die Spieler verdienen hier auch mehr - das ist die Geschichte."
Bayern vs. Schalke: die Bilanz