Eine wirklich große Ehre ist es zugegebenermaßen nicht. Fast jeder halbwegs erfolgreiche Profifußballer hat es. Messi, Ronaldo und Co. haben gar etliche. Die Rede ist von einem Youtube-Video. Keinem gewöhnlichen Alltags-Clip, sondern einem Best off, in liebevoller Detailarbeit von Fans zusammenstellt.
Da kann man groß rauskommen, den tatsächlichen Fähigkeiten des Spielers entspricht das aber selten. Selbst Orlando Engelaar schien, alleine seinem Youtube-Mix zu urteilen, auf Schalke ein wahrer Ball-Virtuose gewesen zu sein.
Seit ein paar Tagen ist auch Peer Kluge auf Youtube (das Video) zu finden. Doch anders als bei Engelaar, braucht es für diesen Highlight-Mix keine ganze Saison. Es reichen Spiele aus den vergangenen Monaten, um zu einem beachtenswerten Resultat zu kommen.
Alleine die Tatsache, dass ein Fan dieses Bilderwerk erstellte, zeigt den immer größer werdenden Stellenwert des ehemaligen Nürnbergers bei der Anhängerschaft des FC Schalke 04.
Lob von allen Seiten
Denn Kluge hat sich in dieser Saison zu einem unverzichtbaren Spieler entwickelt. Die Zweifel am Sinn seiner Verpflichtung sind längst ausgeräumt. "Peer ist seit Wochen in guter Form. Momentan können wir ihn nicht ersetzen", sagte Magath nach dem Champions-League-Hinspiel in Valencia über seinen Sechser. Einen Tag später ging der S04-Coach sogar noch einen Schritt weiter. "Peer war auf einem Niveau mit Raul. In seiner Rolle als Ballschlepper war er europäische Spitze."
Nicht nur beim Cheftrainer, sondern auch bei den Fans erfreut sich Kluge immer größerer Beliebtheit. Vereinzelt wird Kluge bei bereits als "weißer Brasilianer" bezeichnet. Ähnlich verehrt wurde zuletzt Jörg Böhme zu seinen Glanzzeiten auf Schalke.
Für Kluge ging im Januar 2010 mit dem Wechsel vom Club zu den Knappen ein Traum in Erfüllung. "Mir war sofort klar, dass ich zu Schalke will. Ich hatte die Aussicht, nächste Saison international zu spielen", erklärte der fußballerisch beim Chemnitzer FC aufgewachsene Kluge im Interview mit SPOX im April vergangenen Jahres.
Stotterstart bestätigt Skepsis
Die Notwendigkeit des Transfers erschien jedoch rätselhaft. Kluge hatte in seiner langen Bundesliga-Laufbahn nie unter Beweis stellen können, zu einer Mannschaft mit großen nationalen Ansprüchen zu gehören. Mit seinen Ex-Vereinen Mönchengladbach und Nürnberg stieg Kluge gar in die Zweite Liga ab. Trotzdem war er Magath eine siebenstellige Ablösesumme wert.
Die Skeptiker wurden bestätigt: Kluges Start verlief enttäuschend. Nach einer Zehenverletzung, die er sich gleich im ersten Spiel zugezogen hatte, kam er erst gegen Saisonende regelmäßig zum Zug, konnte seine Verpflichtung aber nicht rechtfertigen. Kluge begründete seine Leistungen mit der Verletzung am Zeh.
Kluge für Magath ein Glücksfall
Das ist mittlerweile schon fast ein Jahr her. Jetzt zeigt Kluge, zu was er wirklich fähig ist. Wirkte er zuvor bieder und langsam, stets den sicheren Querpass bevorzugend und ohne Zug zum gegnerischen Tor, sieht man von ihm in dieser Saison ungeahnte Offensivqualitäten.
Kluge schaltet sich immer wieder mit in den Angriff ein, setzt seine Mitspieler mit intelligenten Pässen in Szene und besticht durch technische Fertigkeiten. "In dieser Saison zeigt er, warum ich ihn geholt habe", sagt Magath.
Für den Coach ist die positive Entwicklung Kluges ein Glücksfall. Immer wieder musste sich Magath für seine Transfer-Fehlgriffe (z.B. Baumjohann) rechtfertigen. Kluge gehört nicht dazu. Er ist im defensiven Mittelfeld gesetzt. Mit Anthony Annan hat Magath einen Konkurrenten geholt, dessen Entwicklung aber noch nicht absehbar ist.
Es scheint durchaus möglich, dass Magath in Zukunft wieder über die Mittelfeld-Raute nachdenken wird und einen echten Spielmacher installiert, um das träge Offensivspiel der Knappen zu beleben. Dann dürfte Kluge noch verstärkter in Defensivaufgaben eingebunden werden.
Kluges Youtube-Video endet im Übrigen mit einer Szene aus einem Luftzweikampf mit Ivica Banovic. Der zog am Dienstag mit dem MSV Duisburg ins DFB-Pokal-Finale ein. Am 21. Mai treffen beide jetzt in Berlin aufeinander.