Josep Guardiola hatte am Dienstag einiges zu tun. Turnusmäßig gab es das Vormittagstraining, bei dem er erstmals wieder den zuletzt angeschlagenen Franck Ribery begrüßen durfte. Nicht dabei war Arjen Robben, der unbedingt eine Verschnaufpause benötigte. Pep gab sie ihm.
Nachmittags düste Guardiola von der Säbener Straße nach Fröttmaning. Dort brachte der Katalane die Meisterschale persönlich ins klubeigene Museum und stellte sie dort zur Schau ab.
Auf der Agenda stand auch die Vorbereitung auf das Wochenende. Stichwort: Finale gegen Borussia Dortmund. Scout-Berichte durchgehen, Videoanalyse, Statistikcheck. Und ein Infogespräch mit Mario Götze. Die Neuzugänge des FC Bayern standen nach dem Training am Dienstag noch minutenlang auf dem Platz und unterhielten sich konzentriert.
"Beziehung ist nicht belastet"
"Er hat mich nach meiner Meinung gefragt", berichtete Götze hinterher. Die Meinung über den letzten Kontrahenten der Saison, den Götze freilich noch gut kennt. Louis van Gaal würde an dieser Stelle den Kopf schütteln, ist der Niederländer doch der festen Meinung, dass ein Spieler grundsätzlich der falsche Ansprechpartner sei, wenn es um die Analyse eines Gegners geht. "Das kann ein Spieler normalerweise nicht", sagte van Gaal einst.
Guardiola denkt anders. Und er nutzt die Gelegenheit. Mit einem Spieler zu sprechen, von dem es heißt, er habe ein belastetes Verhältnis zu ihm. Mit einem Spieler, den Guardiola angeblich gar nicht haben wollte. "Unsere Beziehung ist überhaupt nicht belastet", sagt Götze im Gespräch mit SPOX. "Der Trainer macht eine super Arbeit. Wir gehen den gleichen Weg und haben überhaupt kein Problem miteinander."
Dass Guardiola dem früheren Dortmunder nichts vollends Vertrauen schenkt und eigentlich viel lieber Neymar in seinen Reihen hätte, heißt es immer wieder aus diversen, finsteren Ecken der Sportwelt. Einen Beleg dafür gibt es nicht. Zum einen lobt Guardiola Götze regelmäßig in höchsten Tönen. Und zum anderen setzt er ihn auch häufig ein.
"Gute bis sehr gute Saison"
27 Mal setzte Guardiola Götze in der Liga ein, 23 Mal gar in der Startelf. Zum Vergleich: In der Vorsaison waren es beim BVB 23 Startelf-Einsätze bei 28 Spielen. Der heuer lange verletzte Götze spielte gerade mal 203 Minuten weniger als unter Jürgen Klopp. Viel Raum für Interpretationen bleibt da eigentlich nicht und Götzes Empfinden ist ebenso nicht negativ behaftet.
"Für das erste Jahr beim FC Bayern, mit meinen Verletzungen und den Dingen, die ich erlebt habe, war es eine gute bis sehr gute Saison", sagt Götze. Er sagt aber auch: "Man nimmt sich immer mehr vor, hat große Ambitionen, man möchte immer mehr erreichen, als man schon erreicht hat, aber im Endeffekt bin ich relativ zufrieden."
Die kleine Einschränkung der Zufriedenheit hat einen Grund. Denn immer, wenn es wichtig wurde, saß Götze oft draußen. Das begann schon im Supercup gegen Chelsea, als Götze erst in der 71. Minute eingewechselt wurde. In der Champions League stand er in drei Gruppenspielen in der Startelf, kam dann aber in Manchester bei City von der Bank. Auch in der K.o.-Phase saß er in Manchester und in beiden Spielen gegen Real Madrid zunächst neben Guardiola.
"Will Teil der Mannschaft sein"
Götze will gar nicht verhehlen, dass die Tendenzen seines Trainers die eigene Wahrnehmung der Saisonperformance beeinflusst haben. "Das ist der einzige Makel der Saison. Das muss man einem Spieler aber auch zugestehen. Wenn man in den wichtigen Spielen nicht spielt, ist man enttäuscht."
Götze führt aus: "Klar ist, dass man ein Teil der Mannschaft sein will und meine Ambitionen sind dahingehend, immer zu spielen." Das neuerliche Einzelgespräch auf dem Trainingsplatz mit dem Trainer beinhaltete aber keine Aufforderung Götzes, in der Startelf stehen. "Der Trainer weiß, dass ich spielen will. Das muss ich ihm nicht sagen", sagt Götze.
Einen tröstenden Abschluss bekommt Götze nun ziemlich sicher in Berlin. Zum einen drängte sich der polyvalente Offensivmann sich zuletzt in der Tat mit guten Leistungen auf und zum anderen ist sein vermeintlich größter Konkurrent Franck Ribery noch nach eigenem Bekunden nicht in der Lage, 90 Minuten zu spielen. Das eröffnet Götze beste Chancen auf einen Platz in der Startelf.
Noch mehr Torgefahr
Schwächen würde er die Bayern damit nicht. Statistiken bezeugen, dass Götze in der laufenden Saison deutlich torgefährlicher geworden ist. Der Youngster benötigte heuer nur 182 für einen Torerfolg, in Dortmund waren es noch 202 Minuten. Seine Schussgenauigkeit stieg laut OPTA von 48,8 Prozent auf 74,2 Prozent an. Bei der Chancenverwertung gab es einen Anstieg von 24,4 Prozent auf 32,3 Prozent.
Dennoch sagt Götze: "Ich möchte noch mehr Torgefahr entwickeln, noch mehr Tore vorbereiten und auch in den entscheidenden Phasen Topleistungen zeigen." Gegen Dortmund will er damit beginnen und es würde dem Meister erheblich helfen, sollte Götze seiner Mannschaft zum Double verhelfen.
Denn ein Sieg würde der Münchener Seele viel bedeuten. Franck Ribery sprach am Mittwoch von einer "schlechten Saison", sollten die Münchener aus Berlin ohne Pokal zurückkehren. Götze sieht es nicht ganz so drastisch und sagt: "Wenn wir gewinnen sollten, haben wir eine sehr, sehr gute Saison gespielt haben." Das könnte dann auch für Götze persönlich gelten.
Mario Götze im Steckbrief