Es war der leichteste Weg zum ersten Titel nach 20 Jahren, doch Borussia Mönchengladbach hat es vermasselt. Und nach der größten Enttäuschung einer tollen Saison fühlte sich Lucien Favre in seiner Eigenschaft als Mahner bestätigt.
"Ich weiß nicht, wer vor dem Spiel schon von Berlin gesprochen hat. Von mir ist das sicher nicht gekommen", sagte der Schweizer nach dem Viertelfinal-Aus im DFB-Pokal bei Drittligist Arminia Bielefeld: "Wenn man schon vom Finale spricht und ist erst im Viertelfinale, ist das immer gefährlich. Wenn man vor einem Spiel schon andere Gedanken hat, wird es immer schwer."
Diejenigen, die vor der 4:5-Niederlage im Elfmeterschießen schon öffentlich von Berlin geträumt haben, sind für Favre leicht zu ermitteln: Es waren in erster Linie Nationalspieler Max Kruse, in den spielerisch schwachen 120 Minuten (1:1) noch bester Gladbacher Feldspieler, der in den letzten Wochen überragende, diesmal aber komplett enttäuschende Patrick Hermann - und Favres Boss, Sportdirektor Max Eberl.
Schließlich erschien es auch logisch, das Ziel Pokalfinale auszurufen, schien der Weg zum ersten Endspiel (und vielleicht auch ersten Titel) seit 1995 doch vorbestimmt. Kein Bundesligist holte 2015 mehr Punkte als die Borussia und Bielefeld als einziger Drittligist schien das vermeintlich leichteste Los. "Der Traum war bei allen groß", sagte Eberl denn auch nach der Pleite: "Deshalb ist das jetzt verdammt bitter."
"Dann hast du es auch nicht verdient"
Und vor allem war es - obwohl erst in der "Lotterie" Elfmeterschießen zustande gekommen - verdient. In den ersten 30 Minuten ließ sich der Champions-League-Anwärter vom kampfstarken Außenseiter den Schneid abkaufen, und auch nach dem glücklichen Handelfmeter von Kruse (32.) strahlte der Favorit nicht die erwartete Dominanz aus. "Dass es überhaupt ins Elfmeterschießen kommt, ist unsere eigene Verantwortung", meinte Kruse selbstkritisch: "Wenn du in 120 Minuten nicht gegen Bielefeld gewinnst, dann hast du es auch nicht verdient."
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Allein schon die öffentliche Mängelliste Favres war entsprechend lang. "Zu langsam" sei das Spiel seiner Mannschaft gewesen, erklärte der 57-Jährige, sie habe "zu wenig Torchancen" gehabt, die Bewegung sei "nicht gut genug" gewesen, zudem habe man "bei Ballbesitz manchmal die Orientierung verloren". Nur am Willen und Einsatz habe es nicht gelegen, hielt Favre seiner Mannschaft zugute: "Wir sind viel gelaufen, aber eben nicht immer richtig."
Fokus zurück auf die Liga
Und so mahnte der Coach denn auch gleich volle Konzentration auf den Schlussspurt in der Liga an. Die komfortable Ausgangsposition im Kampf um die erste Teilnahme am wichtigsten Europacup seit 38 Jahren darf unter keinen Umständen mehr verspielt werden. "Im Pokal sind wir jetzt raus", meinte Favre und war darum bemüht, den Blick schnell wieder auf die Bundesliga zu lenken: "Wir haben jetzt sehr wenig Zeit, das zu verdauen. Wir spielen schon am Samstag gegen Dortmund und haben ein schwieriges Restprogramm. Aber wir sind Profis, und spielen bisher eine sehr gute Saison." Die Chance, daraus eine herausragende zu machen, hat die Borussia leichtfertig verschenkt.
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