Krone zu vergeben

Der FC Bayern und Borussia Dortmund stehen sich am Samstag im Pokal-Finale gegenüber
© getty

Pep Guardiola und Thomas Tuchel treffen im DFB-Pokalfinale zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund (Sa., 20 Uhr im LIVETICKER) zum vorerst letzten Mal aufeinander. Die Leistungen beider Trainer in dieser Saison waren herausragend, ein Sieg im Endspiel würde die jeweilige Bilanz deutlich verändern - jedoch in unterschiedlicher Hinsicht.

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Es war schnell zu merken, dass die Launen verschieden waren. Die Pressekonferenz vor dem DFB-Pokalfinale zwischen Bayern und Dortmund war der vorletzte Auftritt von Pep Guardiola vor den deutschen Medien.

Er fiel sehr schmallippig aus, Guardiola gab kurze Antworten und wirkte lustlos. Ganz anders sein Nebensitzer Thomas Tuchel. Der ließ sich bereitwillig Sätze entlocken, die sich anhörten, als würde Dortmunds Coach bereits am Freitagabend seine Ansprache an die Mannschaft vornehmen.

"Wir dürfen mit Recht daran denken und von uns verlangen, das Finale zu gewinnen. Mit dem Erreichen des Endspiels sind noch nicht alle Wünsche gestillt. Da sind noch ein paar Prozent übrig. Diese feine Stufe macht den Unterschied aus. So wollen wir morgen auftreten", sagte Tuchel.

Erstes Finale für Tuchel

Zum dritten Mal saßen sich die beiden in dieser Saison gegenüber. Das ist vor dem letzten Pflichtspiel dieses Jahres auch folgerichtig, denn die Leistungen dieser Trainer in den zurückliegenden Monaten waren herausragend. Am Samstagabend die Trophäe in den Himmel zu halten, wäre für Tuchel und Guardiola die Krone auf diese Spielzeit - allerdings in unterschiedlicher Hinsicht.

Die PK zum Nachlesen im Ticker

Tuchels bisherige Arbeit ist insofern bemerkenswert, da er keinerlei Anpassungsschwierigkeiten an seinen neuen Klub offenbarte. Der für ihn ungewohnte Umgang mit zahlreichen Stars im Kader geriet nie zum Problem, da er seine (Leistungs-)Prinzipien auf Anhieb plausibel darlegen und damit bei einer für neue Einflüsse offenen Mannschaft punkten konnte.

Nun steht der Trainer Tuchel zum ersten Mal überhaupt in einem Finale, nachdem er in seinem Antrittsjahr in Dortmund reihenweise Rekorde pulverisierte. Holt er den Pott, reiht er sich in die beschauliche Gruppe um Willi Multhaup und Horst Köppel ein, denen es 1966 und 1989 ebenfalls gelang, gleich in der ersten Saison einen Titel mit dem BVB zu gewinnen.

Der "Flow" ist weg

Neben des schmerzlichen Ausfalls von Ilkay Gündogan plagt die Borussia in diesen Tagen aber ein nicht zu unterschätzendes Problem: Das Team hat in den letzten zwei, drei Wochen den "Flow" verloren, wie es Tuchel ausdrücken würde.

Die Schwarzgelben spielten zuletzt nicht mehr so maschinenartig aus einem Guss wie zu Großteilen der Saison, was auch auf die gefallenen Entscheidungen im Saisonendspurt zurück zu führen ist. Sicherlich wird schon allein das Prestige dieses Duells im Berliner Olympiastadion als heilende Kraft auf den Dortmunder Formeinbruch wirken, eine Garantie für eine deutliche Leistungssteigerung ist es jedoch keineswegs.

Es wird daher interessant zu beobachten sein, ob es Tuchel rechtzeitig zu seinem bislang größten Spiel als Coach gelingt, den von ihm nach der enttäuschenden letzten Bundesligabegegnung gegen Köln (2:2) vehement kritisierten Spannungsabfall innerhalb seiner Mannschaft ("Wir sind von der Topform entfernt wie vielleicht noch nie") entgegen zu wirken.

Reichlich bescheuerte Debatte

In München gestaltet sich der Fall diffiziler. Für Guardiola scheint der Ausgang des Endspiels beinahe schon egal. Seine Arbeit wird vielerorts als unvollständig eingestuft, seitdem klar ist, dass er den Bayern nicht die Champions League gewinnen wird. Das Urteil zur reichlich bescheuerten Debatte, ob der Spanier mit seiner Arbeit deshalb in Deutschland gescheitert sei, scheint seit dem CL-Aus gegen Atletico Madrid gefällt zu sein.

Guardiolas letzte Partie als Bayern-Coach, die ihm die Möglichkeit bietet, am Ende seines dritten Jahres zum zweiten Mal das Double zu holen, wird thematisch längst von Personaldiskussionen um den neuen Trainer Carlo Ancelotti, Einkauf Mats Hummels und den möglichen Abgang von Mario Götze überlagert.

Es war erstaunlich zu sehen, wie kalt das Münchner Publikum auf den Abschied Guardiolas aus der Allianz Arena am vergangenen Wochenende reagierte. All dies ist bedauerlich, da es Guardiolas Wirkungsweise im deutschen Fußball nicht annähernd gerecht wird.

Ein imposanter Schlussstrich?

Vermutlich wird man die vor allen Dingen spieltaktischen Auswirkungen erst richtig wahrnehmen, wenn der Spanier die Bundesliga verlassen hat.

Würde er dies mit drei von unglaublicher Konstanz geprägten Meisterschaften, zwei Doublesiegen und drei aufeinanderfolgenden Teilnahmen am Halbfinale der Königsklasse im Gepäck tun, müsste man die Ära Guardiola gerade auch in persönlicher Hinsicht noch einmal neu besprechen.

Ein letztes erfolgreiches Endspiel würde einen imposanten Schlussstrich unter Guardiolas Amtszeit ziehen.

Tuchel: "Pep ist der Beste"

"Ich werde die Duelle mit Pep vermissen", ergriff Tuchel auf Nachfrage Partei. "Pep ist jemand, der dich dazu bringt, deine eigene Haltung immer zu straffen. Die Spiele gegen ihn sind immer eine große Herausforderung. Er ist der Beste. Es ist ein großer Verlust für die Bundesliga."

Diskussionswürdiger als Guardiolas vermeintliches Scheitern ist da schon die Frage, ob eine Saison mit "nur" einem Titel dem Anspruchsdenken der Bayern gerecht würde.

In der Global-Player-Riege, in die der deutsche Rekordmeister in den letzten Jahren vorgestoßen ist, hängt man die Früchte gerne sehr hoch.

Double "sehr wichtig"

Bei Mitbewerber Real Madrid beispielsweise musste schon eine ganze Ladung Trainer die Koffer packen, nachdem am Saisonende nur ein einziges Exemplar an Silberware ins Museum gestellt werden konnte.

Vorstandboss Karl-Heinz Rummenigge erinnerte Guardiola auf dem Meister-Bankett der Bayern am letzten Wochenende wohl nicht umsonst daran, dass der Gewinn des Doubles "in Deutschland sehr wichtig" sei.

In dieser Aussage schwingt nicht nur mit, dass ein verlorenes Pokalfinale auch die interne Bewertung der aktuellen Bayern-Spielzeit nicht unwesentlich verändern würde. Erst Recht, wenn dafür der BVB verantwortlich wäre.

Schlägt Dortmund die Münchner, wäre das Signal des ärgsten nationalen Verfolgers an die Bayern nämlich größer, als es nach dieser Saison ohnehin schon ist.

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