"Sechzig war Bayern überlegen"

Johannes Rohrmaier
08. Februar 201714:52
Phillipp Steinhart kegelte mit den Sportfreunden Lotte Bremen und Leverkusen aus dem Pokal getty
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Phillipp Steinhart sorgte mit den Sportfreunden Lotte für die beiden großen Überraschungen der ersten Pokalrunden, als der Drittligist Werder Bremen und Bayer Leverkusen ausschaltete. Im Interview spricht der 24-Jährige über seine Jugend beim TSV 1860 München, den Wechsel zum FC Bayern und die Unterschiede zum familiären Klubumfeld in Lotte.

SPOX: Herr Steinhart, bei 1860 München haben Sie einst Zweitliga-Luft geschnuppert. Ihr Profivertrag wurde aber nicht verlängert. Hätten Sie sich zugetraut, Profi bei 1860 zu werden?

Phillipp Steinhart: Natürlich habe ich mir das zugetraut - und es ist auch nach wie vor mein Ziel, noch höher zu spielen. Das ist ja logisch, ich bin Fußballer und will das Maximale aus meinen Möglichkeiten herausholen. Bei 1860 hat es aber leider nicht geklappt.

SPOX: Also sind Sie seinerzeit zum FC Bayern gewechselt. Wie kam es dazu?

Steinhart: Ich wäre gerne bei 1860 geblieben, aber das war nicht möglich. Deswegen blieb mir keine andere Wahl als zu wechseln. Dann wollte mich Bayern als Verstärkung für die zweite Mannschaft, mit dem Ziel aufzusteigen. Für mich hat das super gepasst, weil ich in München bleiben konnte.

SPOX: Ein Wechsel zum Stadtrivalen ist häufig mit Anfeindungen und Kritik gepaart. Haben Sie in diese Richtung etwas bemerkt?

Steinhart: Leider ja, da habe ich einiges mitbekommen. Das sind aber Leute, die alles nur von außen betrachten und die Hintergründe einer solchen Entscheidung nicht kennen. Da muss man drüber stehen. Ich habe den Wechsel nie bereut.

SPOX: Bei Bayern haben Sie unter Pep Guardiola teilweise mit der Profimannschaft trainiert. Sind Sie in diesen Trainingseinheiten noch motivierter als sonst gewesen?

Steinhart: Ich bin in jedem Training topmotiviert, aber ich war schon aufgeregt, als ich mit solchen Stars auf dem Platz stehen durfte.

SPOX: Sie waren mit den Profis auch auf der Chinareise. Welche Eindrücke sind aus dieser Zeit hängengeblieben?

Steinhart: Die Reise war ein absolutes Highlight und ein Privileg für mich. Jedes Training und jedes Spiel, das ich bei den Profis mitmachen durfte, war für mich unfassbar lehrreich. Das hat mich in allen Bereichen weiter gebracht.

SPOX: Wie hat die Mannschaft Sie als jungen Spieler aufgenommen?

Steinhart: Am Anfang war ich zurückhaltend, aber die anderen haben uns super aufgenommen und waren sehr freundlich. Man hatte nie das Gefühl, ein Außenseiter zu sein. Für mich war es einfach eine tolle Erfahrung.

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SPOX: Hatten Sie als Stammspieler der Reserve das Gefühl, dass die Chance für Nachwuchsspieler da war, den Sprung in den Profikader zu schaffen?

Steinhart: Zu meiner Zeit hatte die erste Mannschaft mit erheblichen Verletzungsproblemen zu kämpfen, weshalb ich auch zwei Mal im Kader stand. Da hofft man natürlich auf ein paar Minuten. Es war für mich schon eine unglaubliche Erfahrung, überhaupt dabei zu sein. Aber man muss bei Bayern auch realistisch sein. Der Kader hat einfach so eine unfassbare Qualität, dass man den Sprung nicht so einfach schafft, das ist bei Bayern schon sehr schwierig.

SPOX: Ein großes Thema beim FC Bayern ist der Bau des neuen Nachwuchsleistungszentrums.

Steinhart: Die Gegebenheiten bei Bayern waren so schon sehr gut. Mit dem neuen Nachwuchsleistungszentrum schafft der Verein aber jetzt die optimalen Voraussetzungen, um auch in der Jugendarbeit auf internationalem Topniveau zu agieren. Das muss aber für den FC Bayern auch das Ziel sein.

SPOX: Denken Sie, dass sich damit die Chancen für Nachwuchsspieler erhöhen?

Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.comSteinhart: Unterm Strich ist jeder Spieler selbst für seine Entwicklung verantwortlich. Bayern wird aber in Zukunft sicher noch einiges in die Jugendarbeit investieren, damit die Spieler bestmöglich auf den harten Weg zum Profifußballer vorbereitet werden. Und ich denke, dass es in Zukunft wieder mehr Spieler aus der eigenen Jugend schaffen können.

SPOX: Vor Ihrer Zeit bei Bayern haben Sie die vielgerühmte Jugendarbeit beim TSV 1860 durchlaufen. Gab es Unterschiede?

Steinhart: Richtig, ich war insgesamt zehn Jahre bei Sechzig und habe beinahe die komplette Jugend durchlaufen. Damals waren die Kräfteverhältnisse in der Jugendarbeit noch etwas anders: Sechzig war Bayern überlegen - zumindest einen Tick. Heute befinden sich die beiden aber auf Augenhöhe. Große Unterschiede in der Ausrichtung existieren meiner Meinung nach nicht mehr.

SPOX: In der vergangenen Saison haben Sie München verlassen und sind von der Zweitvertretung des FC Bayern zu den Sportfreunden Lotte gewechselt. Wie kam der Wechsel zustande?

Steinhart: Die erste Kontaktaufnahme lief über meinen Berater. Dann bin ich nach Lotte gefahren und habe mir alles angeschaut und Gespräche mit Trainer Ismail Atalan und dem Obmann Manni Wilke geführt. Das war alles sehr positiv, deswegen war es für mich die richtige Entscheidung.

SPOX: Nicht nur sportlich, sondern auch persönlich war es ein großer Schritt für Sie. Sie sind zum ersten Mal weiter von zu Hause weggezogen. Wie hat sich das sprichwörtliche Durchtrennen der Nabelschnur angefühlt?

Steinhart: Für mich war das auf jeden Fall ein Schritt aus der Komfortzone. Ich habe gemerkt, dass das für meine Entwicklung wichtig war. Hier habe ich mich schnell eingelebt, zumal die Mannschaft es mir wirklich leicht gemacht hat. Wir sind eine super Truppe.

SPOX: Wie unterscheidet sich ein Verein wie Lotte im Alltag von einem Klub wie Bayern oder Sechzig?

Steinhart: Lotte ist ein kleinerer Verein, aber dafür sehr familiär. Die Trainingsbedingungen sind nicht mit denen bei Bayern oder 1860 zu vergleichen, aber wir versuchen, das Beste daraus zu machen, was uns auch ganz gut gelingt. Unser Stadion ist klein aber fein. Ich kann jedem empfehlen, das einmal selbst zu erleben.

SPOX: Ihr Trainer Ismail Atalan gilt als "Fußball-Professor" und soll sehr detailversersessen sein. Ist er in dieser Versessenheit vergleichbar mit Pep Guardiola?

Steinhart: Er ist ein akribischer Arbeiter, der immer versucht, uns perfekt auf jeden Gegner einzustellen und immer einen genauen Plan vor Augen hat. In der Art und Weise wie präzise und detailversessen die beiden arbeiten, kann man sie vielleicht vergleichen, dennoch sind es zwei unterschiedliche Charaktere. Ich denke aber schon, dass sich unser Trainer, der ja noch sehr jung ist, Sachen bei solch großen Trainerpersönlichkeiten abschaut.

SPOXspoxSPOX: Mit Lotte haben Sie in den ersten beiden Pokalrunden die Bundesligisten aus Bremen und Leverkusen ausgeschaltet. Waren das die größten Spiele Ihrer Karriere?

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Steinhart: Gerade das Spiel gegen Leverkusen gehörte definitiv dazu. Wir waren in Unterzahl und sind in der Verlängerung nochmal zurückgekommen.

SPOX: Dann ging es ins Elfmeterschießen. Sie waren der dritte Schütze für Lotte und Ihre Mannschaft hatte die ersten beiden Elfmeter verschossen. Was ging in diesem Moment in Ihnen vor?

Steinhart: Ich war sehr angespannt. Aber ich war mir irgendwie auch sicher, dass ich ihn reinmache. Es ist toll, wenn man vor all den Fans zum Elfmeter antritt. Ich bin froh, dass ich getroffen habe und wir weitergekommen sind.

SPOX: Im Achtelfinale empfangen Sie die Münchner Löwen. Hat das eine besondere Bedeutung für Sie?

Steinhart: In der dritten Pokalrunde zu stehen, ist für uns sowieso schon ein Highlight. Aber für mich ist es logischerweise noch einmal etwas ganz Besonderes, gegen meinen Ex-Klub zu spielen. Es wird zwar sehr schwierig, aber ich hätte nichts dagegen, wenn wir das wieder positiv gestalten könnten.

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