Der gebürtige Münchner beschreibt, was Guardiola von anderen Trainern abhebt und erklärt, warum es Bayern-Eigengewächse heutzutage schwerer haben, sich bei den Profis durchzusetzen. Zudem äußert er sich zur prekären Situation des VfL Bochum und der seines früheren U-Nationalmannschaftskollegen Luka Jovic bei Real Madrid.
Herr Pantovic, erinnern Sie sich noch an den 17. Oktober 2015?
Milos Pantovic: Wie könnte ich den Tag meines Bundesliga-Debüts vergessen? Davon werde ich irgendwann hoffentlich noch meinen Kindern und Enkelkindern erzählen.
Sie wurden beim 1:0-Sieg gegen Werder Bremen in der Nachspielzeit eingewechselt. Ihr Trainer damals: Pep Guardiola. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?
Pantovic: Nur positive. Zum einen hat er mir mit dem Debüt den schönsten Moment meiner Zeit beim FC Bayern ermöglicht, zum anderen hat er mich immer wieder im Training fasziniert. Er ist ein Perfektionist, der auf jedes noch so kleine Detail achtet.
Können Sie ein Beispiel geben?
Pantovic: Es ist kein Geheimnis, dass Guardiola großen Wert auf sauberes Passspiel legt. Wenn du im Training einen einfachen Pass in den schwachen Fuß deines Mitspielers gespielt hast, ist er fuchsteufelswild geworden. Er hat Spielformen generell häufiger unterbrochen, um Fehler zu korrigieren. Auch nach dem Training ist er auf dich zugegangen und hat dir erklärt, was du gut gemacht hast und was du nicht so gut gemacht hast. Als 18-Jähriger, der eigentlich nur in der Regionalliga spielt, erwartest du nicht, dass sich der Trainer der Profis so viel Zeit für dich nimmt. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein.
Pantovic: "Alonso hat eine unglaubliche Autorität ausgestrahlt"
War Guardiola der beste Trainer, den Sie je hatten?
Pantovic: Guardiola ist sicher einer der besten Trainer der Welt, wenn nicht sogar der beste. Der FC Bayern hatte stets den Anspruch und den Ehrgeiz, Erster zu sein. Guardiola hat diese Selbstverständlichkeit, immer zu gewinnen, noch einmal auf ein höheres Level gehoben und in jedem Training mehr von dir verlangt. Ich picke aber nicht gerne Einzelne heraus. Ich hatte die Ehre, unter vielen fantastischen Trainer zu arbeiten, zum Beispiel Carlo Ancelotti oder Peter Wenninger, der mein erster Trainer beim FC Bayern war. Natürlich habe ich auch beim VfL schon eine Menge gelernt, was mich gegenwärtig und zukünftig weiterbringt. Die Arbeit von Thomas Reis ist super.
Welcher Spieler hat Sie bei den Bayern-Profis am meisten beeindruckt?
Pantovic: Dass wir uns nicht falsch verstehen: Alle bewegen sich auf dem höchsten fußballerischen Niveau. Ich persönlich habe neben Mario Götze besonders Xabi Alonso bewundert. Der hat immer eine unglaubliche Autorität auf dem Platz ausgestrahlt. Auch wenn es mal nicht lief, behielt er die Ruhe und wusste, was er mit dem Ball machen musste. Seine Flugbälle kamen auch über 80 Meter immer punktgenau beim Mitspieler an. Wahnsinn. Alonso war für uns junge Spieler ein absolutes Vorbild und wichtiger Ansprechpartner.
Alonso war ein Defensivspieler. Sie fühlen sich weiter vorne am wohlsten. Gibt es einen Offensivspieler, an dem Sie sich orientieren?
Pantovic: Früher Zinedine Zidane und Thierry Henry. Heute habe ich kein richtiges Vorbild mehr, aber ich finde Thomas Müller cool. Obwohl er ein "Freigeist" ist, spielt er sehr mannschaftsdienlich. Ich bin auch eher ein Instinktfußballer, der auf den Außen oder im Zentrum spielen kann.
Pantovic: "Beim FC Bayern muss man ein Ausnahmetalent sein"
Nach elf Jahren verabschiedeten Sie sich vor knapp eineinhalb Jahren von den Bayern und aus Ihrer Geburtsstadt München. Warum?
Pantovic: Ich habe für mich keine Perspektive mehr beim FC Bayern gesehen. Der Verein gehört zu den fünf besten der Welt. Ich muss offen und ehrlich sagen, dass das Niveau bei den Profis zu hoch für mich war, um den Durchbruch zu schaffen. Als junger Spieler brauchst du viele Einsätze, um dich bestmöglich weiterzuentwickeln. Nach ein paar Jahren in der Regionalliga wollte ich nicht stagnieren, sondern den nächsten Schritt machen. Ich war und bin dem FC Bayern sehr dankbar, wollte mir aber beweisen, dass ich es im Profibereich schaffen kann. Außerdem war es wichtig für mich, einen Schritt aus meiner privaten Komfortzone zu machen. Familie ist das A und O für mich. Aber wenn du in München geboren und aufgewachsen bist, willst du irgendwann auch mal etwas anderes sehen und als Mensch weiter reifen.
Viele Talente bei den Bayern tun es Ihnen gleich. Seit David Alaba hat der Verein kein Eigengewächs mehr zum etablierten Profi entwickelt. Ist die Jugendarbeit der Bayern nicht gut genug?
Pantovic: Nein, es gibt zahlreiche Talente, die das Zeug zum Bundesligaspieler haben. Ich würde eher sagen, dass die Arbeit, die bei den Profis gemacht wird, zu gut ist. Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber das Niveau beim FC Bayern war vor zehn Jahren noch nicht so hoch wie aktuell. Der Verein will in jeder Saison die Champions League gewinnen und kann sich fertige Topspieler für 60, 70 oder wie in diesem Jahr 80 Millionen Euro leisten. Da muss man schon ein absolutes Ausnahmetalent sein, um sich zu behaupten. Das war ich ehrlicherweise nicht.
Milos Pantovic im Steckbrief
geboren | 7. Juli 1996 in München |
Größe | 1,85 m |
Gewicht | 67 kg |
Position | Linksaußen, Rechtsaußen, Mittelstürmer |
starker Fuß | rechts |
Stationen | SV Helios Daglfing (Jugend), FC Rot-Weiß Oberföhring (Jugend), FC Bayern (Jugend), FC Bayern, VfL Bochum |
Profispiele/-Tore | 26/1 |