Basta! Bernd Neuendorf hat seinen polternden Vize Hans-Joachim in scharfem Ton zur Ordnung gerufen - und in der hitzigen Diskussion um die DFB-Nachwuchsreform ein Machtwort gesprochen. Die Neuerungen werden kommen, stellte der DFB-Präsident unmissverständlich klar - mögen sich Watzke oder andere Polemiker noch so querstellen.
"Diese Aussagen haben mich überrascht", sagte Neuendorf dem SID über jene polarisierenden Sätze von Watzke, die den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und seine Reformer am Donnerstag wie Faustschläge trafen. Dass Neuendorf von Watzkes populistischer Generalkritik alles andere als begeistert war, hat er ihm auch in einem persönlichen Gespräch vermittelt.
"Es gibt keinen Dissens", behauptete Watzke auf SID-Anfrage. Wirklich nicht? Watzke, als wortgewaltiger Verbands- und Vereinsfunktionär für viele der mächtigste Mann im deutschen Fußball, hatte die Neuerungen als "unfassbar" und "für mich nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Er sprach von einem "grundsätzlich falschen Ansatz" und kündigte (unabgesprochen) gleich eine Reform der aus seiner Sicht unsäglichen Reform an.
Nicht mit Neuendorf! "Wir sollten unsere eigenen Beschlüsse ernst nehmen und das, was viele Fachleute ausdrücklich befürworten, jetzt auch umsetzen", forderte der Präsident ultimativ, ohne Watzkes Namen zu nennen. Zugleich erinnerte er daran, dass die neuen Spielformen im Kinderfußball schon "2022 nach einer mehrjährigen Pilotphase unter enger Einbeziehung der DFL vom DFB-Bundestag in Bonn einstimmig beschlossen" worden seien.
DFB-Team: Gegenwind für Hans-Joachim Watzke
Vor allem, das stellte Neuendorf noch einmal heraus: Die Profi-Klubs, also auch Watzkes Borussia Dortmund, hätten der Reform "ausdrücklich zugestimmt. Es gab vor der Entscheidung des Bundestages nicht einmal den Wunsch nach einer Aussprache".
Weil Watzke den Wettbewerbsgedanken bedroht sieht, unterstellte Neuendorf ihm indirekt mangelnde Kenntnistiefe. "Wer sich mit den neuen Spielformen beschäftigt", sagte er, "wird auch rasch erkennen, dass es natürlich um Leistung geht, um Gewinnen und Verlieren, um Erfolg und Misserfolg."
Auch vom nächsten Satz darf sich Chefkritiker Watzke direkt angesprochen fühlen: "Wer den Zustand des deutschen Fußballs beklagt, darf nicht einfach ein 'Weiter so' proklamieren", betonte der DFB-Chef. Hannes Wolf, der neue Direktor für die Bereiche Nachwuchs, Training und Entwicklung, werde "gemeinsam mit den Landesverbänden die Menschen von der Richtigkeit unseres Weges überzeugen".
Auch Watzke? Dessen Frontalangriff hatte es in sich - und stieß nicht nur bei Neuendorf auf Ablehnung. Das Medienecho war verheerend. Der Erlanger Professor Matthias Lochmann, der die Jugendreformen mit Daten unterfüttert, schimpfte in der Frankfurter Rundschau über ein "unfassbares Maß an Inkompetenz in sportfachlichen Fragestellungen". Watzkes Aussagen "wären nicht so schlimm, wenn er Vorstand eines Dorfvereins wäre, aber hier geht's um den Vizepräsidenten des DFB und den Aufsichtsrat der DFL", meinte er.
DFB-Team: Auch Rudi Völler verteidigt Nachwuchskonzept
Rudi Völler verteidigte die Reform. Andere Länder gingen seit Jahren ähnliche Wege - und zwar erfolgreich, sagte der DFB-Direktor im Podcast Spielmacher, allerdings wohl noch ohne Kenntnis der Watzke-Kritik. Völler betonte, er werde künftig "dazwischengrätschen, wenn zu sehr mit dem Finger auf den DFB gezeigt wird". Auch jetzt?
Wolf jedenfalls nahm er in Schutz. Der neue Mann habe "in den letzten Tagen die Dinge gut erklärt, wie das zu funktionieren hat", sagte Völler und betonte, auch er fände die Reform "spannend". Laut Neuendorf hätten ähnliche Ansätze "in anderen Ländern zu deutlichen Leistungssteigerungen geführt".
Ob Watzke das erkennen wird? Wolf will seinen Ansatz auf einer Pressekonferenz am 27. September abermals erläutern. "Da", sagte er dem SID, "besprechen wir alles."