"Hier wird Fußball noch gelebt"

Von Interview: Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Andreas Möller ist seit Juli 2008 Sportdirektor bei den Offenbacher Kickers
© Imago

Andreas Möller hat als Spieler alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Als Sportdirektor will der 41-Jährige die Offenbacher Kickers wieder nach oben führen. Im Interview mit SPOX spricht Möller über die Aufstiegschancen, die Konkurrenz mit der Eintracht und Hoffenheim und den Mythos Bieberer Berg.

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SPOX: Herr Möller, wie gut können Sie mit dem 0:0 vom vergangenen Wochenende in Dortmund leben?

Andreas Möller: Es ist bekannt, dass die zweiten Mannschaften in der Regel sehr spielstark und gut ausgebildet sind. Der BVB ist eine Talentschmiede, und gegen solche Mannschaften ist es nie leicht zu spielen. Deshalb sind wir mit dem Punkt zufrieden.

SPOX: Ist es für Sie immer noch etwas Besonderes, nach Dortmund zurückzukehren?

Möller: Ich hatte in Dortmund meine erfolgreichste Zeit als Fußballer, und die Erinnerungen sind natürlich sehr schön. Der Kontakt ist immer noch sehr gut und ich kehre gerne nach Dortmund zurück.

SPOX: Was war Ihr schönstes Erlebnis beim BVB?

Möller: Das waren sicherlich die Meisterschaften und der Sieg in der Champions League, aber auch der Pokalsieg von 1989. Ich verbinde die Zeit natürlich mit den Titeln. Aber auch sonst habe ich mich immer sehr wohl gefühlt. Das Westfalenstadion war zu meiner Zeit sicher das schönste Stadion in Deutschland.

SPOX: Die englische Tageszeitung "Times" teilt Ihren Eindruck noch heute.

Möller: Es ist ja auch sehr beeindruckend, was da entstanden ist. Insgesamt war es eine tolle Geschichte, für diesen Verein über so einen langen Zeitraum zu spielen.

SPOX: Zurück zum OFC: Das letzte Jahr galt in Offenbach allgemein als Jahr der Konsolidierung. Jetzt scheint die Mannschaft gefestigt. Greifen Sie in dieser Saison also die Spitzenplätze an?

Möller: Das wünschen wir uns natürlich, und auch das Umfeld erwartet das. Wir haben uns im Sommer sinnvoll verstärkt und haben schon das Ziel, bis zum Ende oben dabei zu sein.

SPOX: Sie haben durchaus vielversprechende Talente ausgebildet und im aktuellen Kader eingesetzt. Verfolgen Sie ein spezielles Nachwuchskonzept?

Möller: Die Jugendarbeit wird hier sehr groß geschrieben. Im letzten Jahr waren unsere Jugendmannschaften alle in der Bundesliga vertreten. Wir sichten viele Talente im Kreis Offenbach, wobei die Konkurrenz sehr groß ist. Sie müssen wissen, dass mit Hoffenheim, der Eintracht, Mainz, Wiesbaden und dem FSV im Umkreis von 80 Kilometern fünf Großvereine ansässig sind, die alle mit ihrer ersten Mannschaft höherklassig spielen. Das macht die Arbeit nicht leichter.

SPOX: Sie beherbergen viele Nationalitäten in der Stadt und im Umkreis. Betreibt der OFC diese Jugendförderung auch unter einem integrativen Aspekt?

Möller: Der integrative Aspekt wird bei uns sehr groß geschrieben. Wie gesagt, das große Thema ist hier, die Jugendarbeit zu fördern und natürlich die vielen Nationalitäten hier im Verein zusammenzufügen. Da ist unsere Jugend sehr vorbildlich. Wir wollen wieder ein Leistungszentrum werden. Zurzeit sind wir noch ein bisschen hinten dran, aber wenn das neue Stadion im nächsten Jahr kommt, werden wir zeitnah ein neues Trainingszentrum für die Jugend fertig gestellt haben.

SPOX: Besonders U-19-Nationalspieler Sebastian Rode rückt derzeit durch seine Leistungen mehr und mehr in den Fokus und gilt als großes Talent.

Möller: Wir haben einige Spieler mit großem Potential. Vor zwei Jahren war es Benjamin Baier, letztes Jahr Daniel Goldschmidt und dieses Jahr sind es Sebastian Rode oder auch Daniel Endres. Daran sieht man, dass unsere Arbeit auch Früchte trägt und wir auf dem richtigen Weg sind. Das passiert natürlich nicht jedes Jahr, aber doch in regelmäßigen Abständen.

SPOX: Sie haben bereits das neue Stadion angesprochen, dem im Sommer 2010 der legendäre Bieberer Berg weichen muss. Haben Sie keine Angst, dass der Mythos Bieberer Berg verloren geht?

Möller: Nein. Es ist unser Ziel, den Charakter des Vereins in das neue Stadion einzubauen. Der OFC wird immer ein Arbeiterverein sein. Aber eins ist auch klar: Um das Klientel ins Stadion zu locken, muss man auch einen gewissen Komfort haben. Zurzeit haben wir einfach das Problem Familienkarten anzubieten, weil wir zu wenige Sitzplätze haben. Und die Zahl der Frauen, die in unser Stadion kommen, ist minimal. Wir müssen schauen, dass wir einen Eventcharakter bekommen.

SPOX: Wie gehen die Fans damit um?

Möller: Hier wird Fußball noch gelebt. Es ist noch alles so, wie es früher war. Wir haben auf die Fans und auf die Tradition Rücksicht genommen. Wir werden auf einige Sitzplätze verzichten, um die Tradition und den Mythos für die Fans zu erhalten. Aber um uns weiterzuentwickeln und konkurrenzfähig zu bleiben, müssen wir neue Wege gehen, neue Sponsoren ansprechen und neue Gruppen akquirieren. Dennoch wird es hier keine Super-VIPs geben, eher geht es bei uns in den Bereich Stammtischkunden. Wir wollen die Identität des Vereins wahren, das ist ganz entscheidend für die Leute.

SPOX: Und wie geht das Spiel gegen Holstein Kiel aus?

Möller: Wir sind ungeschlagen, und das soll auch so bleiben. Wir müssen hier vor heimischem Publikum zeigen, wer Herr im Haus ist. Uns erwartet aber ein sehr schweres Spiel, da Kiel nach dem 4:0 gegen Bremen sehr selbstbewusst auftreten wird.