Wohin zieht es den "jungen Mesut Özil"?

Von Adrian Bohrdt
Hakan Calhanoglu mit dem Sohn von Ex-Mitspieler Elias Charalambous auf der Schulter
© Imago

Er sorgt bei Facebook für Aufsehen und bei den Bundesligisten für feuchte Hände: Karlsruhes Spielmacher Hakan Calhanoglu ist eines der begehrtesten Talente Deutschlands. Wer gewinnt das Wettbieten? Bremen? Oder vielleicht Wolfsburg?

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Vor nicht einmal einem halben Jahr, im März, wusste Hakan Calhanoglu selbst nicht, wie Unrecht er haben würde. "Es ist aus meiner Sicht die richtige Entscheidung, mich weiter beim KSC im Profifußball zu etablieren", sagte er, nachdem die Vertragsverlängerung mit dem Karlsruher SC bis 2016 bekannt wurde.

Seitdem ist nichts mehr, wie es einmal war. Karlsruhe findet sich in der 3. Liga wieder. Nur eines blieb seitdem unverändert: das riesige Interesse am 18-Jährigen.

Trotz der Vertragsverlängerung wird seit Wochen in der Öffentlichkeit eine Wechsel-Posse aufgeführt, die durch Calhanoglus Doppelpack zum Saisonauftakt in Heidenheim eine weitere Fortsetzung findet.

Nach Bremen, den Bayern und türkischen Spitzenverein gibt es mit VfL Wolfsburg den nächsten Interessenten, wie die "Wolfsburger Allgemeine Zeitung" berichtet. Felix Magath sucht einen Nachfolger für Diego, sollte dieser wie gewünscht einen neuen Verein finden. Sein Favorit: Hakan Calhanoglu.

Über Mannheim nach Karlsruhe

Der gebürtige Mannheimer begann seine Karriere bei kleineren Vereinen in seiner Heimatstadt, ehe er in die Jugendabteilung des SV Waldhof ging. Erst 2009 wechselte der 1,74 Meter große Spielmacher zur Jugend des KSC, wo ihm in seiner ersten Saison bei der U 17 zwei Tore und zwei Assists gelangen.

Bei der Auswahl der Nationalmannschaft positionierte sich der Deutsch-Türke früh: 2010 absolvierte er sein erstes Spiel für die U-16-Mannschaft der Türkei und durchläuft seitdem die Jugendmannschaften der Türken. In der U 19 gelangen ihm bislang drei Tore in neun Spielen.

Zwei Jahre nach seinem Debüt bei der Karlsruher U 17 erzielte Calhanoglu für die U 19 drei Tore in zehn Spielen, aber es waren nicht die Zahlen, die beeindruckten: Die für sein Alter bestechende Übersicht und die hervorragende Ballbehandlung brachten ihn bis zu den Profis, zunächst ins Winter-Trainingslager der Saison 2011/12.

Calhanoglu, der "junge Mesut Özil"

Den Schritt, einem jungen Nachwuchstalent die Chance bei den Profis zu geben, sollte der damalige Karlsruher Trainer Jörn Andersen nicht bereuen. Er ließ Calhanoglu in der Startelf debütieren und erklärte: "Er hat mir einfach keine andere Wahl gelassen."

In seinem ersten Zweitliga-Spiel bereitete Calhanoglu beide Karlsruher Tore zum 2:1 über Erzgebirge Aue vor, was Andersen zu einem großen Vergleich veranlasste: "Er hat Dinge drauf, die kannst du nicht lernen. Er hat mich an den jungen Mesut Özil erinnert."

KSC-Präsident Ingo Wellenreuther versuchte die Aussage seines Trainers gleich zu relativieren: "Ich sehe Hakan Calhanoglu in ihm. Alle entfernt hergeholten Vergleiche helfen nicht." Es half aber nichts, der "Mini-Özil" war im Boulevard längst geboren.

Wechsel-Posse mit Werder

Alle Versuche von Wellenreuther, sein Nachwuchstalent abzuschirmen, blieben erfolgslos. Schon seit einigen Monaten buhlt vor allem Werder Bremen um seine Dienste. Bereits am 1. Juli berichtete die "Bild", dass Werder sich mit dem Spieler einig sei, Calhanoglu sollte einen Vierjahresvertrag unterzeichnen.

Das veranlasste KSC-Sportdirektor Oliver Kreuzer zu einer bissigen Replik in Richtung Bremen: "Ich hatte mit Allofs seit unserem letzten Gespräch keinen Kontakt mehr. Ich renne Bremen ganz sicher nicht hinterher. Ich weiß nicht, ob Bremen sich noch mal bewegt. Falls nicht, hat sich der Wechsel für uns erledigt."

Streitpunkt zwischen beiden Vereinen: die Ablösesumme. Drei Millionen Euro will der KSC für den Rohdiamanten, offenbar zu viel für Werder. Dennoch war Anfang Juli auf der offiziellen Facebook-Seite von Calhanoglu auf die Frage eines Bremen-Fans, ob er denn an die Weser komme, zu lesen, dass der Wechsel "klappen wird".

Calhanoglu selbst war ziemlich überrascht, als er damit konfrontiert wurde, und erklärte: "Die Facebook-Seite wird von meinem Berater betreut. Ich habe das nicht geschrieben. Das war ein Mitarbeiter meines Beraters." Eben jener Berater Bektas Demirtas bestätigte aber: "Wir haben Bremen unsere Zusage gegeben. Natürlich unter der Voraussetzung, dass sich beide Vereine einigen."

Auch andere Vereine interessiert

Je länger der Wechsel nach Bremen sich jedoch hinzieht, desto mehr Konkurrenz bekommen die Werderaner. Auch der FC Bayern soll bei Calhanoglu vorgefühlt haben, wie Demirtas gegenüber der "tz" erklärte: "Ich kann bestätigen, dass Herr Gerland sich nach dem Spieler erkundigt und konkret Interesse angemeldet hat."

Kreuzer wischte aber alle Spekulationen bezüglich eines Wechsels nach München vom Tisch: "Das ist absoluter Quatsch. Da ist überhaupt nichts dran. Es geht um einen möglichen Wechsel nach Bremen, sonst nichts."

Trotzdem sollen zum Drittliga-Auftakt gegen Heidenheim, als Calhanoglu mit zwei Freistoßtoren dem KSC zum Unentschieden verhalf, Scouts des türkischen Vereins Bursaspor vor Ort gewesen sein. Trabzonspor hat mittlerweile offiziell bestätigt, ihn verpflichten zu wollen. Nach SPOX-Informationen lässt außerdem Galatasaray-Trainer Fatih Terim das Talent beobachten.

"Es sind wieder andere Vereine aktiv geworden. Und das vergangene Wochenende war sicher nicht zum Nachteil für Hakan, bei mir und dem KSC sind viele Telefonate eingegangen", kommentierte Demirtas die Gerüchte vielsagend.

Baldige Entscheidung?

Wohin es Calhanoglu am Ende auch verschlagen wird, sein Berater rechnet mit einer zeitnahen Einigung: "Ich denke, nächste Woche wird Licht ins Dunkel kommen, da wird es eine Entscheidung geben."

Kreuzer sieht das anders, er erklärte bei "Baden TV": "Momentan ist es relativ ruhig um Hakan. Es ist richtig, dass Bremen sehr interessiert ist oder war an dem Spieler, aber auch da ist der Kontakt etwas eingeschlafen. Es gab ein Angebot seitens der Bremer, das für uns inakzeptabel war."

Der KSC sieht sich finanziell nicht genötigt, Calhanoglu zu verkaufen. Trainer Markus Kauczinski erklärte jüngst, dass er nicht mehr das Gefühl habe, Calhanoglu "sitze auf gepackten Koffern".

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