Um den Tsunami an Glückwünschen auf ihrem Smartphone kann sich Sabrina Wittmann erst mal nicht kümmern. Sie habe bislang "einen Artikel gelesen", aber "unzählige Screenshots und Nachrichten" erhalten, seit sie am Donnerstag zur ersten Cheftrainerin im deutschen Männer-Profifußball befördert wurde.
"Es ging Schlag auf Schlag, aber es fühlt sich total gut an", sagte Wittmann, die am Sonntag (19.30 Uhr) auf der Trainerbank des Drittligisten FC Ingolstadt gegen das abstiegsbedrohte Waldhof Mannheim debütiert - und ihrem Verein ganz nebenbei so viel Aufmerksamkeit beschert wie seit dem Bundesliga-Abstieg 2017 nicht mehr.
"Vorbilder sind wichtig, damit andere Frauen erkennen, was alles möglich ist", sagte Wittmann Anfang April im Interview mit dfb.de. Damals trainierte sie noch die U19 der Schanzer. Nun ist sie selbst das Vorbild, so schnell kann es gehen.
Sabrina Wittmann beim FCI: "Wir gehen nach Qualität, nicht nach Geschlecht"
Nachdem sich der FCI nach der Winterpause aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet hatte, setzte die Vereinsführung am Donnerstagmorgen Chefcoach Michael Köllner vor die Tür. Auftritt der 32-jährigen Wittmann, die seit 19 Jahren im Verein ist, nach eigenen Angaben "alle Spieler, von den ganz kleinen bis zu den ganz großen" kennt und mit der U19 erst am vergangenen Wochenende die Vize-Meisterschaft in der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest feierte.
Nach einem aufwühlenden Telefonat mit der sportlichen Leitung des FCI ist Wittmann nun eine Pionierin im deutschen Profifußball. Ex-Nationalspielerin Inka Grings (SV Straelen) und Imke Wübbenhorst (Sportfreunde Lotte) hatten zuvor schon einmal Männer-Viertligisten trainiert, beim Bundesligisten Union Berlin vertrat Marie-Louise Eta zu Jahresbeginn als Co-Trainerin gemeinsam mit Danijel Jumic den gesperrten Chefcoach Nenad Bjelica an der Seitenlinie. Wittmann aber ist die erste Chefin in einer der drei Profiligen.
Zunächst bis zum nahen Saisonende, doch eine Weiterbeschäftigung scheint nicht ausgeschlossen. "Man sollte niemals nie sagen im Fußball", erklärte Sportdirektor Ivo Grlic diesbezüglich, wenngleich er natürlich den Trainermarkt sondiere. Man sei aber "zu 100 Prozent überzeugt" von der gebürtigen Ingolstädterin Wittmann, der allerdings noch die UEFA Pro-Lizenz fehlt.
"Wir gehen nach Qualität und nicht nach dem Geschlecht", sagte Ex-Profi Grlic. Wittmanns Kerneigenschaften laut ihres Bosses? "Direkt, authentisch, sehr talentiert."
Ihr Talent kann Wittmann bis Saisonende insgesamt viermal an der Seitenlinie beweisen. Dem Waldhof-Spiel folgen die Ligapartien gegen Absteiger VfB Lübeck und den SV Sandhausen. Am 25. Mai geht es schließlich im Finale des Bayern-Pokals gegen die Würzburger Kickers um einen Titel - und um den Einzug in die erste Runde des DFB-Pokals.