Via Nachrichtenagentur "Interfax" lässt der 49-Jährige verkünden: "Die Arbeiten zur Vorbereitung an der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine sind zu 99,99 Prozent erledigt."
Damit wäre Kolesnikows Mission erfüllt. Als die Regierung in Kiew Anfang 2010 wechselte und der pro-russische Präsident Viktor Janukowitsch an die Macht kam, drohte der Ukraine der Entzug der Gastgeberrolle für die EURO 2012. Das Land lag mit den Vorbereitungen teilweise fünf Monate in Verzug.
Fußball-Fan mit enger Verbindung zu Oligarch Achmetow
Der Machtwechsel in Kiew wurde auch durch die Unterstützung des Multimilliardärs Rinat Achmetow möglich, der jahrelang die Janukowitsch-Wahlkämpfe mit Unsummen sponserte. Achmetows langer Arm reicht auch ins Kabinett. In Kolesnikow installierte er einen engen Vertrauten, der sich fortan um die reibungslose Vorbereitung der EM kümmern sollte.
Achmetow, laut Forbes Nummer 39 unter den 100 reichsten Menschen der Welt, ist auch Besitzer des Champions-League-Clubs Schachtjor Donezk. Die EURO 2012 wollte der Oligarch zum Aufpolieren seines Images nutzen.
Kolesnikow ist ein öffentlichkeitsscheuer Mann. Seine Frau und die zwei Kinder sollen in Moskau leben. Wenn es die Zeit erlaubt, fliegt er übers Wochenende zur Familie. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler stammt aus dem südostukrainischen Mariupol. Anfang der 90er-Jahre wurde er Direktor einer Handelsgesellschaft in Donezk.
Damals lernte er seinen späteren Mentor Achmetow kennen. Fußball-Fan Kolesnikow wurde 1998 Vize-Präsident von Schachtjor Donezk und war viele Jahre stellvertretender Vorsitzender des Regionalrates in Donezk. Laut Wirtschaftsmagazin Forbes besitzt Kolesnikow eine Investmentfirma sowie den Süßwarenkonzern Conti, zusammen soll 2011 ein Umsatz von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaftet worden sein.
"Banditen hinter Gitter"
Während im Spätherbst 2004 Millionen Ukrainer auf Straßen und Plätzen die pro-westliche, von Julia Timoschenko und dem späteren Präsidenten Viktor Juschtschenko angeführte Orangene Revolution unterstützten und eine Wiederholung der von Janukowitsch gefälschten Wahlen forderten, hielt Kolesnikow eisern zu Janukowitsch, plädierte sogar für die Spaltung des Landes und die Schaffung eines südukrainischen Staates.
Dem kleinen, schmalgebauten Kolesnikow wird eine spezielle Feindschaft zu den Politikern der Orangenen Revolution nachgesagt, wenngleich Kolesnikow sich zu der aktuellen Debatte um die inhaftierten ehemaligen Kabinettsmitglieder der Regierung Timoschenko bisher kaum geäußert hat.
Eine der Losungen der Revolution von 2004 lautete: "Banditen hinter Gitter". An die ganz großen Fische traute man sich nicht heran, aber es erwischte Boris Kolesnikow. Er saß vom 6. April bis zum 2. August 2005 in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Erpressung eines Geschäftspartners beim Bau eines Shoppingcenters in Donezk.
Der damalige Innenminister Juri Luzenko, inzwischen zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt, geriet mit Präsident Juschtschenko wegen Kolesnikow aneinander. Am Ende wurde Kolesnikow aus der Untersuchungshaft entlassen. Kolesnikow setzte sich sofort ins Flugzeug nach Donezk und kehrte erst nach Kiew zurück, als er 2006 einen Sitz im Parlament und damit Immunität bekommen hatte.
Die Euro um jeden Preis
Der Mann mit dem vorgebeugten Gang ist trotz einer schweren Herzkrankheit Kettenraucher. Anfang 2011 fiel er mit einer Bypass-OP wochenlang aus. Damals war die Regierung dabei gewesen, im ganzen Land eine Machtvertikale einzuziehen. Auch der ukrainische Fußballverband sollte auf Linie gebracht werden. Der mächtige Verbandsboss Grigorij Surkis, dessen Bruder Igor Besitzer des ukrainischen Erfolgsklubs Dynamo Kiew ist und Unterstützer der Orangenen Revolution war, sollte abgesetzt werden. Als UEFA-Präsident Michel Platini davon Wind bekam, drohte er im Januar 2011 erneut mit dem Entzug der EURO 2012 - zu viel für Kolesnikows Herz.
Von der schweren Erkrankung gezeichnet setzte Kolesnikow seine Mission im Frühjahr 2011 jedoch eisern fort. Auch Medienberichte, wonach er mit seinen Firmen Milliarden an der Vorbereitung zur EM mitverdient haben soll, schienen jetzt an ihm abzuprallen. Das Ziel: Die EURO 2012 in der Ukraine stattfinden zu lassen musste um jeden Preis erreicht werden.
Die hohen Kosten von rund zehn Milliarden Euro, Staatsquote 80 Prozent, wischt er vom Tisch: "Das sind alles Investitionen in die Infrastruktur, die auch nach dem Turnier genutzt wird", lautete seine Standardantwort zu den Ausgaben für die EM-Vorbereitung.
Und wenn es nach Kolesnikow geht, sollen nach der Fußball-EM weitere Milliardenprojekte folgen. Vor allem der Tourismus und der Ausbau der großen Städte im Osten und Süden des Landes stehen dabei im Vordergrund. Das nächste Prestigeprojekt ist auch bereits ausgemacht: Die Ukraine will sich für die Olympischen Winterspiele 2022 bewerben. Wie praktisch, dass Kolesnikow bereits Besitzer des Eishockeyklubs Donbass ist.
Der Spielplan der EM 2012