Auch deutsche Hooligans haben am Rande des EM-Auftakts in Frankreich randaliert und ein schlechtes Licht auf das Land des Fußball-Weltmeisters geworfen. Über 50 Krawallmacher griffen gegen 17.30 Uhr in Lille in der Nähe des Bahnhofs ukrainische Fans an. Das bestätigte Volker Goll, stellvertretender Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), dem SID.
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Zuvor hatten sich Tausende Anhänger aus Deutschland und der Ukraine fröhlich auf das Duell ihrer Mannschaften im Stade Pierre-Mauroy eingestimmt, dann zerstörten die Chaoten das friedliche Bild. "Die französische Polizei hat sehr spät eingegriffen", sagte Goll.
Die KOS begleitet die deutschen Fans in Frankreich. Die deutsche Polizeidelegation, die mit acht szenekundigen Beamten vor Ort ist, gab an, dass die Situation nicht ansatzweise mit den jüngsten Ausschreitungen in Marseille vergleichbar sei. Dort hatten in den vergangenen Tagen immer wieder russische und englische Hooligans für Jagdszenen gesorgt, ein Engländer schwebt nach den Vorfällen in Lebensgefahr.
In Lille flogen am Sonntag nach Augenzeugenberichten vor den Straßencafes Flaschen, Stühle und Rauchbomben. Auch rechtsradikale Parolen sollen skandiert worden sein, zudem wurde eine Reichskriegsflagge gezeigt. Nach SID-Informationen befinden sich rund 150 polizeibekannte Gewalttäter aus Deutschland in Lille.
21 Hooligans wurde Ausreise verweigert
Die Bundespolizei hinderte nach eigenen Angaben 21 Hooligans an der Ausreise nach Frankreich. In der Nacht zu Sonntag wurden in der Nähe von Trier zunächst 18 gewaltbereite Fans "festgestellt", im Laufe des Tages sei drei weiteren die Ausreise untersagt worden. Bereits am Samstag wurde bei acht Personen Rauschgift, Pfefferspray und Pyrotechnik sichergestellt, sie durften allerdings weiterreisen.
Bei den Krawallen in Lille wurde auch ein Reporter des TV-Senders Sport1 von zwei Hooligans attackiert und bekam einen Schlag in die Rippen. Nach französischen Polizeiangaben wurden bei den Ausschreitungen zwei Ukrainer verletzt. Über mögliche Festnahmen gab es zunächst keine Informationen. Zwei Stunden vor dem Anpfiff hatte sich die Lage nach Angaben der deutschen Polizei beruhigt.
Noch bis in den Nachmittag hinein hatten auf dem Grand Place und den umliegenden Straßen in der Altstadt von Lille Fans aus beiden Lagern ein stimmungsvolles und friedliches Fußballfest gefeiert, sich gegenseitig fotografiert und mit Gesängen auf das Gruppenspiel am Abend (21.00 Uhr) eingestimmt.
Um 16.30 machten sich rund 2000 deutsche Fans im Rahmen eines Fanmarsches von der Innenstadt auf den Weg zum Stadion im Vorort Villeneuve d'Ascq. Sie erreichten es nach anderthalb Stunden, dabei gab es keine Zwischenfälle. Insgesamt werden 20.000 deutsche Fans beim Spiel der Gruppe C erwartet.
Die Krawalle kamen für die Ordnungskräfte offenbar überraschend. Noch am Sonntagmittag hatte Gerd Wagner von der deutschen Fanbotschaft in Frankreich erklärt: "Es liegen uns weder von französischen noch von deutschen Sicherheitsbehörden Hinweise vor, dass es hier zu Ausschreitungen kommt."