EM

Island schickt Österreich nach Hause

David Alaba fand in seiner sehr offensiven Rolle wieder kaum Bindung zum Spiel
© getty

Am letzten Spieltag der Gruppe F hat Österreich in Paris gegen Island das Achtelfinale der EM verpasst. Die Österreicher unterlagen in Paris 1:2 (0:1). Island dagegen steht in der Runde der letzten 16.

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Vor 80.000 Zuschauern im Pariser Stade de France brachte Jon Dadi Bödvarsson Island in der 18. Minute in Führung, ehe Aleksandar Dragovic noch vor der Pause vom Elfmeterpunkt die große Chance zum Ausgleich verfehlte (37.).

Den erzielte nach der Pause der eingewechselte Alessandro Schöpf (60.). In der Nachspielzeit traf Arnor Ingvi Traustason jedoch noch zum Sieg für Island. Das ist gleichbedeutend mit dem Turnier-Aus für die Alpenrepublik. Damit ist Österreich in sechs Spielen bei Europameisterschaften weiterhin sieglos (zwei Remis, vier Niederlagen).

Bei Island, das als Tabellenzweiter (5 Punkte) bei seiner EM-Premiere in der K.o.-Runde steht, feierten Kari Arnason, Johann Gudmundsson und Birkir Bjarnason jeweils ihren 50. Länderspiel-Einsatz. Die Isländer bestreiten ihr Achtelfinale am Montag um 21 Uhr in Nizza. Gegner ist England.

Reaktionen:

Lars Lagerbäck (Trainer Island): "Es ist fantastisch und ich bin sehr froh. In der ersten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir Fußball spielen können, danach sind wir in alte Muster verfallen. Aber es war heute sehr schwierig und etwas aufregender als sonst. Wir hätten gerne mehr Ballbesitz gehabt. Jeder Gegner ist jetzt schwer, aber gegen England zu spielen, ist sehr schön. Wir haben jetzt vier Tage Zeit, uns zu erholen. Vielleicht können wir die Engländer dadurch vor einige Probleme stellen."

Marcel Koller (Trainer Österreich): "Wir haben zu wenig Ruhe am Ball gehabt. Das war bei jedem Spiel so. Wir sind erst in der zweiten Halbzeit ins Spiel gekommen. So einfach ist es auch nicht vor 80.000 zu spielen. Da kann jeder Erfahrung mitnehmen. Die Spiele bei so einer Endrunde sind sehr intensiv. Im Fußball braucht es Selbstvertrauen. Derzeit läuft es in die falsche Richtung. Das muss man stoppen."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Islands Coach Heimir Hallgrimson schickt die gleiche Elf wie beim 1:1 gegen Ungarn aufs Feld.

Bei Österreich kehrt Dragovic nach seiner Rotsperre für Harnik in die Startelf zurück. Im Vergleich zum 0:0 gegen Portugal beginnt er wieder rechts hinten, dafür rückt Klein vor ins Mittelfeld.

2.: Was ein Start! Gudmundsson bekommt 25 Meter zentral vor dem Tor den Ball und zieht voll ab. Der Ball klatscht ans linke Lattenkreuz! Glück für Österreich.

12.: Unfassbar! Arnautovic klaut Halldorsson am Fünfer den Ball vom Fuß und hat ein leeres Tor vor sich. Doch der Österreicher rutscht selbst aus und kommt nicht zum Abschluss.

15.: Gylfi Sigurdsson schlägt die Ecke in Österreichs Strafraum - und der Ball segelt über Almer hinweg an den langen Pfosten! Fast ein direktes Standard-Tor!

18., 1:0, Bödvarsson: Nach einem langen Einwurf von Gunnarsson verlängert Arnason per Kopf in Richtung Elfmeterpunkt, wo Bödvarsson den Ball sehr gut annimmt und im Fallen aus acht Metern vor dem störenden Baumgartlinger ins Tor befördert.

37.: Skulason zerrt im Strafraum an Alaba, der zu Fall geht. Marciniak gibt Elfmeter - richtige Entscheidung. Doch Dragovic schießt den Ball an den linken Pfosten!

42.: Baumgartlinger schlenzt den Ball aus 25 Metern auf den Kasten, Halldorsson macht sich lang und klärt zur Ecke.

47.: Alaba mit seinem ersten Abschluss! Island klärt an den Elfmeterraum, wo der Münchner völlig freisteht. Sein Schuss wird aber geblockt - Ecke.

60., 1:1, Schöpf: Alaba legt 20 Meter vor dem Tor quer auf Schöpf, der mit einem Haken in den Sechzehner läuft und mit links abschließt. Er trifft rechts unten.

65.: Riesenchance für Island! Gylfi Sigurdsson wird im Strafraum freigespielt und grätscht den Ball aufs Tor. Almer pariert zur Seite weg.

68.: Janko bekommt den Ball im Strafraum serviert, drückt ihn seitlich stehend aus acht Metern aber ganz knapp rechts am Tor vorbei.

72.: Den muss Schöpf machen! Er taucht neun Meter vor dem Tor alleine vor Halldorsson auf, scheitert aber am herausstürmenden Keeper.

90.+4, 2:1, Traustason: Wahnsinn! Island macht den Deckel drauf. Österreich ist komplett offen und kassiert den Konter. Bjarnason legt quer auf Traustason, der grätscht den Ball rein!

Fazit: Hart erkämpfter, aber glücklicher Sieg für Island. Österreich wachte zu spät auf und machte dann nichts aus seinen Chancen. Das 1:2 war letztlich auch egal.

Der Star des Spiels: Hannes Halldorsson. War in einem zerfahrenen Spiel der auffälligste Akteur und hielt Island mit sechs starken Paraden erst den Punkt und am Ende sogar den Sieg fest.

Der Flop des Spiels: Ari Skulason. Verschuldete den Elfmeter gegen Alaba und hatte auch sonst auf seiner linken Seite einige Probleme im Eins-gegen-eins. Über seine Seite kam Österreich gleich mehrfach zu Torchancen.

Der Schiedsrichter: Szymon Marciniak (Polen). Lag falsch in der Bewertung des Zweikampfs Arnautovic-Arnason (28.). Der Österreicher hätte für seinen Ellbogenschlag mindestens Gelb verdient gehabt. Ansonsten fast immer richtig, so auch beim Elfmeter und der Entscheidung, direkt nach der Pause nicht erneut Strafstoß zu pfeifen.

Das fiel auf:

  • Österreich spielte im Vergleich zum Portugal-Spiel in einer deutlich offensiveren Grundordnung: Koller wählte die Dreierkette mit Hinteregger, Prödl und Dragovic. Fuchs beackerte die linke Außenbahn diesmal deutlich weiter vorne, wenngleich nicht so offensiv wie sein Pendant auf rechts, Florian Klein. So ergab sich ein gut erkennbares 3-4-3. Alaba spielte als zentrale Angriffsspitze, flankiert von Arnautovic und Sabitzer.
  • Wirklich sicher agierte Österreich in diesem System aber nicht. Gerade Fuchs fand sich auf der linken Seite nicht zurecht. Er hing immer wieder unentschlossen zwischen Abwehr und Mittelfeld. Genauso Alaba: Wieder ging das Spiel in der ersten Hälfte völlig an ihm vorüber. Abgesehen davon, dass er kaum an den Ball kam, wirkte er in den wenigen Situationen wieder nervös und produzierte erneut ungewohnte Fehlpässe.
  • Island hatte vor der Partie bei dieser EM den mit Abstand geringsten Ballbesitz (28 Prozent), kam gegen Österreich in der ersten Hälfte phasenweise aber auf fast 45 Prozent. Das lag daran, dass die Abstände zwischen Österreichs Ketten viel zu groß waren. Es war so, als betrachteten die Österreicher die drei Mannschaftsteile völlig losgelöst voneinander. Es fehlte die Bindung zwischen den Ketten. Ging die vordere Reihe ins Pressing, fehlte dahinter das Mittelfeld. Island bewegte sich gemütlich in diese Räume und kam so kaum in Bedrängnis.
  • Island, das im flachen 4-4-2 spielte, suchte immer wieder den vertikalen Weg durchs Zentrum. Meist wurde Sigthorsson als Wandspieler genutzt, damit das Mittelfeld nachrücken konnte. Er ließ den Ball klatschen, dann wurde auf die Außen verlagert, wo Österreich durchaus Räume für Bjarnason und Gudmundsson freigab.
  • Durch die Hereinnahm von Janko und Schöpf rückte Alaba nach der Pause eine Reihe nach hinten und agierte als Mischung aus Achter und Zehner. Dadurch nahm er deutlich mehr am Spiel teil - und Österreich bekam mehr Bindung zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen. Davon profitierten auch die Stürmer, die in mehr Abschlusssituationen kamen.

Island - Österreich: Die Statistik zum Spiel