Nach seinem folgenschweren Fehlschuss erhielt Granit Xhaka einen aufmunternden Klaps vom Schweizer Verbandspräsidenten Peter Gillieron - wirklich nötig war der offenbar aber nicht. "Ja", gestand Xhaka nach dem Elfmeterkrimi im EM-Achtelfinale gegen Polen, "wir alle sind sehr enttäuscht. Aber einer musste eben diesen Fehler machen. Ich werde auch das nächste Mal anlaufen, das macht mich alles nur noch stärker."
Eineinhalb Stunden nach dem bitteren Aus, das der 23-Jährige mit der einzigen Niete beim 4:5 i.E. verschuldet hatte, wirkte Xhaka also schon wieder gefasst. Der Fußball sei "manchmal eben blöd", sagte der Pechvogel, und nicht immer gewinnt "die bessere Mannschaft. Aber wir haben dennoch ein super Turnier gespielt. Die Zukunft sieht rosig aus, und man muss mich nicht aufbauen."
Aufmunternde Worte wollte Xhaka gar nicht hören - er bekam sie trotzdem. "Granit hat hier eine super EURO hingelegt", sagte der Frankfurter Bundesliga-Stürmer Haris Seferovic und zog danach einen bemerkenswerten Vergleich: "Auch Ronaldo oder Beckham haben früher schon Elfmeter verschossen."
"Glück war entscheidend"
Mit größtmöglicher Wucht hatte das am Samstag Xhaka getan, der wegen seiner konstant erstklassigen Leistungen ab der kommenden Saison beim FC Arsenal spielen wird und der Bundesliga den Rücken kehrt. Der Noch-Gladbacher drosch den Ball als zweiter Schweizer Schütze deutlich neben den Pfosten und schlurfte danach traurig und mit gesenktem Haupt zur Mittellinie, wo ihn die Teamkollegen in den Arm nahmen.
"Fehler passieren. Manchmal ist man der Beste, manchmal der Traurigste. So ist eben der Fußball", sagte Xherdan Shaqiri, der mit seinem traumhaften Fallrückzieher (82.) die polnische Führung durch Jakub Blaszczykowski (39.) egalisiert und sein Team in die Verlängerung geführt hatte: "Auch Granit wird wieder aufstehen. Davon bin ich felsenfest überzeugt."
Ähnlich sah es der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic, für den ein Erfolg beim "Elfer-Roulette" ohnehin das Glück und nicht die Qualität der Spieler verantwortlich sei. "Granit hat eine tolle EM gespielt, deshalb tut es mir für ihn sehr leid. Am Ende ist die Schweiz ausgeschieden - darum geht es, und nicht nur um ihn."
Englische Medien hauen drauf
In Xhakas künftiger Heimat England, wo sie in der Vergangenheit bei großen Turnieren bekanntlich nicht die besten Erfahrungen mit Entscheidungen vom Punkt gemacht haben, war der künftige Gunner schnell das bestimmende Thema. "Xhakas Elfmeter-Kummer: Der Schweizer verliert die Nerven und knallt den Ball weit am Tor vorbei", schrieb das Boulevard-Blatt Sun. Der Mirror titelte: "Xhaka trifft als Einziger nicht! Sein Fehlschuss knockt die Schweiz aus."
Es war zuletzt dann noch der Trainer der Polen, der Pechvogel Xhaka für die Leistung vor dem folgenschweren Malheur Respekt zollte - zumindest indirekt. "Arkadiusz Milik hat ihn während des Spiels sehr eng gedeckt. Wir hatten extra einen Plan ausgeheckt, der perfekt aufgegangen ist", sagte Adam Nawalka, der mit seiner Mannschaft im Viertelfinale am Donnerstag in Marseille auf Portugal trifft. Wohl auch wegen Milik konnte Xhaka in der regulären Spielzeit im Mittelfeld nicht wie gewohnt Akzente setzen, auch in der Verlängerung blieb er blass.
Als er dann die Verantwortung übernehmen wollte, ging es prompt schief. Die Polen um Bundesliga-Torschützenkönig Robert Lewandowski trafen allesamt, Grzegorz Krychowiak als Letzter - und der Viertelfinaltraum für Xhaka und Co. vorbei.
Schweiz-Polen: Die Statistik zum Spiel