EM

Das Herz fehlt

Von SPOX
Die glanzvollen Tage der Squadra Azzurra sind Geschichte
© getty

Vom 10. Juni bis 10. Juli findet im Land des zweifachen Europameisters Frankreich die 15. Fußball-EM statt. SPOX stellt die 24 Endrunden-Teilnehmer vor. Dieses Mal: Italien.

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Land: Italien

Einwohner: 60,7 Millionen

Weltranglistenplatz: 12

EM-Teilnahmen: 8

Größte EM-Erfolge: 1x Europameister (1968), 2x Vizemeister (2000, 2012)

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Der Star: Leonardo Bonucci. Als Star des Teams könnte man natürlich auch die lebende Legende im Tor der Italiener bezeichnen, doch Bonuccis Wert kann für die Squadra Azzurra kaum zu hoch eingeschätzt werden. Vor allem seit dem Ausfall von Marchisio und der Nichtberücksichtigung von Pirlo fehlt der Mannschaft der Regisseur, der das Spiel von hinten heraus aufbaut und lenkt. Diese Rolle füllt Bonucci bei Juventus schon seit längerem aus, ziehen doch die Teams der Serie A TIM die nominellen Regisseure des Rekordmeisters gerne per Manndeckung aus dem Verkehr. Somit spielte in dieser Saison kein Spieler der Turiner mehr Pässe als der Verteidiger und das bei einer Erfolgsquote von 87 Prozent. Früher wäre Bonucci sicherlich als Libero aufgelaufen und nicht umsonst bezeichnete ihn Pep Guardiola als einen seiner absoluten Lieblingsspieler.

Der Trainer: Antonio Conte. Trainiert die Squadra Azzurra seit 2014 und führte sie ungeschlagen durch die EM-Qualifikation. Allerdings hatte man eine dankbare Gruppe und gegen Kroatien, die einzige Mannschaft mit internationaler Qualität, kamen die Italiener in beiden Begegnungen nicht über ein Unentschieden hinaus. In seiner Amtszeit probierte der Coach, der nach dem Turnier von Giampiero Ventura beerbt wird, zahlreiche Systeme aus und schien in der Quali das 4-3-3 für seine Mannschaft entdeckt zu haben. Doch mit den Ausfällen der spielstarken Akteure Marchisio und Verratti brach den Azzurri ihr Herzstück im Mittelfeld weg, weshalb Conte nun höchstwahrscheinlich wieder auf ein System mit drei Verteidigern setzen wird. Dabei wird Conte versuchen, die gegnerischen Mannschaften zum Pressing einzuladen, damit vertikal auseinanderzuziehen und schließlich durch einen präzisen flachen Pass in die Spitze schnelle Angriffe einzuleiten. Die Außen ziehen dazu den Gegner horizontal auseinander, wodurch mehr Platz in der Mitte entsteht. Dank der herausragenden taktischen Organisation und der zahlreichen flexiblen Flügelspieler kann Conte sein System im Laufe einer Partie problemlos auf eine Viererkette umstellen. Somit legt der Nationaltrainer ein hohes Gewicht auf die Vorbereitung: "Wir wollen besser vorbereitet sein als alle anderen, in jeder Hinsicht: technisch, taktisch, physisch und mental."

Der Kapitän: Gianluigi Buffon. Ist eine absolute Institution im Tor der Squadra Azzurra und neben Bonucci wohl auch der einzige Spieler im Kader, der das Prädikat "Weltklasse" verdient. Trotz seiner 38 Jahre bewies er in dieser Saison wieder seine Qualität, indem er mit 974 Minuten ohne Gegentor einen neuen Rekord in der Liga aufstellte. Auch mit seiner Autorität und Erfahrung stellt der Rekordnationalspieler (157 Einsätze) eine wichtige Stütze in der Mannschaft dar, vor allem für die weitgehend unerfahrene Offensivabteilung.

Der Spieler im Fokus: Federico Bernardeschi. An dieser Stellte könnten auch El Shaarawy oder Insigne stehen, die beide in dieser Saison eindrucksvoll ihre Klasse zur Schau stellten. Doch während "Il Pharaone" und der Neapolitaner als eingefleischte Flügelstürmer gelten, kann der 22-jährige Shootingstar des AC Florenz sowohl in einem System mit Dreier- als auch mit Viererkette jede einzelne Position auf den Flügeln bekleiden. Wenn Conte also im Laufe einer Partie sein System ändern möchte, ist Bernardeschi ein Spieler, der sich dank seiner Polyvalenz problemlos anpassen könnte. Zudem zeichnet sich der Youngster durch absolute Dreistigkeit auf dem Platz aus. Er scheut die große Bühne nicht, ist sich für keine Grätsche zu schade und ackert auf seiner zugewiesenen Außenbahn stets so, als ob es sein letztes Spiel wäre. Für Bernardeschi, der sich in dieser Saison bereits in den Fokus einiger Top-Vereine spielte, könnte die EM in Frankreich also der absolute Durchbruch bedeuten.

Die Wunschelf (3-4-3): Buffon - Barzagli, Bonucci, Chiellini - Darmian, Thiago Motta, Parolo, Bernardeschi - Candreva, Pelle, Insigne

Die Prognose: Den Glanz alter Tage hat Italien ohnehin schon verloren. Die zunehmende Schwäche der heimischen Liga, gepaart mit dem Ausländeranteil von ganzen 63 Prozent, ließ der Goldenen Generation von 2006 keine ebenbürtigen Erben folgen. Auch Conte sprach von einem "Generationenproblem". Mit Schweden, Irland und Belgien hat die Squadra Azzurra außerdem keine einfache Gruppe erwischt. Zlatan Ibrahimovic geht in sein letztes großes Turnier, wird dementsprechend motiviert sein und kann bekanntlich jedes Spiel im Alleingang entscheiden. Auch die physisch starken Iren, die Deutschland in der Qualifikation ein Remis abtrotzten und sogar einmal schlugen, gilt es nicht zu unterschätzen. Die Ausfälle von Marchisio und Verratti wiegen zudem schwer und schwächen das Team ungemein. Die Azzurri können sich zwar wie gewohnt auf eine stabile Defensive verlassen, vorne fehlt allerdings ein gefährlicher Torjäger. Italien wird also schon in der Gruppe zu kämpfen haben, erreicht man aber die K.o.-Runde, ist nichts auszuschließen. Denn mit dem Rücken zur Wand läuft die Squadra Azzurra bekanntlich zu Höchstleistungen auf.

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