SPOX: Herr Martins Indi, die holländische U 21 ist im Halbfinale der EM an Italien gescheitert. Zwölf Spieler, die bereits in der A-Nationalmannschaft aufliefen, standen im Kader von Jong Oranje - beim deutschen Team war es nur Lewis Holtby. War es für Sie sofort klart, in Israel mit dabei zu sein?
Bruno Martins Indi: Für mich war es seine Selbstverständlichkeit, dieses Turnier zu spielen. So erging es eigentlich jedem in unserem Team. Ich bin ja auch in diesem Alter, das zur Teilnahme berechtigt hat. Ich weiß, dass das in Deutschland etwas anders gehandhabt wurde, aber dazu kann ich nichts sagen. Sie haben sich offenbar nicht so entschieden wie wir und dann müssen das die Spieler eben befolgen.
SPOX: Sie hatten an die 50 Pflichtspiele absolviert, bevor es zur EM ging. War der Akku nicht leer
Martins Indi: Erschöpft war ich nicht. Ich hatte nach dem Saisonende mit Feyenoord eine Woche Urlaub, ich der ich quasi gar nichts gemacht und nur regeneriert habe. Daher steckte ich voller Energie, als ich in Israel ankam. Das war kein Problem für mich.
SPOX: Cor Pot betreut die U 21, Louis van Gaal die Nationalelf. Inwiefern ist es schwer, einmal unter dem einen und dann wieder unter dem anderen Coach zu spielen?
Martins Indi: Im Großen und Ganzen bestehen keine riesigen Unterschiede. Natürlich gibt es Teilbereiche, in denen nicht jeder einer Meinung ist und anders vorgeht. Das gibt es überall, kein Trainer ist genau wie der andere. Van Gaal ist vielleicht etwas autoritärer, aber das war's auch schon.
SPOX: Bei der EM kamen Sie ausschließlich als Innenverteidiger zum Einsatz. Manchmal verteidigen Sie aber auch auf der linken Seite. Wünschen Sie sich für die Zukunft eine feste Position?
Martins Indi: Es liegt mir schon mehr, in der Innenverteidigung zu spielen. Dort ist die Verantwortung größer und ich kann die Abwehr dirigieren. Das gefällt mir und ich denke auch, dass meine Qualitäten dort am besten zum Vorschein kommen.
SPOX: Ist die Umstellung, dann auch mal als Linksverteidiger ran zu müssen, besonders groß?
Martins Indi: Nein, das geht schon auch. Die Rolle ist aber natürlich eine andere. Als Linksverteidiger muss man die Linie hoch und runter rennen und sich auch viel mehr im Offensivspiel zeigen. Und seine direkten Duelle dazu fast ausschließlich an der Seitenlinie gegen richtig schnelle Gegenspieler ausfechten. Die Umstellung ist jetzt nicht unglaublich schwierig, aber meiner Meinung nach bin ich besser als Innenverteidiger aufgehoben.
SPOX: Sie hätten ja eigentlich auch für Portugal auflaufen können, da Sie dort geboren wurden.
Martins Indi: Ja, aber ich war nur drei Monate alt, als meine Eltern in die Niederlande zogen. Die Portugiesen hatten sich auch einmal gemeldet, aber das war zu spät. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich bereits für Holland entschieden.
SPOX: Dort haben Sie die Jugendakademie von Feyenoord Rotterdam durchlaufen und das in Holland übliche 4-3-3 kennengelernt. Warum hält man dort so beinhart fest an diesem System?
Martins Indi: Das ist für mich durchaus nachvollziehbar. Das 4-3-3 ist unsere einheitliche Spielphilosophie, die vor langer Zeit auserkoren wurde. Das kenne ich schon, seitdem ich als Kind angefangen habe. Ich weiß, wann ich in dieser Formation den Ball abspielen und wann ich ihn am Fuß führen soll. Das hat sich in meinem Kopf mit den Jahren vollkommen verselbständigt - und so soll es bei einem einheitlichen System doch auch sein!
SPOX: Welche Erinnerungen haben Sie noch an Ihr viertes Profispiel für Feyenoord in der Eredivisie? Damals setzte es im Oktober 2010 die 0:10-Rekordniederlage in Eindhoven.
Martins Indi: Darüber möchte ich nicht mehr viel sprechen. Nur so viel: Das war eine ganz harte Nummer für mich. Aber ich habe mich mental davon erholt, sonst würde ich jetzt auch nicht dort stehen, wo ich momentan bin.
SPOX: Seit Ronald Koeman im Sommer 2011 als Trainer übernommen hat, geht es mit Feyenoord, das zuvor nur auf Platz 10 landete, wieder bergauf. Zuletzt schloss man die Saison als Zweiter und Dritter ab. Was läuft unter Koeman anders?
Martins Indi: Er hat unserer Mannschaft einen völlig neuen und anderen Geist eingehaucht. Damit hat sich auch unser Blick auf den Fußball im Allgemeinen verändert. Er hat neben den taktischen Veränderungen auch die mentale Herangehensweise der Spieler verändert. Ich möchte davon aber keine konkreten Details verraten.
SPOX: Feyenoord bringt mittlerweile viele junge Talente in den Profifußball und scheint der Akademie von Ajax Amsterdam immer näher zu kommen. Woran liegt das?
Martins Indi: Ich kann nicht sagen, ob es den einen entscheidenden Grund dafür gibt. Ich denke jedoch, dass es vor allem mit den zahlreichen Ex-Profis wie U-19-Trainer Roy Makaay, Jean-Paul van Gastel oder Giovanni van Bronckhorst zu tun hat, die mittlerweile bei Feyenoord arbeiten. Sie bauen sehr auf die Jugendförderung und garantieren jungen Talenten viel Spielzeit. Das hat die Durchlässigkeit in den Profibereich in letzter Zeit sehr erhöht.
SPOX: Sie selbst sind fester Bestandteil der Koeman-Elf und wurden in der Niederlande bereits mit Abwehrlegende Jaap Stam vergleichen. Was sagen Sie zu diesem Hype, der um Sie herum entstanden ist?
Martins Indi: Ich bin nicht der neue Jaap Stam. Ich bin Bruno und werde das hoffentlich auch für immer bleiben (lacht). Ich kriege natürlich mit, was man über mich denkt oder wie ich beurteilt werde. Das lasse ich aber nicht so sehr an mich heran, so dass ich auf einmal denken würde, ich wäre etwas Besseres als andere oder ich müsste nicht mehr an mir arbeiten. Ich sehe das gelassen, solche Vergleiche gibt es ja nicht erst seit mir.
SPOX: Sie wirken trotz Ihrer 21 Jahre bereits enorm abgeklärt und stabil. Ist dafür auch Ihre Tochter Zoe Miliana verantwortlich?
Martins Indi: Man hört ja oft, dass es einen verändert, wenn man ein Kind hat. Das ist wirklich so (lacht). Man spürt auf einmal dieses Mehr an Verantwortung. Ich denke auch, dass ich etwas ruhiger geworden bin. Das hilft mir natürlich auch auf dem Platz und beschleunigt die eigene Reife.
Bruno Martins Indi im Steckbrief