EM

Saponara: Wegen ihm stellt Milan um

Von Für SPOX in Israel: Jochen Tittmar
Riccardo Saponara unterschrieb beim AC Milan zur kommenden Saison einen Vertrag über fünf Jahre
© getty

Riccardo Saponara, der am Samstag mit Italiens U 21 im Halbfinale der EM in Israel auf die Niederlande trifft (20.30 Uhr im LIVE-TICKER), war der erste Transfer des AC Milan für die kommende Saison und steht sinnbildlich dafür, dass die Rossoneri den Verjüngungsprozess des Kaders weiter verfolgen. Der 21-Jährige kommt aus der Serie B, doch wegen ihm stellt Milan sogar das System um.

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Wenn man momentan einen Blick auf den gesamten Kader des AC Milan wirft, dann entdeckt man darin sagenhafte 59 Spieler. Da würde wohl selbst Felix Magath vor Neid erblassen. Das Durchschnittsalter dieser drei Teams in einem liegt unter 24 Jahren. Im ersten Moment scheint es also, dass Milan den Verjüngungsprozess des Kaders, welcher in der vergangenen Saison seinen Ursprung nahm, bereits abgeschlossen hat.

Doch beinhaltet diese Liste auch 33 Kicker, die Milan verliehen hatte und deren Zukunft für das Gros wohl auch weiterhin nicht in Mailand liegen wird. Der Kern jener Truppe, die vergangene Saison fürchterlich startete und am Ende doch noch den CL-Quali-Platz sicherstellte, ist dagegen durchschnittlich über 27 Jahre alt.

Saponara: 13 Tore, 15 Vorlagen

Es ist daher längst nicht angebracht davon zu sprechen, den Rossoneri sei bereits der große Cut im Kader gelungen. Milan ist weiterhin bestrebt, eine neue Identität auszubauen, die künftig von jungen und entwicklungsfähigen Spielern getragen werden soll.

Nummer 34 der Ausleihspieler ist Riccardo Saponara. Doch bei ihm, das steht seit Anfang des Jahres fest, liegt die Zukunft in San Siro. Saponara war Milans erster Transfer für die neue Spielzeit. Der Verein sicherte sich im Januar 50 Prozent seiner Transferrechte - die andere Hälfte liegt beim FC Parma - für rund vier Millionen Euro, lieh Saponara aber für das restliche Halbjahr weiter an den FC Empoli aus.

Beim Serie-B-Klub aus der Toskana gelang Saponara in der abgelaufenen Saison der endgültige Durchbruch. Der 21-Jährige, der in der Emilia-Romagna beim S.C. Ravenna Sport 2019 das Fußballspielen erlernte, führte Empoli mit elf Toren und 14 Assists bis ins Playoff-Finale gegen den AS Livorno. Saponara verlässt den Verein aber ohne Happy End: Trotz zweier weiterer Buden und einer Vorlage in den vier Playoff-Spielen scheiterte sein Team im toskanischen Derby, einem 1:1 zuhause folgte eine 0:1-Pleite in Livorno. Empoli bleibt also Zweitligist.

"Keiner war so stark wie Saponara"

Dass Saponara seinen Klub, der im Vorjahr als Tabellen-18. noch ein Playoff-Match gegen Vicenza Calcio benötigte, um nicht in die 3. Liga abzusteigen, innerhalb eines Jahres auf ein vollkommen anderes Level gehievt hat, liegt auch an Maurizio Sarri. Der Coach traf zu Saisonbeginn die Grundsatzentscheidung, dass der variabel einsetzbare Saponara nicht mehr auf dem offensiven Flügel oder als zweite Spitze aufläuft, sondern fortan die Freiräume als zentraler Mann hinter den beiden Angreifern genießen darf.

Ein Geniestreich des Trainers, Saponara gehörte in der abgelaufenen Spielzeit zu den stärksten Akteuren in Italiens 2. Liga. Vereinspräsident Fabrizio Corsi, der die meiste Zeit der Saison natürlich auch aufgrund des guten Abschneidens seines Klubs aus dem Häuschen war , sang ein Loblied auf seinen Spieler mit der Nummer acht: "In meinen zwanzig Jahren als Präsident habe ich nur sehr wenige Spieler seiner Klasse gesehen. Keiner war so stark wie Saponara, abgesehen von vielleicht Montella und Di Natale - und das sind Spieler, die italienische Fußball-Geschichte geschrieben haben. "

Saponara selbst begründet seine Formexplosion neben der neuen Rolle auf dem Feld auch in einer Zusammenarbeit mit Mentaltrainer Roberto Civitarese, der unter anderem auch Liverpools Fabio Borini betreut.

Kaka ist Saponaras großes Vorbild

Ab dem 8. Juli, wenn Milan in die neue Spielzeit startet, ist Saponara nun Erstligaspieler. Milan setzte sich im Gerangel um den Spieler gegen hochkarätige Konkurrenz durch. Auch Juventus, Inter und Liverpool waren in der Verlosung, die "Gazzetta dello Sport" berichtete zudem von einem Interesse des Hamburger SV und von Werder Bremen.

Saponara sagte Milan zu, weil er dem Klub schon als Kind nahe stand und Ex-Rossonero Kaka als sein großes Vorbild nennt, weshalb er in der Vergangenheit bereits die Trikotnummer 22 trug. "Als ich von der Einigung mit Milan hörte, begann ich sofort zu weinen. Ich konnte es kaum glauben, dass ich nun bei diesem Verein spielen darf. Für mich geht ein großer Traum in Erfüllung. Alle Opfer, die ich erbracht habe, haben sich ausgezahlt", sagte Saponara, der einen Fünfjahresvertrag unterschrieb.

Es ist jedoch erstaunlich, welch große Stücke der AC auf den 1,84 Meter großen U-21-Nationalspieler hält. "Mir gefiel Saponara seit einiger Zeit", verriet Geschäftsführer Adriano Galliani. "Unsere neue Strategie sieht vor, junge Spieler zu verpflichten, und da passt er genau rein."

Milan stellt wegen Saponara auf 4-3-1-2 um

Diese Strategie wird auch auf dem Feld eine Neuerung erfahren: Milan will zur kommenden Saison wieder das 4-3-1-2-System auspacken, das Trainer Massimiliano Allegri in seinen ersten beiden Jahren spielen ließ - wegen Saponara."Als wir Riccardo Saponara verpflichtet haben, entschieden wir uns, mit zwei Stürmern zu spielen, da er ein Spielmacher ist. Durch seinen Kauf war es offensichtlich, dass wir nicht mehr im 4-3-3 auflaufen werden", so Galliani weiter. Die Kollegen, die Saponara künftig mit Zuspielen füttern soll, heißen dann nicht mehr Francesco Tavano und Massimo Maccarone, sondern Stephan El Shaarawy und Mario Balotelli...

Vielleicht gelingt es Saponara aber doch noch, ein Happy End der Saison mit in den Urlaub zu nehmen: Mit der italienischen U 21 bestreitet er am Samstag das EM-Halbfinale gegen Holland. Durch das letzte Playoff-Spiel am 2. Juni stieß er erst kurz vor knapp zum Team von Devis Mangia. 18 Minuten brauchte er in Israel, um in seiner ersten Partie gegen den Gastgeber einen herrlichen Spielzug abzuschließen und zur Führung einzunetzen.

"Wir haben einen riesigen Zusammenhalt, das ist unsere Stärke", sagte Saponara, "doch erst jetzt beginnt der richtig gute Teil des Turniers." Und schon in drei Wochen kann er den richtig guten Teil seiner Vereinskarriere einläuten.

Riccardo Saponara im Steckbrief