So richtig schien Horst Hrubesch es noch immer nicht realisiert zu haben. Auch am Tag danach auf der Abschluss-Pressekonferenz des DFB wirkte der Trainer noch ein wenig geschockt ob der Dimension der Halbfinal-Niederlage gegen Portugal.
"Ich bin 64 Jahre alt, ich habe genug Klatschen gekriegt. Aber diese hier ist nachhaltig. Diese wirkt nach", so der Coach. Doch bei der Suche nach Erklärungen war auch er ein wenig ratlos. Es sei eindeutig ein Kopfproblem gewesen, doch woher dieses rührte, konnte er nicht darlegen.
"Es war für einige eine lange Saison. Aber an der körperlichen Verfassung kann es nicht gelegen haben. Wir haben es vom Kopf her nicht hinbekommen", konstatierte Hrubesch. "Eine genaue Erklärung für diesen Aussetzer habe ich jedoch nicht."
"Ich kann ihnen nichts vorwerfen"
Diese schien gestern noch Matthias Ginter zu haben. Der Abwehrspieler hatte mehrfach angedeutet, dass die Vorbereitung auf das Halbfinale nicht bei allen professionell genug war. Was genau er damit meinte, darüber ließ er die Medien im Ungewissen.
Hrubesch selbst erklärte, er sei "überrascht" gewesen über diese Worte. Er habe mit Ginter am selben Abend noch gesprochen. "Matze hat klipp und klar gesagt, dass diese Worte im Rahmen der Enttäuschung fielen."
Der 64-Jährige selbst vermochte auch am Tag danach keinerlei mangelnde Professionalität bei einzelnen Spielern auszumachen: "Ich kann ihnen nichts vorwerfen, in keinster Weise. Aber eins kann ich versprechen: Ich bin nicht blind. Wenn etwas gewesen wäre, hätte ich es als Erster gewusst. "
"Die Jungs sind nicht überheblich"
Die harsche Selbstkritik von Emre Can hingegen hieß der Trainer willkommen. "Selbsterkenntnis ist wichtig", so Hrubesch. "Ich finde es toll von Emre, dass er keine Ausreden sucht." Dass allgemeine Überheblichkeit ein Grund für den schwachen Auftritt sein könnte, wollte er nicht gelten lassen: "Vom Grundsatz her sind die Jungs nicht überheblich. Da ist kein einziger Spieler dabei, der glaubt, er sei der Größte. "
Auch bei Hrubesch selbst löste die Art der Niederlage einen Reflexionsprozess aus: "Ich habe mich 20, 30 Mal hinterfragt. Ich fange immer erst bei mir an." Dennoch sei er überzeugt, dass die gesamte Herangehensweise an das Turnier "der richtige Weg" gewesen sei.
Neben all der Enttäuschung über das krachende Ausscheiden im Halbfinale bleibt jedoch auch Zufriedenheit zurück: "Mein Gesamtfazit fällt positiv aus. Es macht einfach Spaß, mit diesen Jungs zu arbeiten."
Dennoch kokettiert der Trainer weiterhin mit einem Rücktritt nach Olympia 2016: "Es wäre vielleicht ganz gut, wenn dann ein junger Trainer käme. Einer, der um 20, 30 oder noch mehr Jahre näher dran ist. "