Vor 39.730 Zuschauer im Baseler St. Jakob-Park stellte Bundestrainer Joachim Löw, der während des Spiels wegen einer Sperre von Hans-Dieter Flick an der Seitenlinie vertreten wurde, auf ein 4-5-1-System um und fand somit den Schlüssel zum Erfolg.
Deutschland ging durch Tore von Bastian Schweinsteiger (22.) und Miroslav Klose (26.) in Führung, ehe Nuno Gomes (40.) noch vor der Pause auf 1:2 verkürzte.
Nach dem dritten Treffer durch Michael Ballack (62.) schien der Wille der Portugiesen gebrochen. Doch drei Minuten vor Schluss brachte Helder Postiga Portugal per Kopfball noch mal heran.
Deutschland überstand die Schlussphase jedoch ohne weiteren Gegentreffer und trifft nun am 25. Juni trifft im Halbfinale in Basel auf den Sieger der Partie Kroatien gegen die Türkei.
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Spiel: Löw nimmt drei Wechsel in der Startaufstellung vor: Für den verletzten Frings rückt Rolfes in die Mannschaft. Außerdem spielen Schweinsteiger und Hitzlsperger für Gomez und Fritz. Podolski ist rechtzeitig fit.
1.: Nicht nur personelle sondern auch taktische Umstellungen in der deutschen Mannschaft. Löw lässt ein 4-5-1 spielen, mit Ballack vor der Doppelsechs Rolfes / Hitzelsperger und Poldi und Schweini auf den Flügeln.
18.: Klasse Einzelaktion von Schweinsteiger auf dem rechten Flügel! Erster Eckball für Deutschland. Kurz gespielt, Hitzlsperger flankt, Ballack köpft. Über das Tor.
20.: Erste Großchance für Portugal! Bosingwa flankt von rechts in die Mitte. Moutinho steht ziemlich frei, kann sich aber nicht entscheiden, ob er mit dem Kopf oder dem Fuß an den Ball gehen soll. Heraus kommt nur ein Abpraller, der über das Gehäuse segelt.
22., 1:0, Schweinsteiger! TOR für Deutschland!!! Klasse Angriff über die linke Seite! Podolski spielt Doppelpass mit Ballack und ist auf links durch. Der Münchner flankt flach nach innen. Dort hat sich Schweinsteiger super gelöst und drückt die Kugel über die Linie.
26., 2:0, Klose! TOR für Deutschland!! Freistoß von halblinks durch Schweinsteiger. In der Mitte kommt Klose völlig frei zum Kopfball und nickt aus kurzer Distanz ein!
40., 2:1, Gomes! TOR für Portugal! Poldi schläft im Mittelfeld, Simao läuft sich in seinem Rücken frei und spielt klasse diagonal auf Ronaldo. Der startet den Turbo und steht allein vor Lehmann. Der deutsche Keeper pariert den Schuss, doch der Abpraller landet bei Gomes, der mit links abschließt. Auf der Linie kommt Metzelder zu spät.
57.: Fast der Ausgleich! Eckball von der rechten Seite, Deco verlängert, und in der Mitte ist Pepe aus kurzer Distanz zu überrascht. Sein Kopfball geht drüber.
62., 3:1, Ballack! TOR für Deutschland!!!! Wieder ist es ein Schweinsteiger-Freistoß von der linken Seite, der Ballack in der Mitte einsetzt. Ricardo kommt unmotiviert aus dem Kasten, und der deutsche Kapitän hat kein Problem, das Leder einzunicken.
79.: Ecke Schweinsteiger, Fußabwehr Ferreira. Der Abpraller landet bei Podolski, der mit links aus der Distanz abzieht. Der Schuss berührt den rechten Außenpfosten. Welch ein Hammer!
87.: 3:2, Helder Postiga! TOR für Portugal!!! Auf links schaffen es drei Deutsche nicht, Nani an der Flanke zu hindern. In der Mitte stiehlt sich Postiga von Mertesacker weg und köpft die Kugel vom Fünfmeterraum ins Tor.
So lief das Spiel: Löws personelle und taktische Umstellungen wirkten Wunder: Deutschland von Beginn an sehr präsent und aggressiv im Mittelfeld. Hitzlsperger, Rolfes und vor allem Schweinsteiger enorm selbstbewusst und zweikampfstark. Dadurch konnte Portugal sein gewohntes Kurzpassspiel kaum entfalten und war lange Zeit fast nur mit Bosingwa und Simao über rechts gefährlich. Nach der 2:0-Führung stand Deutschland tiefer und verlor etwas die Ordnung. Vor allem die Defensivschwächen von Podolski im linken Mittelfeld sorgten immer für brenzlige Situationen. Auf seiner Seite entstand auch der verdiente Anschlusstreffer der Portugiesen kurz vor der Pause.
Nach dem Seitenwechsel kam die Seleccao druckvoll aus der Kabine, und die DFB-Elf hatte einige gefährliche Szenen zu überstehen. Mit dem überraschenden 3:1 für Deutschland verlor Portugal aber den spielerischen Faden und agierte zunehmend ungeordnet bis chaotisch. Die Löw-Elf dagegen etwas zu unbedarft bei Kontern. Das wirklich große Zittern begann aber erst nach dem Anschlusstreffer durch Helder Postiga - und endete im deutschen Jubel!
Der Star des Spiels: Bastian Schweinsteiger. Ein Tor selbst erzielt und zwei Treffer vorbereitet. Dazu bärenstark gekämpft und sich immer wieder als Anspielstation gezeigt. Ganz nebenbei auch endlich die elend lange Malaise der deutschen Standardsituationen kuriert. Schweini ist der Mann des Abends! Nach seiner Vorgeschichte erst recht! Wie er den Druck und die teils harsche (und gerechtfertigte) Kritik verdaut hat, verdient größte Anerkennung.
Die Gurke des Spiels: Schweinis Antagonisten. Torhüter Ricardo war vor dem Spiel zu Schweinis ideellem Gegenspieler stilisiert und als Schwachstelle im portugiesischen Team erklärt worden. Tatsächlich traf der Deutsche zum vierten Mal im dritten Spiel gegen den 32-Jährigen - und tatsächlich leistete sich Ricardo auch einen groben Schnitzer vor dem 3:1. Schweinsteigers realer Gegenspieler hieß Paulo Ferreira und auch der wurde als Problemfall der Seleccao identifiziert. Auch das sollte sich bewahrheiten: Er sah gegen Schweini keine Schnitte und trug maßgeblich zum Ausscheiden Portugals bei.
Die Lehren des Spiels: Ein Hoch auf den Mut von Joachim Löw! In einem so wichtigen Spiel ein kaum erprobtes System zu riskieren, mit zwei Spielern in der Zentrale, die bisher gar nicht oder kaum gespielt hatten, verdient Respekt.
Gegen die Zaubertruppe der Portugiesen aber genau die richtige Entscheidung, die gefährlichen Außen durch den zusätzlichen Mann im Mittelfeld schneller und effektiver zu stellen.
Die deutsche Elf hat die lange Zeit vermisste Flexibilität zur rechten Zeit und auf den Punkt genau gezeigt und für ein Ausrufezeichen und eine Ansage an die Konkurrenz gesorgt: Deutschland ist wieder da!
Portugal hat in einem engen Spiel erneut nicht bewiesen, dass es ein echtes Spitzenteam ist. Vielleicht verlief die Gruppenphase zu glatt. Dass man auf eine simple Systemänderung des Gegners aber kaum eine Antwort fand, ist unerklärlich.