PRO: Neustart unter Flick nur mit neuen Köpfen
Von Martin Volkmar
Nach der EM-Pleite der deutschen Nationalmannschaft sind sich alle einig: Jogi Löw hätte schon vor drei Jahren nach der verpatzten WM 2018 gehen müssen.
Den Subtext dahinter, dass dann alles besser geworden wäre, muss man aber nicht teilen. Denn der Glaube, dass der Trainerwechsel zu Bayerns Erfolgscoach Hansi Flick alleine die DFB-Auswahl bis zur WM Ende 2022 in Katar wieder in die Weltspitze bringen wird, ist blauäugig.
Sicher liegt die Hauptverantwortung für die mutlosen Vorstellungen beim Turnier bei Löw, der für Einstellung und Aufstellung zuständig war. Aber auf dem Platz standen dennoch die Spieler, und die haben bei der Endrunde ebenfalls maßlos enttäuscht.
Im Aufgebot standen alleine acht Profis vom letztjährigen Champions-League-Sieger FC Bayern und drei vom aktuellen Titelträger FC Chelsea plus weiterer Akteure von internationalen Topklubs - doch keiner davon konnte überzeugen.
DFB-Team: Nur Bundestrainer auszuwechseln, ist zu wenig
Nur den Bundestrainer auszuwechseln und ansonsten alles gleich zu lassen, wäre daher ein fataler Fehler. Nach der Abwärtsspirale der vergangenen Jahre ist es Zeit für einen echten Neuanfang. Spieler mit großen Namen, die dann aber in den entscheidenden Spielen nicht ihr Leistung abrufen, dürfen nicht mehr gesetzt sein.
Nimmt man dafür die Auftritte bei der EM, könnte man aktuell auf einen Großteil des Kaders relativ problemlos verzichten: Von den Altstars wie Manuel Neuer, Toni Kroos und Thomas Müller über bislang meist nur im Verein überzeugende Akteure wie Antonio Rüdiger, Ilkay Gündogan, Leroy Sane oder Serge Gnabry.
Deshalb muss man sie keineswegs komplett aussortieren, wie es Löw fälschlicherweise mit Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng gemacht hat. Sondern allein die Leistung muss für eine Berufung ins Nationalteam zählen anstelle des (vermeintlich) großen Namens.
DFB-Team: Leistung statt Namen muss zählen
Löw ist unter anderem zum Verhängnis geworden, dass er die vergangenen Monate nie konsequent getestet hat. Deshalb mangelte es ihm bei der Endrunde taktisch und individuell an Alternativen. Dieses Versäumnis sollte Flick nicht wiederholen.
Jetzt ist die Zeit, frischen Gesichtern wie etwa den U-21-Europameistern oder Bundesliga-Leistungsträgern wie Maxi Arnold, Marvin Friedrich oder (wieder) Lars Stindl eine echte Chance zu geben.
Es spricht ja für sich, dass viele Nationen mit großen Namen wie Frankreich, die Niederlande oder Portugal bei der EM bereits ausgeschieden sind. Im Wettbewerb sind dagegen Teams, die aufs Kollektiv setzen wie Tschechien, Dänemark oder die Schweiz.
Daran muss sich Flick ein Beispiel nehmen und mehr Risiko wagen. Wobei: Weniger als unter Löw geht ja auch nicht mehr.