Jamal Musiala. Wembley. Da war doch was. Die deutsche Nachwuchshoffnung weiß, wie es ist, im Londoner Fußballpalast für Furore zu sorgen.
Vor dem Showdown war Joachim Löw noch zu Scherzen aufgelegt. "Das ist doch ganz klar", sagte der Bundestrainer im Zuge der Ankunft des DFB-Trosses in London am Montagabend mit einem schelmischen Grinsen, "wenn er reinkommt und nicht das entscheidende Tor macht, schicken wir ihn wieder zurück nach England."
Das Duell mit den Three Lions (18 Uhr im LIVETICKER) ist ein besonderes für Jamal Musiala, mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar das besonderste seiner noch jungen Karriere. Der gebürtige Stuttgarter wuchs in Fulda auf, zog aber als Siebenjähriger mit seiner Familie nach England, wo seine Mutter ein Stipendium in Southampton erhalten hatte.
Wenig später ging es nach London. Dort verbrachte Musiala weite Teile seiner fußballerischen Ausbildung beim FC Chelsea und der FA. Erst Ende Februar dieses Jahres, kurz vor seinem 18. Geburtstag, entschied sich der junge Offensivspieler für den DFB, obwohl er nur in der U16 kurzzeitig für die deutsche Nationalmmanschaft nominiert worden war.
Musiala-Wechsel zum DFB: Der Stachel bei der FA sitzt tief
Der Stachel bei der FA sitzt tief, sie hat im Vorfeld des Spiels sämtliche Interviewanfragen mit ehemaligen Jugendnationaltrainern von Musiala abgelehnt. Auch Gareth Southgate hinterließ nicht den allerglücklichsten Eindruck, als er im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag zu dem Thema Musiala konfrontiert wurde.
"Wir hätten Jamal wirklich gerne bei uns behalten", sagte der Verantwortliche der A-Nationalelf und berichtete von mehreren persönlichen Gesprächen mit dem Teenager vor dessen "schwieriger Entscheidung". Er könne sie jedoch auch nachvollziehen und freue sich über Musialas positive Entwicklung.
Eine Entwicklung, die Southgate schon seit dem 18. Juni 2013 intensiv verfolgt. Damals lernte er Musiala bei einem Finale eines Schulturniers der englischen Football League unter dem Namen "The npower Kids Cup" kennen - im Wembley-Stadion. Der junge Torjäger hatte damals mit seiner Grundschule Corpus Christi aufgetrumpft. Teil des Finaltags: eine Trainingseinheit unter der Regie von Southgate.
Musiala beeindruckte Southgate schon als Zehnjähriger
"Nach dem Training habe ich mit Gareth darüber gesprochen, wie das Team trainiert hat. Er war sehr beeindruckt von unserem Team, insbesondere von unserem Stürmer Jamal", erzählt Tony Mesourini, Musialas Sportlehrer und Trainer jener Schulmannschaft, im Gespräch mit SPOX und Goal.
Im Finale setzte sich die Mannschaft der Corpus Christi mit 2:0 gegen ein Schulteam aus Portsmouth durch. Musiala, damals zehn Jahre alt, erzielte eines der beiden Tore. "Jamal hat uns mit seinen vielen Toren maßgeblich zu diesem Triumph verholfen. Seine Stärke im Abschluss war schon damals sehr ausgeprägt", sagt Mesourini.
Auch in den darauffolgenden Jahren sollte Musiala einige Male in Wembley glänzen. Zudem erwies er sich immer wieder als Musterschüler, löcherte Mesourini bei einer Führung durch den englischen Fußballpalast mit Fragen.
"Jamal war unglaublich wissbegierig", berichtet Mesourini, "er wollte zum Beispiel von mir wissen, welche Fußballspieler in Wembley schon einen Hattrick erzielt haben. Vor dem Spiel hat er dann zu mir gesagt, dass auch er einen Hattrick erzielen wolle. Am Ende hat er sogar viermal getroffen."
gettyMusiala organisiert Tickets für Freunde - Vater im Stadion
Nicht die schlechtesten Voraussetzungen also, um heute nach Wembley zurückzukehren. In Musiala schlagen "zwei Herzen", wie er selbst zu sagen pflegt, seine Bindung zu England bezeichnet er als "sehr speziell". Sein Vater lebt noch immer in London und kommt aufgrund der schwierigen Corona-Lage auf der Insel als einziges Familienmitglied zum großen Achtelfinale.
Musiala mangelt es aber nicht an Unterstützung, er hat einige Karten für Freunde aus seiner Schulzeit in London organisiert - vielleicht ja, um ihnen ein weiteres Mal zu zeigen, dass selbst die Bühne Wembley für ihn nicht zu groß ist.