Ein minimaler Kontakt von Joakim Maehle im Sechzehner hatte Raheem Sterling zu Fall gebracht. Schiedsrichter Danny Makkelie (Niederlande) entschied auf Strafstoß . Dies hielt der VAR-Überprüfung zur Verwunderung vieler Anhänger und Fachleute stand.
Außerdem ein Gesprächsthema: Der zweite Ball, der in unmittelbarer Nähe des dänischen Strafraums lag, als Sterling dort zu Fall kam.
Im Gespräch mit SPOX und Goal ordnet der langjährige FIFA-Schiedsrichter Urs Meier die Geschehnisse von Wembley ein. Der 62 Jahre alte Schweizer, der bei Welt- und Europameisterschaften pfiff und 2002 das Champions-League-Finale leitete, führt aus, wie er die Situation bewertet und mit welchem Gefühl Makkelie nun wohl von der Endrunde abreist.
Urs Meier über ...
... die umstrittene Elfmeterszene mit Raheem Sterling und Joakim Maehle:
"Was soll man dazu sagen? Sterling hat den Kontakt gesucht, es war ganz klar zu wenig für einen Elfmeter. Umso überraschter war ich, als Danny Makkelie auf den Punkt gezeigt hat. In diesem Moment dachte ich, es hätte vielleicht einen Kontakt gegeben, den ich in der realen Geschwindigkeit übersehen habe. Die Zeitlupen haben dann aber meinen Ersteindruck bestätigt: Da war nichts, wofür es einen Elfmeter hätte geben dürfen. Wahrscheinlich hat der Schiedsrichter den einen Schritt des dänischen Verteidigers als Beinstellen interpretiert. Dennoch hätte ich erwartet, dass der VAR die Entscheidung korrigiert. Für mich ist es absolut unverständlich, dass er den Schiedsrichter nicht wenigstens vor den Bildschirm geschickt hat, um sich die Szene noch einmal anzusehen."
... die Kommunikation zwischen VAR und Danny Makkelie, wie er sie sich gewünscht hätte:
"Der VAR hätte den Schiedsrichter fragen müssen, was er wahrgenommen hat. Wenn Makkelie dann erklärt, es habe ein Beinstellen von Maehle gegeben, wäre das der Moment gewesen, in dem der VAR sagt, dass das - wenn überhaupt - nur minimal der Fall war. Und dann wäre es logisch gewesen, dass Makkelie es sich nochmal anschaut. Ich schätze, im Nachhinein hätte er gerne noch einen Blick darauf geworfen."
... den zweiten Ball, der zum Zeitpunkt der Elfmeterszene in Nähe des Strafraums auf dem Spielfeld lag:
"Makkelie hätte sich das Leben viel einfacher machen können, wenn er da abgepfiffen hätte. Niemand hätte das groß kritisiert. Ich persönlich hätte das aber auch nicht gemacht. Denn ich persönlich finde nicht, dass man das Spiel ständig wegen eines zweiten Balls unterbrechen muss - solange er nicht stört. Meiner Meinung nach hat dieser nicht gestört, alle Spieler waren nur auf den 'richtigen' Ball konzentriert."
... Manuel Gräfes Mutmaßung, der Pfiff sei "vielleicht auch ein bisschen beeinflusst gewesen" durch eine strittige, ungeahndete Strafraumszene mit Harry Kane in der regulären Spielzeit:
"Makkelie hat bis jetzt bei all seinen EM-Einsätzen eine klare Linie vorgegeben. Auf diesem Niveau ist das kein Thema mehr. Von einer Konzessionsentscheidung zu sprechen, ist falsch, das stelle ich total in Abrede. Er hat genügend Erfahrung und große Spiele geleitet. Er trifft schnelle, klare Entscheidungen in der Regel. Beim Spiel Italien gegen die Türkei wurden drei Handelfmeter gefordert und er hat nichtmal gezuckt."
... Makkelies Gefühlswelt:
"Es war sein viertes Spiel bei der Europameisterschaft. Viermal hat er hervorragend gepfiffen und alle reduzieren seine Leistungen nur auf diese eine Szene. Das ist wie bei einem Torhüter, der 1000 Minuten kein Gegentor kassiert und dann einen haltbaren Ball passieren lässt. Korrekt ist das nicht, aber so ist es nun mal heutzutage. Makkelie kann stolz nach Hause fahren, aber diese eine Szene wird ihn wurmen und sie wird ihn auch verfolgen. Aber da muss er durch."