Elfmeter-Killer Gianluigi Donnarumma brach in Freudentränen aus, als er in der italienischen Jubeltraube verschwand. Die Gefühle übermannten Italiens EM-Helden, der Sekunden zuvor Bukayo Sakas entscheidenden Strafstoß katzenhaft pariert hatte.
Mit gerade einmal 22 Jahren krönte sich das Torwart-Juwel im Final-Drama gegen England (3:2 i.E.) nicht nur zum Europameister, Donnarumma trat auch endgültig das Erbe seines legendären Namensvetters Gianluigi Buffon an.
"Es ist eine unglaubliche Sache, wir sind eine fantastische Mannschaft und verdienen es alle", sagte ein aufgelöster Donnarumma nach seiner Heldentat. Er sei stolz, "allen Italienern ein Lächeln geschenkt zu haben und gemeinsam mit unseren außergewöhnlichen Fans so viele magische Nächte erlebt zu haben", schrieb er später bei Instagram.
Mit zwei gehaltenen Elfmetern avancierte er nicht zum ersten Mal zum Matchwinner, bereits im Halbfinale gegen Spanien hatte er das Elfmeterschießen mit seinen Reflexen entschieden. Folglich wählte ihn die Europäische Fußball-Union (UEFA) als ersten Keeper der EM-Historie gar zum besten Spieler des Turniers, was Donnarumma etwas ungläubig zur Kenntnis nahm, als es im Stadion verkündet wurde.
Donnarumma knackt Uralt-Rekord von Zoff
Vertretbar ist die Entscheidung, schließlich knackte er während der EM wie nebenbei einen Uralt-Rekord von Italiens Ikone Dino Zoff und schaffte 1169 Minuten ohne Länderspiel-Gegentor. Von Leonardo Bonucci (34) und Giorgio Chiellini (36), den betagten Abwehrchefs, erhielt Donnarumma nach dem Finale das ultimative Lob.
"Ich kann mich glücklich schätzen, denn ich habe mit Gianluigi Buffon gespielt. Jetzt spiele ich mit Gigi Donnarumma - das ist dasselbe", sagte Bonucci bei ITV.
Chiellini scherzte bei Sky Italia: "Was kann ich über ihn sagen? Von Gigi zu Gigio ist es nur ein Buchstabe Unterschied. Vielleicht nennen wir in 20 Jahren alle Torhüter 'Gigi', damit wir noch einen finden können."
Donnarumma "muss noch viel Erfahrung sammeln"
Donnarummas Aufstieg im Tor der Azzurri begann so richtig, nachdem der ewige Buffon 2018 seine internationale Karriere beendet und Italien die WM in Russland verpasst hatte. Seit er im zarten Alter von 14 Jahren seinen ersten Profivertrag beim AC Mailand unterschrieben und zwei Jahre später in der Serie A debütiert hatte, galt der 1,96 m lange Hüne als heißestes Versprechen zwischen italienischen Pfosten.
Zoff sieht in ihm den "idealen Nachfolger von Buffon". Doch "Dino Nazionale" schränkte im SID-Gespräch ein: "Er muss noch viel Erfahrung sammeln, er hat noch einen langen Weg vor sich." Auch im abgelaufenen Turnier leistete sich Donnarumma die ein oder andere Unsicherheit im Stellungsspiel, die nun durch die gehaltenen Elfmeter kaum noch interessieren.
Seine Paraden im Finale dürften auch Donnarummas Image in der Heimat etwas aufpolieren, das zuletzt gelitten hatte. Es ist seit geraumer Zeit ein offenes Geheimnis, dass er von Mailand zu Paris St. Germain wechseln will, wo er einen mit rund zwölf Millionen Euro jährlich dotierten Fünfjahresvertrag erhalten soll. Donnarummas Kontrakt in Italien war ausgelaufen, die Unterschrift bei PSG soll bald folgen. Viele Tifosi nehmen ihm dies krumm.
Schon vor einigen Jahren war er von den Fans in "Dollarumma" umgetauft und bei der U21-EM mit Geldscheinen beworfen worden, weil er ein Vertragsangebot Milans ausgeschlagen hatte. Zoff meinte gelassen, Donnarumma wolle "wahrscheinlich eine internationale Erfahrung machen". Ihm das zu verzeihen, wird den Milan-Anhängern schwerfallen. Für eine magische EM-Nacht dürften sie es aber gerne verdrängt haben.