Toni Kroos macht den Weg für Dani Olmo endgültig frei, Didier Deschamps ist schuld an Frankreichs schwacher Offensive: Drei Dinge, die bei Spanien gegen Frankreich auffielen

Von Tim Ursinus
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Beim Einzug ins Finale der EM war deutlich, dass der spanische Sieg gegen Deutschland teuer erkauft war. Gleichzeitig machte Toni Kroos den Weg für den erneut überragenden Dani Olmo endgültig freig und Didier Deschamps trägt große Schuld daran, dass die Offensive Frankreichs so enttäuschte. Drei Dinge, die beim ersten Halbfinale auffielen.

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Der Sieg gegen Deutschland war immerhin teuer für Spanien

Die kleinen Freuden im Leben: Deutschland ist bekanntlich äußerst bitter aus der Heim-EM im Viertelfinale ausgeschieden. Gegner Spanien wurde aber entscheidend geschwächt - und damit ist nicht das Turnier-Aus von Pedri nach dem Foulspiel von Toni Kroos gemeint.

Trainer Luis de la Fuente sah sich nämlich gezwungen, seine halbe Defensive umzubauen. Besonders schmerzhaft war das Fehlen Dani Carvajals, der auch ohne seine Ampelkarte wegen einer Gelbsperre nicht hätte mitwirken dürfen.

Ihn vertrat der 38-jährige Jesús Navas, der es mit niemand Geringerem als Kylian Mbappé zu tun bekam. Nach einer ersten Klärungstat gegen den Neuzugang von Real Madrid dauerte es nicht lange, bis er erstmals den Kürzeren zog.

Bei Mbappés Vorlage für Randal Kolo Muanis Treffer - wohlgemerkt das erste französische Tor bei dieser EM aus dem Spiel heraus - leistete Navas überhaupt keine Gegenwehr. In der Mitte stimmte zudem die Abstimmung zwischen dem Ersatz für den ebenfalls gesperrten Robin Le Normand (Nacho) und Aymeric Laporte nicht.

Noch drastischer war aber die Erkenntnis, die Frankreich aus dieser Szene zog. Folglich verlagerte sich beinahe das komplette Angriffsspiel in der Phase nach dem Tor auf die linke Offensivseite. Navas, obendrein wegen seiner Geschwindigkeits-Defizite früh verwarnt, hatte alle Hände voll zu tun. Sein Glück war es, dass die Vorderleute zauberten - und Spanien wieder weitestgehend die Kontrolle übernahm.

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Glück im Unglück: Toni Kroos macht den Weg für Dani Olmo frei

Makaber ausgedrückt, hat Deutschland die Spanier bei Pedri aber auch zu ihrem (noch größeren) Glück gezwungen. Der Mittelfeldspieler des FC Barcelona hatte freilich bei weitem kein schlechtes Turnier gespielt, doch seine Verletzung machte den Weg für Dani Olmo endgültig frei.

Der Leipziger hatte schon beim Sieg über Albanien, als ein Großteil seiner Teamkollegen geschont wurde, den einzigen Treffer des Tages erzielt und eine Vorlage gegen Georgien gegeben. Deutschland schoss er derweil in Rückstand und bereitete das so wichtige 2:1 der Furia Roja kurz vor dem Elfmeterschießen vor.

Gegen Frankreich stand Olmo dann erstmals in einem entscheidenden Spiel von Beginn an auf dem Platz - und erzielte zum bereits dritten Mal das Tor zur Führung. Als Offensivpart des spanischen Dreier-Mittelfelds sorgte er ohnehin für die gefährlichsten Momente.

Dahinter machten Rodri und Fabián Ruiz wie schon im gesamten Turnierverlauf einen überragenden Job - und ließen Frankreichs Zentrale im Vergleich völlig alt aussehen. Sowohl N'Golo Kanté, Adrien Rabiot - beide wurden nach rund einer Stunde ausgewechselt - als auch Aurélien Tchouaméni präsentieren sich vergleichsweise eine Klasse schlechter. Vor allem, wenn Lamine Yamal, Nico Williams und eben Olmo das Tempo anzogen.

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Didier Deschamps trägt an Frankreichs schwacher Offensive die Schuld

Obwohl es endlich mit dem ersten Tor aus dem Spiel klappte, muss sich Frankreichs Trainer Didier Deschamps den Vorwurf gefallen lassen, dass er seine Startelf bei der EM einfach nicht gefunden hat. Er nahm zu viele Veränderungen vorgenommen, ganz besonders in der Abteilung Attacke.

Kurios: In keinem der sechs EM-Spiele bot Deschamps dieselbe Offensive auf. Sinnbildlich dafür steht Antoine Griezmann, der gegen Spanien gar nicht erst in die erste Elf schaffte.

In der Gruppenphase war er meist noch im Zentrum zu finden, im Achtelfinale (Belgien) kam er über den rechten Flügel und gegen Portugal wurde gar das komplette System auf ein Vierer-Mittelfeld mit dem Routinier auf der Zehn umgebaut. Eine klare Grundordnung gab es also nicht, einzig der glücklose Kapitän Kylian Mbappé war eine Konstante.

Dementsprechend ist es auch keine Überraschung, dass die sonst so gefürchtete Durchschlagskraft des französischen Angriffsspiels in diesem Turnier weitestgehend auf der Strecke blieb. Zwar war eine klare Steigerung gegen Spanien zu erkennen, für ein Halbfinale einer Europameisterschaft war aber auch das viel zu wenig. Zumal es nach Auftritten zuvor auch keine Kunst war, sich zu steigern.

Spanien vs. Frankreich: Die Daten zum Spiel

Spanien vs. Frankreich - 2:1

Tore

0:1 Kolo Muani (9.), 1:1 Yamal (21.), 2:1 Olmo (25.)

Aufstellung Spanien

Unai Simon - Jesus Navas (57. Vivian), Nacho, Laporte, Cucurella - Rodri, Fabian, Dani Olmo (77. Merino) - Lamine Yamal (90.+4 Torres), Morata (77. Oyarzabal), N. Williams (90.+4 Zubimendi)

Aufstellung Frankreich

Maignan - Koundé, Upamecano, Saliba, Theo - Tchouameni, Kanté (63. Griezmann), Rabiot (63. Camavinga), Dembélé (79. Giroud) - Kolo Muani (63. Barcola), Mbappé

Gelbe Karten

Navas (14.), Lamine Yamal (90.+1.) / Tchouameni (61.), Camavinga (89.)